Rote Lilien
Baseballkappe ab und wedelte damit vor ihrem Gesicht hin und her, um ihr Abkühlung zu verschaffen. »Und da deine Gesichtsfarbe inzwischen wieder mehrere Schattierungen heller als feuerwehrautorot ist, würde ich sagen, dass es bei dir sein nusste.« Es war schwer, mit ihm zu streiten, wenn es sich so gut anfühlte, ausgestreckt auf dem Gras zu liegen. Und es war so süß, wie er ihr mit seiner verschwitzten alten Baseballkappe Luft zufächerte. Die Sonne stand hinter ihm, doch sie wurde durch die dicht belaubten ßste der hohen Bäume gefiltert und warf ein gesprenkeltes Licht auf ihn, das ihn romantisch und verdammt gut aussehen ließ. Sein dunkles Haar, das sich an den Enden vor Hitze und Feuchtigkeit ein wenig ringelte. Und seine schmalen schokoladenbraunen Augen, die so ... verführerisch waren. Seine Wangenknochen, die vollen, sinnlich geformten Lippen ... Sie könnte stundenlang hier liegen und ihn ansehen, dachte sie. Die Idee war so lächerlich, dass sie zu grinsen begann. »Dieses Mal kommst du noch ungeschoren davon. Mir ist so viel im Kopf herumgegangen, und körperliche Arbeit hilft mir immer, damit fertig zu werden.«
»Da kenn ich was Besseres.« Er beugte sich zu ihr hinunter, legte dann aber fragend den Kopf auf die Seite, als sie die Hand hob.
»Wir arbeiten gerade.«
»Ich dachte, wir würden eine Pause machen.«
»Arbeitsumfeld.« So anstrengend die Arbeit auch gewesen war, sie hatte ihren Zweck erfüllt. Hayley hatte eine Entscheidung getroffen. Es ging nicht darum, was sie wollte, sondern darum, was richtig war. »Außerdem ist mir klar geworden, dass es keine gute Idee ist.«
»Was ist keine gute Idee?«
»Das mit dir und mir.« Sie setzte sich auf, schüttelte ihr Haar aus dem Gesicht und achtete darauf, ihn anzulächeln, Sie würde in ein tiefes Loch fallen, wenn ihre Freundschaft zerbrach. »Ich mag dich, Harper. Du bedeutest mir - und Lily - sehr viel, und ich will, dass wir gute Freunde bleiben. Wenn wir miteinander ins Bett gehen würden, wäre das für eine Weile sicher sehr schön, aber irgendwann würde es peinlich werden.«
»Das muss nicht so sein.«
»Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch.« Sie strich ihm kurz mit der Hand übers Knie. »Mir war gestern eben nach küssen. Es hat mir gefallen. Es war nett.«
»Nett?« Da sie wusste, dass der Ausdruck auf seinem Gesicht - oder besser die Ausdruckslosigkeit - bedeutete, dass er verärgert war, seine Wut aber unterdrückte, wurde ihr Lächeln noch etwas breiter. »Einen gut aussehenden Mann zu küssen ist immer nett. Aber ich muss auch an später denken, und für mich ist es das Beste, wenn alles so bleibt, wie es ist.«
»Es ist aber nicht mehr so, wie es einmal war. Dafür hast du selbst gesorgt.«
»Harper, eine Knutscherei zwischen Freunden ist doch keine große Sache.« Sie tätschelte seine Hand und wollte aufstehen, doch er packte sie am Handgelenk. »Es war mehr als das.« Ihr war klar, dass er allmählich in Wut geriet. Sie hatte zwar nur selten gesehen, wie er die Beherrschung verlor, doch jedes Mal waren die Fetzen geflogen. Es war besser, wenn er wütend wurde, dachte sie schnell. Es war besser für ihn, wenn er eine Weile wütend oder empört oder sogar verletzt war. »Harper, ich weiß, dass du es vermutlich nicht gewohnt bist, einen Korb zu bekommen, aber ich werde nicht hier rumsitzen und mit dir darüber streiten, ob ich mit dir ins Bett springe oder nicht.«
»Es geht um mehr als das.«
Mehr.
Das Wort brachte ihr Herz zum Stolpern.
»Nein. Und ich will auch nicht, dass es irgendwann mal um mehr geht.«
»Was soll das? Ist das eine Art Spiel von dir? Schließlich hast du ja angefangen, mit mir zu flirten. Und jetzt willst du mir weismachen, dass es ganz nett war, du aber kein Interesse mehr hast?«
»Das ist die Zusammenfassung. Ich muss wieder zur Arbeit.« Seine Stimme klang gefährlich ruhig. »Ich weiß, was du gespürt hast, als ich dich in meinen Armen hatte.«
»Mein Gott, Harper, natürlich habe ich etwas gespürt. Ich hatte seit Monaten keinen Sex mehr.«
Seine Finger an ihrem Handgelenk verstärkten ihren Druck, doch dann ließ er sie los. »Dann hast du also nur jemanden gesucht, der es dir besorgt?« Dieses Mal reagierte nicht ihr Herz, sondern ihr Magen, der sich schmerzhaft zusammenzog. »Ich habe ganz spontan etwas getan, von dem mir später klar geworden ist, dass ich es nicht hätte tun sollen. Wenn du geschmacklos werden willst - bitte.« Das Bild vor ihren Augen
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