Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
Anscheinend hatte hier niemand etwas dagegen, dass sich ein Außenstehender in den Fall einmischte, wunderte er sich. Die ehemaligen Kollegen in Regensburg fielen ihm ein. Ob sie ähnlich reagiert hätten? Aber wahrscheinlich hatte Amanda Wouters einfach nur entsprechende Überzeugungsarbeit geleistet.
    »Der DNA-Abgleich ist da«, informierte diese ihn ohne große Umschweife. »Es steht jetzt amtlich fest, dass der Tote aus dem Moor der Vater von Martin Berger ist.«
    Alle blickten daraufhin auf Bichlmaier, als erwarteten sie irgendein Zeichen der Überraschung. Der nahm jedoch nur seine Brille ab und räusperte sich. Einen Moment lang war er in Gedanken versunken. Was sie wohl mit ›amtlich‹ meinte? Etwas störte ihn an diesem Begriff, ohne dass er genau sagen konnte, was es war.
    »Also doch ein Familiendrama«, meinte er, ohne zu ahnen, wie nahe er dabei der Wahrheit kam. Sein Ergebnis hörte sich in dem Moment eher wie eine Frage an und er merkte selbst, wie wenig überzeugend seine Stimme dabei klang. »Aber eines der brutalen Sorte.« Im Grunde war er ohnehin überzeugt, dass hinter dem Mord alles andere als ein Allerweltsverbrechen mit familiärem Hintergrund stand. Dahinter verbarg sich viel mehr. Vielleicht eine politisch motivierte Tat oder eine, die dem organisierten Verbrechen zuzuschreiben war. Allein die Tatsache, dass der Mann professionell gefoltert worden war, könnte dafür sprechen. Die Frage war nur, was genau es war, nach dem sie suchen mussten.
    »Wir sollten uns natürlich auch mit möglichen Alternativen beschäftigen«, warf Amanda ein, als hätte sie seine Gedanken erraten.
    »Was genau meinst du damit?«, fragte Wolf.
    Amanda Wouters zuckte mit den Schultern. »Es passiert zu viel auf einmal. Jetzt zum Beispiel die Sache in München. Und … etwas ist verdammt eigenartig im Umfeld des Toten. Wir wissen nun zwar, dass er Martins Vater ist, aber ansonsten haben wir so gut wie keine Informationen über ihn. Das ist schon ungewöhnlich. Nach so langer Zeit. Niemand, der bislang dazu etwas zu sagen wusste, oder?«
    »Oder wollte.«
    »Und die Infos aus Amerika?«
    »Geben auch nicht viel her. Aber gerade das ist ja vielleicht das Interessante. Wer ist dieser Mann? Ein Phantom? Wer steckt hinter diesem Schattenmann?«
    »Wer hat ihn so gehasst, dass er ihn mit dieser Brutalität zu Tode gequält hat. Ihn nach dem Tod noch verstümmelt hat?«
    »Da stellt sich nach wie vor die Frage, wo seine Hände abgeblieben sind.«
    »Wüsste ich auch gern. Eines ist jedenfalls sicher. Er ist auf keinen Fall als Aaron Rosenberg auf die Welt gekommen«, sagte Amanda.
    Keiner widersprach dieser Aussage. Bichlmaier blickte auf die Männer, die um ihn herum Platz genommen hatten. Wolf, Fiedler, Varga. Wolf mit Kaffeeflecken auf der Hose und Fiedler, der ihm wie ein kleiner Streber vorkam. Dazu der Rotfuchs. Fast hatte er das Gefühl, er würde sie seit einer Ewigkeit kennen. Die gleichen Typen wie seine Kollegen in Regensburg. Als seien sie austauschbar. Polizisten, die versuchten, sich der Lösung eines verzwickten Falles zu nähern. Wie gut er das kannte. Dabei gab es so viele Dinge, die er von ihnen nicht wusste. Aber es waren Dinge, Facetten ihres privaten Lebens, die ihn, wenn er ehrlich war, nicht interessierten. Mehr noch, er wusste, dass er im Grunde die Menschen, die sich zusammen mit ihm die Arbeit teilten, gar nicht brauchte, nie gebraucht hatte. Es waren seine Erfolge als Polizist gewesen, die ihm, wie er geglaubt hatte, eine Berechtigung verschafft hatten, sich von allen anderen zu isolieren, sie beiseitezuschieben, sie lediglich als ferne, austauschbare Gestalten wahrzunehmen. Er war es gewohnt gewesen, nur sich allein und seiner Intuition zu folgen.
    Wie ihn die anderen wohl wahrnahmen? Auch mit dieser unsäglichen Gleichgültigkeit, diesem Desinteresse? War er für sie als Mensch ebenso uninteressant, wie sie es für ihn waren? Als er den Blick abwandte, sah er, dass Amanda Wouters ihn intensiv musterte. Es schien ihm, als versuchte sie, seine Gedanken zu lesen. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, nicht mehr völlig allein zu sein.
    »Es kann doch nicht sein, dass damals niemand den Mann gekannt hat, der die Marlies geschwängert hat«, sagte Fiedler in die eingetretene Stille.
    »Marlies hatte doch auch Freundinnen und Freunde, Gleichaltrige, denen sie sich anvertraute …«
    »Eine beste Freundin vielleicht. Ein Mädchen, dessen Schatten sie nicht fürchtete. Dem sie alles sagen konnte.

Weitere Kostenlose Bücher