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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Ladefläche des Lkws, die mit einem schmutzigbraunen Segeltuch zugedeckt war. Sie fing an, die Seile loszuknüpfen.
    »Jesses!«, sagte Wickus, aber gedämpft. Denn sie war auf den ersten Blick faszinierend. Muskulöse Schultern, Arme und Beine wie bei einer Athletin. Pechschwarze Haare, zu einem nachlässigen Pferdeschwanz zusammengebunden, der Hals lang und elegant, der Schimmer einer dünnen Schweißschicht auf der honigfarbenen Haut, das Gesicht dominiert von ausgeprägten, hohen Wangenknochen. Lara Croft vom Limpopo in ihren Stiefeln, der engen Shorts und dem ärmellosen weißen T-Shirt, das die gut entwickelten Brüste betonte.
    »Cornél?«, fragte Swannie, sichtlich erfreut, die Telefonstimme mit dieser Gestalt zu verknüpfen.
    Sie sah ihn an. »Hilf mir!«, befahl sie.
    Swannie gehorchte nicht sofort. »Floh?«, fragte er erstaunt. »Floh van Jaarsveld?«
    Sie hob ruckartig den Kopf. »Ich kenne dich nicht.«
    »Wir sind zusammen in die Grundschule gegangen«, entgegnete Swannie, zutiefst dankbar, dass er eine Verbindung mit ihr hatte. »Mein Gott, Floh, hast du dich aber verändert.«
    »Ich heiße Cornél. Helft ihr mir jetzt, oder was?«, fragte sie und wandte sich wieder der Abdeckung zu.
    »Wirklich toll, dich wiederzusehen.« Eifrig näherte sich Swannie, um ihr zur Hand zu gehen.

|145| 26
    Um Spuren zu studieren, muss man sich unweigerlich an Orte begeben, an denen man mit hoher Wahrscheinlichkeit wilden und oft gefährlichen Tieren begegnet.
    Grundzüge des Spurenlesens: Gefährliche Tiere
     
    Floh van Jaarsveld, Nashornzähmerin.
    Sie befehligte das Herunternehmen des Segeltuchs mit gereizter Stimme und autoritärem Gehabe, als trage sie eine Verantwortung auf ihren Schultern, die unsereins erdrücken würde. Einmal warf sie mir, der mit verschränkten Armen als Zuschauer danebenstand, einen missbilligenden Blick zu, der besagte, ich solle gefälligst auch mit anpacken. In dem Moment erkannte ich, dass ihre Schönheit relativ war. Das Gesamtbild war beeindruckender als die Einzelteile. Ihr Mund war ein wenig verkniffen, der Unterkiefer etwas zu schwach. Ihr Gesichtsausdruck wirkte nur deshalb nicht kalt, weil ihr linkes Auge leicht missgestaltet war. Eine Kerbe klaffte im Unterlid, wie eine Träne, die dem Gesamteindruck mit einem Schimmer der Melancholie die Schroffheit nahm.
    Sie rollten die große Plane vom Aufbau des Bedfords herunter und enthüllten zwei massive Stahlkäfige, die eng hintereinander auf die Ladefläche geschoben worden waren. Zwischen der Ladeklappe des Bedfords und dem hinteren Käfig fehlten nur Millimeter. Die Nashörner waren in Schatten gehüllt, zwei wuchtige unruhige Gestalten hinter Eisenstäben.
    »Ich brauche Licht!«, kommandierte Floh und zeigte auf die Tiere. Swannie sprang sofort auf, ganz der energische Jungbauer, und blaffte Befehle in Richtung der Arbeiter.
    Floh kletterte zurück in die Kabine des Bedford. Ihre Wadenmuskeln wölbten sich eindrucksvoll und ihre Bewegungen waren geschickt, voller Selbstvertrauen und Zielstrebigkeit. Als sie herunterkam, hielt sie eine schwarze Ledertasche in der Hand, von der unpraktischen Sorte, wie Mediziner sie wie ein Statussymbol |146| tragen. Diese hatte schon viel erlebt. Floh schwang sie auf die Ladefläche des Bedfords, trat auf das Hinterrad und folgte der Tasche.
    »Wo bleibt das Licht?«
    »Kommt sofort!«, rief Swannie.
    Sie sah auf die klobige Uhr an ihrem schlanken Handgelenk und drückte auf ein paar der Knöpfe. Swannie kam mit einer Arbeitsleuchte angerannt, deren Strahl wie ein Suchscheinwerfer in den Nachhimmel schien. Er hielt sie ihr hin.
    »Komm rauf«, sagte sie, ganz auf die geöffnete Tasche konzentriert.
    Swannie strahlte vor Glück, weil er auserwählt wurde, nickte eifrig und stieg auf den Lkw.
    In diesem Augenblick sah ich Lourens le Riche. Er stand neben dem Bedford und konnte die Augen nicht von ihr abwenden. Er war wie gebannt.
    »Leuchte hierhin«, sagte sie zu Swannie und zeigte auf den vorderen Käfig. Dann holte sie eine Nadel und ein Fläschchen mit einer Flüssigkeit aus der Tasche. Die Spritzennadel war kurz und dick.
    Ich trat näher heran, um besser sehen zu können. Der Scheinwerfer beleuchtete das vordere Nashorn. Eine Binde schützte die Augen des Tieres. Aus einem Ohr hing ein Stück zusammengeknüllter Stoff bis über die Augenbinde. Das Nashorn bewegte sich unruhig, stampfte mit einem Fuß auf den Stahlboden, stieß den Kopf gegen das Gitter. Die Haut war heller, als ich sie mir

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