Roter Drache
fliege.«
»Gut.«
»Ganz schön, auf dieser Erde etwas auf Dauer zu besitzen, findest du nicht auch? Erst ist es schwer zu bekommen, und dann ist es genausoschwer zu behalten. Ein verdammt schlüpfriger Planet.«
»Verteufelt glitschig.«
»Aber wir werden doch wieder nach Sugarloaf zurückkehren?«
»Sicher werden wir das.«
»Überstürze bitte nichts und laß dich zu nichts Unüberlegtem hinreißen. Versprichst du mir das?«
»Ja.«
»Mußt du schon früh zurück?«
Er hatte kurz zuvor eine halbe Stunde mit Crawford telefoniert.
»Kurz vor dem Mittagessen. Falls du wirklich nach Marathon zurückwillst, müssen wir morgen früh erst noch verschiedene Dinge regeln. Willy kann ja währenddessen angeln gehen.«
»Er mußte dich wohl wegen dieser Geschichte fragen.«
»Das kann ich ihm keineswegs verdenken.«
»Dieser verfluchte Reporter - wie heißt er doch gleich wieder?«
»Lounds. Freddy Lounds.«
»Ich kann mir gut vorstellen, wie du diesen Kerl hassen mußt. Es tut mir leid, daß ich dich auch noch damit belasten mußte. Gehen wir jetzt lieber mal schlafen; ich werde dir den Rücken noch ein bißchen massieren.«
In Graham stieg kurzer Ärger auf. Er hatte sich vor einem Elfjährigen rechtfertigen müssen. Doch der Junge hatte es in Ordnung gefunden, daß er bereits die Vorhölle einer Gummizelle durchwandert hatte. Doch jetzt würde sie ihm den Rücken massieren. Gehen wir zu Bett - mit Willy ist alles in Ordnung. Wenn du dich starkem Streß ausgesetzt fühlst, versuche, wenn möglich, den Mund zu halten.
»Falls du ein Weilchen ungestört nachdenken möchtest, lasse ich dich jetzt alleine«, schlug Molly vor. Doch er wollte jetzt nicht nachdenken. Alles, nur das nicht. »Du reibst mir den Rükken, und ich reib’ dir die Vorderseite«, erwiderte er darauf.
»Dann mach schon mal.«
Der Wind trieb den Nieselregen auf die Bucht hinaus, und noch um neun Uhr morgens stieg dichter Dunst vom Boden auf. Die Zielscheiben auf dem Polizeischießstand schienen sich in der dampfenden Luft zu bewegen.
Durch sein Fernglas vergewisserte sich der Schießstandwart, daß der Mann und die Frau im hinteren Ende des Schießstands die Sicherheitsvorschriften beachteten.
In den Papieren des Justizministeriums, die ihm der Mann vorgelegt hatte, als er um eine Benutzungsgenehmigung für den Schießstand bat, war er als ›Ermittler‹ ausgewiesen gewesen. Das konnte alles und nichts bedeuten. Der Schießstandwart sah es nicht gern, wenn jemand anderer als ein staatlich geprüfter Lehrer einen Anfänger im Umgang mit einer Faustfeuerwaffe unterwies.
Dennoch mußte er zugeben, daß der FBI-Mann sein Handwerk verstand.
Sie benutzten zwar nur einen 22er Revolver, aber er brachte der Frau das Feuern aus der Weaver-Position bei, bei der man den linken Fuß leicht vorsetzte und die Waffe unter isometrischer Spannung in beiden Armen mit beiden Händen umfaßte. Sie feuerte auf die Silhouettenschießscheiben, die sieben Meter von ihr entfernt waren. Immer wieder brachte sie die Waffe aus dem äußeren Fach ihrer Umhängetasche in Anschlag. Sie übten so lange, bis der Schießstandwart des Zusehens müde wurde.
Eine plötzliche Veränderung des Krachens der Schüsse ließ den Mann wieder zu seinem Fernglas greifen. Sie hatten inzwischen Ohrenschützer aufgesetzt, und die Frau übte nun an einem kurzen, gedrungenen Revolver. Der Schießstandwart erkannte das leichte Floppen der Schießstandmunition.
Er konnte die Waffe in ihren ausgestreckten Händen deutlich sehen; sie weckte sein Interesse. Er schlenderte auf die beiden zu und blieb ein paar Meter hinter ihnen stehen.
Er hätte den Revolver gern näher in Augenschein genommen, aber das war nicht der richtige Zeitpunkt, die beiden zu unterbrechen. Er sah ihn sich genau an, als sie die leeren Patronenhülsen entfernte und die Waffe mit einem Schnellader nachlud.
Eigenartiges Ding für einen FBI-Mann. Es war eine Bulldog .44 Special, kurz und häßlich mit ihrem extrem großen Kaliber. Die Waffe war von Mag Na Port erheblich modifiziert worden. Der Lauf war in der Nähe der Mündung mit Schlitzen versehen, um den Rückstoß zu verringern; der Hahn war gestutzt und der Griff verändert worden. Er nahm auch an, daß die Waffe für die Verwendung eines Schnelladers geschröpft war. Mit diesem Ding war jedenfalls nicht zu spaßen, wenn es mit der Munition geladen war, die der FBI-Mann in petto hatte. Er hätte gern gewußt, wie die Frau damit zurechtkommen würde. Die neben ihnen aufgereihte
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