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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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schneller, als die meisten Leute denken«, erklärte ihm Crawford. »Vielleicht eine Minute, wenn er über eine rein elektronische Schaltung reinkommt. Wenn wir uns allerdings erst langsam an den speziellen Anschluß rantasten müssen, dauert es etwas länger.« Crawford hob seine Stimme, um sich an alle im Raum Anwesenden zu wenden. »Falls er überhaupt anruft, wird er uns sicher nicht viel Zeit lassen. Wir müssen also so schnell wie möglich arbeiten. Sollen wir das Ganze noch mal proben, Will?«
»Sicher. Dr. Bloom, ich hätte Sie nachher noch gern ein paar Dinge gefragt.«
Bloom war erst nach den anderen eingetroffen. Er sollte später noch in Quantico am Institut für Verhaltensforschung einen Vortrag halten. Bloom konnte den Korditgeruch in Grahams Kleidern riechen.
»Also gut«, ging Graham das Ganze noch einmal durch. »Das Telefon klingelt. Die Verbindung wird daraufhin sofort hergestellt, und in der Schaltzentrale machen sie sich unverzüglich daran, den Anruf aufzuspüren, aber wir blenden ihm nach wie vor das Klingelzeichen ein, damit er nicht merkt, daß die Verbindung bereits hergestellt ist. Damit gewinnen wir schon einmal einen Vorsprung von zwanzig Sekunden.« Er deutete auf den Techniker. »Nach dem vierten Läuten blenden Sie das Klingelzeichen aus, verstanden?«
Der Techniker nickte. »Nach dem vierten Läuten.«
»Dann nimmt Beverly den Hörer ab. Ihre Stimme klingt anders als die Sarahs, die er gestern gehört hat. Kein Erkennen in ihrem Tonfall. Beverly klingt eher genervt. Er fragt nach mir. Bev sagt: ›Ich stelle Sie zu ihm durch.‹ Ist das klar, Bev?« Graham dachte, es wäre besser, den genauen Wortlaut lieber nicht zu proben, da sonst das Ganze möglicherweise zu einstudiert klang.
»Also gut, für uns ist die Leitung also offen, während er warten muß, bis er mit mir verbunden ist. Ich glaube, er wird länger warten, daß er verbunden wird, als er sprechen wird.«
»Wollen Sie ihm auch bestimmt keine Wartemusik einspielen?« warf der Techniker ein.
»Bloß nicht«, erklärte Crawford kategorisch. »Wir lassen ihn etwa zwanzig Sekunden warten, bis sich Beverly noch einmal in die Leitung schaltet, um ihm zu sagen: ›Mr. Graham kommt gerade an seinen Apparat. Ich verbinde Sie jetzt.‹ Dann nehme ich ab.«
Graham wandte sich nun Dr. Bloom zu. »Wie würden Sie sich ihm gegenüber verhalten, Doktor?«
»Er wird erwarten, daß Sie ihm nicht recht glauben werden, daß er auch wirklich der ist, für den er sich ausgibt. Begegnen Sie ihm also mit höflicher Skepsis. Ich würde ihn nachdrücklich darauf hinweisen, daß es einen gewaltigen Unterschied macht, ob es sich nun um den Anruf eines Psychopathen handelt, der sich lediglich wichtig machen will, oder ob tatsächlich er am Apparat ist. Die Wichtigmacher sind ganz einfach daran zu erkennen, da es ihnen an der Fähigkeit mangelt zu verstehen, was eigentlich passiert ist- erzählen Sie ihm etwas in der Art.
Versuchen Sie, ihn dazu zu bringen, Ihnen irgendwie zu beweisen, daß er tatsächlich der Mann ist, den wir suchen.« Dr. Bloom sah zu Boden und massierte sich dabei den Nacken.
»Sie wissen nicht, was er will. Vielleicht sucht er Verständnis, vielleicht stilisiert er Sie auch zu seinem großen Gegenspieler hoch und will sich vor Ihnen aufspielen - wir werden ja sehen. Versuchen Sie herauszufinden, wonach ihm der Sinn steht, und dann schieben Sie ihm nach und nach das unter, worauf er es abgesehen hat. Ich wäre an Ihrer Stelle jedenfalls sehr vorsichtig damit, ihn aufzufordern, sich doch von uns helfen zu lassen, es sei denn, Sie spüren ganz deutlich, daß es ihm darum geht.
Falls er paranoid ist, werden Sie das ja schnell merken. In diesem Fall würde ich auf seinen Argwohn und sein Mißtrauen zu sprechen kommen. Vielleicht kommt er darüber sogar ins Schwafeln, so daß er gar nicht merkt, wie lange er bereits gesprochen hat. Mehr kann ich Ihnen dazu leider nicht sagen.« Bloom legte Graham seine Hand auf die Schulter und fügte etwas leiser noch hinzu. »Jedenfalls wird das keine harmlose Plauderei werden; vielleicht gelingt es Ihnen sogar, ihn durch dieses Gespräch zur Umkehr zu bewegen. Tun Sie also ganz ungeachtet dessen, was ich eben gesagt habe, am besten das, was Sie für richtig halten.«
Und dann Warten. Eine halbe Stunde drückenden Schweigens war genug.
»Ob er nun anruft oder nicht«, begann Crawford zu sprechen. »Wir müssen trotzdem zu einer Entscheidung gelangen, wie wir im weiteren vorgehen wollen. Sollen wir die

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