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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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sich bereit, dem Tattler weitere Erkenntnisse und Beobachtungen über den Mörder unverzüglich mitzuteilen. Obwohl sich die meisten seiner Kollegen gegen ein solches Vorgehen aussprachen, erklärte Graham des weiteren, könnte der Tattler doch darauf zählen, ständig auf dem laufenden gehalten zu werden, solange er, Graham, die Ermittlungen leitete.
    Lounds machte eine Menge Fotos.
Die Schlüsselaufnahme entstand in Grahams Washingtoner ›Versteck‹, einer Mietwohnung, in der er zu wohnen beabsichtigte, bis er der Zahnschwuchtel das Handwerk gelegt hatte‹. Dies war der einzige Ort, an dem er ›Ruhe und Erholung‹ finden konnte inmitten der ›hektischen Atmosphäre‹ der auf Hochtouren laufenden Ermittlungen.
Das Foto zeigte Graham im Bademantel bei der nächtlichen Arbeit an seinem Schreibtisch. Er war in den Anblick der grotesken ›Vorstellung eines Polizeizeichners von der Schwuchtel‹ vertieft.
Hinter ihm war ein Segment der flutlichterhellten Kuppel des Capitols zu erkennen. Und vor allem füllte die linke untere Ecke des Fensters - verschwommen, aber durchaus noch lesbar
- die Leuchtreklame des Motels auf der gegenüberliegenden Straßenseite aus.
Wenn er wollte, hätte die Zahnschwuchtel die Wohnung also problemlos finden können.
Im FBI-Hauptquartier wurde Graham vor einem MasseSpektrometer fotografiert. Dieses Instrument stand zwar in keinerlei Zusammenhang mit den in diesem Fall angestellten Ermittlungen, aber Lounds fand, daß es sehr eindrucksvoll aussah.
Graham erklärte sich sogar einverstanden, sich während des Interviews gemeinsam mit Lounds fotografieren zu lassen. Die Aufnahme wurde vor den endlosen Waffengestellen in der Abteilung für Feuerwaffen gemacht. Lounds hielt eine Neun-Millimeter-Automatik in der Hand, wie sie auch der Mörder verwendet hatte. Graham deutete auf den selbstgebauten Schalldämpfer, der mit einem Stück von einer Fernsehantennenstütze gebastelt war. Zu Dr. Blooms Überraschung legte Graham sogar kameradschaftlich eine Hand auf Lounds’ Schulter, bevor Crawford auf den Auslöser drückte.
    Das Interview und die Fotos erschienen in der nächsten Ausgabe des Tattler, die am darauffolgenden Tag, einem Montag, dem 11. August, herauskam. Sobald er das vollständige Material hatte, flog Lounds damit nach Chicago. Er sagte, er wollte die Drucklegung selbst überwachen. Außerdem traf er mit Crawford die nötigen Vereinbarungen, um sich Dienstagnachmittag, fünf Blocks von der Falle entfernt, mit ihm zu treffen.
    Von Dienstag an, sobald der Tattler herauskam, sollten dem Killer zwei Fallen gestellt werden. Graham sollte sich jeden Abend in ›seine vorübergehende Unterkunft‹ begeben, die auf einem der Fotos im Tattler zu sehen war.
    Außerdem lud eine chiffrierte Annonce unter Vermischtes die Zahnschwuchtel ein, zu besagtem toten Briefkasten in Annapolis zu kommen, der rund um die Uhr observiert wurde. Falls er bezüglich des toten Briefkastens Verdacht schöpfen sollte, wurde er vielleicht in der Überzeugung bestärkt, daß sich die Bemühungen, ihn in eine Falle zu locken, auf diesen konzentrierten. Graham würde sich ihm daher als ein um so schmackhafterer Köder darstellen, dachte man beim FBI.
    Die zuständigen Stellen in Florida ließen darüber hinaus Grahams Haus auf Sugarloaf Key rund um die Uhr überwachen.
    Dennoch war diese Regelung nicht ganz nach dem Geschmack der Jäger - immerhin wurden für die zwei Observierungen einige Leute benötigt, die nun nicht mehr für andere dringende Aufgaben zur Verfügung standen, und Grahams nächtliche Lockvogelfunktion schränkte seinen Aktionsradius ganz erheblich ein. Obwohl Crawford sich sagen mußte, daß dies eindeutig der geschickteste Zug war, der ihm augenblicklich zu Gebote stand, widersprach die damit verbundene Passivität doch aufs nachhaltigste seinem Naturell. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, als gäben sie sich im Dunkel der Neumondnächte nur irgenwelchen kindischen Spielereien hin, während die Frist bis zum nächsten Vollmond zusehends rascher verstrich.
    Sonntag und Montag vergingen in einem seltsam verschobenen Zeitrhythmus. Die Minuten schleppten sich endlos dahin, während die Stunden wie im Flug vergingen. Spurgen, der an der FBI-Akademie Observierungsmethoden lehrte, fuhr Montagnachmittag gemeinsam mit Graham und Crawford um den Block, in dem Grahams ›geheimer Rückzugsort‹ lag.
    »Gegen neunzehn Uhr fünfzehn läßt der Passantenstrom merklich nach«, erklärte Spurgen. »Um

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