Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
dachte, wie bereitwillig Kefa an ihrer Stelle die Lodge geleitet hatte. »Er ist eigentlich nicht der Haus-Boy«, sagte sie. »Er ist unser Lodge-Manager.«
»Oh, Entschuldigung«, sagte Helen zu Kefa. »Ich muss den Küchen-Boy falsch verstanden haben.« Sie blickte von Maras Kleid zu dem Hemd des Afrikaners. »Ich hätte es auch an Ihrer Uniform sehen müssen.«
»Bitte, entschuldigen Sie sich nicht«, sagte Kefa höflich. Dann senkte er kurz den Kopf. Als er wieder aufblickte, sah Mara Tränen in seinen dunkelbraunen Augen schimmern.
Die Hütten-Boys luden das Gepäck in die Landrover mit den Zebrastreifen. Der Wagen, mit dem Lillian den Unfall gehabt hatte, bot einen traurigen Anblick: die beschädigte Stoßstange war entfernt worden, die Kotflügel fehlten ebenfalls, und ein Scheinwerfer war kaputt. Wie Dudu es beschrieben hatte, »konnte der Landrover zwar noch fahren, hatte aber nur noch ein Auge«.
Mara sah wie betäubt zu, wie ein Gepäckstück nach dem anderen verschwand. Peter fuhr in keinem der beiden Landrover mit – er hatte sich dafür entschieden, später am Tag mit Carlton und Leonard das Flugzeug zu nehmen. Aber Mara war deutlich bewusst, dass der endgültige Abschied von Peter nicht mehr lange auf sich warten lassen würde, wenn die Crew erst einmal weg war. Die offizielle Verabschiedung hatte bereits stattgefunden. Das Personal aus der Lodge war herausgekommen, und alle hatten sich freundschaftlich und auch ein wenig traurig voneinander verabschiedet. Die Szene war völlig anders als die Begrüßung, die sich damals auf dem Parkplatz abgespielt hatte.
Plötzlich stieg Mara der scharfe, grüne Geruch von Pflanzensaft in die Nase, und sie merkte, dass der Dorfschnitzer neben ihr stand. Er begann eine lange, formelle Begrüßung, fragte sie nach dem Zustand ihres Heims, ihrer Arbeit, ihres Essens und ihrer Gesundheit.
»Nzuri tu«, sagte sie jedes Mal. »Es ist gut.«
Es ist gut. Es ist gut.
Die Worte klangen wie ein Zauber. Wilde, wahnsinnige Hoffnung stieg in ihr auf, dass sie die Macht hatte, alles zu verändern, wenn sie sie nur oft genug sagte. Vielleicht konnten sie das Unmögliche wahr machen.
»Ich habe nicht geschlafen, nur gearbeitet«, sagte der Schnitzer. »Ich habe einige spezielle Schnitzereien gemacht.« Er lächelte und zeigte dabei Zähne, die an den Kanten schwarz waren, als ob er Holzkohle gekaut hätte. »Sie gefallen allen. Ich habe nur noch wenige übrig.«
Er griff in seinen Korb und zog ein Muster heraus, um es Mara zu zeigen. Es war eines der dekorierten Schilder, die sie schon einmal gesehen hatte. Unter dem Wort Raynor Lodge sah man zwei Köpfe im Profil. Auch hier war es dem Schnitzer wie bei den wilden Tieren gelungen, die Ähnlichkeit einzufangen; man konnte deutlich erkennen, dass es Porträts von Lillian Lane und Peter Heath waren.
Mara fuhr mit der Fingerspitze die Linien von Peters Gesicht nach. Es erinnerte sie an Büsten auf Grabsteinen: Symbole für jemanden, der auf immer verloren war. Sie gab dem Mann das Schild zurück.
»Es ist sehr gut«, sagte sie mit schwacher Stimme. Dann blickte sie starr geradeaus und versuchte, das Bild aus ihrem Gedächtnis zu tilgen.
Die Leute waren bereit zum Einsteigen. Neben dem Torbogen standen Rudi, Brendan, die beiden Nicks, der Ranger und Jamie, lachten und redeten und rauchten Zigaretten. Plötzlich brachen sie in Jubelrufe aus. Tomba kam angerannt. Außer Atem drückte er ein Kleiderbündel an die Brust. Er trug eine neue Hose, und sein Cowboyhemd war frisch gewaschen und gebügelt. Breit grinsend warf er das Kleiderbündel auf die Ladefläche eines der Landrover. Mara erinnerte sich, gehört zu haben, dass Daudi angeboten hatte, Jamies Schützling Tierfilmern in Daressalam vorzustellen. Als Tombas Blick auf Mara fiel, grinste er wieder. Sie konnte seine Aufregung förmlich spüren. Sie lächelte ihn unsicher an. Sie sollte jetzt zu ihm gehen und sich seine Pläne im Einzelnen anhören. Aber sie hatte gerade einen Schritt auf ihn zu gemacht, als Daudi auf den Parkplatz kam und sich in ihre Richtung bewegte. Einer der Hütten-Boys begleitete ihn und trug seinen Pappkoffer auf dem Kopf. An der Seite klebte ein großes Papierschild mit der Aufschrift Regierung von Tansania, Ministerium für Information.
Daudi trug wieder seinen braunen Anzug, und seine Schuhe glänzten wie zwei Spiegel.
»Alles hat sich zum Besten erwiesen«, sagte er. »Dieser Film wird für Tansania gut sein. Die Leute werden sich an uns
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