Rote Sonne über Darkover - 5
kauen, und kam plötzlich zu dem Schluß, er werde sich erst dann mit Hilary und Gregori befassen, wenn er etwas geschlafen hatte. »Leonie hat uns von dem morgigen Kreis beurlaubt. Sie möchte, daß wir statt dessen eine bestimmte Forschungsarbeit tun. Willst du mich bitte Mitte des Nachmittags wecken, wenn ich bis dahin noch nicht auf bin?«
»Sicher, Damon.« Hilary nickte schläfrig. »Bis dann.«
Damon schleppte sich ins Bett, ließ sich hineinfallen und hatte prompt einen Alptraum.
Er war ein kleiner Junge, trug eine grobe hausgewebte Jacke und saß auf einem Bett in einer Art Schlafsaal. Rings um ihn waren Jungen, einige jünger als er, andere, denen allmählich Haar im Gesicht wuchs, ein Jahr oder so älter. Drei der größten standen vor ihm.
»Du hältst dich für so klug, Bastard - nun, das bist du nicht, du bist gar nichts! Der Sohn einer Frau, die so dumm ist, daß sie nicht einmal weiß, wer ihr Kind gezeugt hat …«
»Wenn sie ausgesehen hat wie er, war sie zu häßlich, als daß irgendwer, der mit ihr geschlafen hat, ihr seinen Namen genannt hätte! Seht euch das Haar an - er sieht aus, wie aus Zandrus zehnter Hölle hervorgekrochen!«
»Oder vielleicht unter einem Stein hervor«, kicherte der dritte.
Damon saß da und verhielt sich still. Ein Teil von ihm wußte, wenn er sie ignorierte, würden sie es nach einer Weile satt bekommen und ihn in Frieden lassen. Aber plötzlich maß ihn der größte Junge mit anderen Blicken. Das Spiel änderte die Regeln.
»Natürlich, wenn er ein Mädchen wäre, könnte er ganz passabel sein, auf eine zarte Weise.«
Seine Anhänger verstanden ihn offenbar nicht, aber sie versuchten, ihn zu unterstützen. »Ich weiß nicht«, meinte der eine von ihnen, »er sieht einem Eiszapfen ähnlicher als sonst etwas.«
»Eiszapfen können schmelzen«, gab der erste Junge zurück,
»wenn sie heiß genug werden.« Er streckte die Hand nach Damon aus.
Damon spürte, daß etwas durch seinen Körper strömte, etwas wie Energie. Er war sich nicht sicher, was das war. Laran war es eigentlich nicht, und es war nicht die Schwellenkrankheit, obwohl es diesem Gefühl ähnelte. Sein Körper stellte sich auf die Füße, und er hörte seine Stimme sagen: »Wenn du Hitze willst …«
Die Jacke des ihm gegenüberstehenden Jungen ging in Flammen auf. Damon war sich eines starken Gefühls der Befriedigung bewußt. Es war richtig, daß der Schlägertyp schreiend im Saal herumlief, während die Flammen sein Fleisch versengten. Das hatte er doch gewollt, oder nicht? Er war heiß gewesen und hatte nach einem antwortenden Feuer im Damon gesucht, oder nicht?
Die anderen Jungen schrien auch, und der Novizenmeister stürzte herein und rollte den Jungen in eine Decke, um die Flammen zu ersticken. Als sie ausgingen, wich die Kraft, die Damon aufrechtgehalten hatte, von ihm, und er setzte sich abrupt auf sein Bett nieder.
Der Prior kam, alarmiert von all dem Lärm. Ein Dutzend Jungen beeilte sich, ihm zu berichten, alles sei »Gregoris Schuld. Bevin hat nur mit ihm geredet, ehrlich, und er hat ihn in Brand gesteckt, er ist ein Teufel …«
Der Prior schüttelte sie wortlos ab und schritt zu dem Bett hinüber, wo Damon immer noch saß, völlig verwirrt. Dann war er Gregori?
Der Prior faßte ihn bei der Schulter, und seine knochigen Hände verursachten Schmerz auf unverheilten Blutergüssen, die Damon bisher nicht bemerkt hatte. Immer noch schweigend, wenn auch sein Gesicht seinen Abscheu deutlich verkündete, zerrte der Prior Damon/Gregori ans Eingangstor des Klosters und stieß ihn hinaus.
»Geh zu deinem Vater in der Hölle, Junge. Es steht fest, daß du nicht unter jene gehörst, die dem heiligen Lastenträger folgen.« Er schlug das Tor zu.
Damon raffte sich auf und stolperte die Straße hinunter, die von der Spätnachmittagssonne gewärmt wurde. Wenigstens, dachte er, brauche ich mir keine Sorgen um die Richtung zu machen. Von Nevarsin führen alle Wege nach Süden.
Und eine andere Stimme in seinem Inneren sagte: Ich will nicht in die Hölle gehen, ich gehe nach Arilinn. Also schlug Damon - oder Gregori - die Richtung nach Arilinn ein.
Er ging, setzte einen Fuß vor den anderen. Bald hatte er Nevarsin hinter sich gelassen und wanderte allein die Straße entlang. Es wurde Abend. Da hörte er einen Trupp Reiter hinter sich. Er versteckte sich hinter einem Baum, damit sie ihn nicht sehen konnten. Niemand sollte ihn sehen, sie würden nur böse zu ihm sein, jeder war böse zu ihm
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