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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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sie sich ins Gedächtnis rufen, dass ihre Probleme im Vergleich zu denen der Menschen hier unbedeutend waren.
    »Ich wollte gerade zum Funkraum«, sagte Mara.
    Helen nickte langsam. »Heute früh ist eine Nachricht für Sie gekommen. Joseph wollte sie Ihnen eigentlich mit dem Läufer schicken.«
    »Ich war in Kikuyu«, erwiderte Mara. Sie spürte die Anspannung. Die Nachricht war bestimmt von John. Hatte er gute Neuigkeiten von der Bank – oder schlechte?
    »Da ist Joseph«, sagte Helen. »Fragen Sie ihn. Er hatte heute Morgen Dienst.«
    Ein kleiner, dunkelhäutiger Afrikaner eilte auf sie zu. Sie begrüßten sich kurz auf europäische Art, und dann reichte er ihr ein gefaltetes Stück Papier, wobei er sich leicht verbeugte.
    Mara runzelte nervös die Stirn. Sie entfaltete das Papier und überflog rasch die handgeschriebenen Druckbuchstaben.
    KEIN ERFOLG BEI SLOAN ODER RANJIT. HABE JOB FÜR FÜNF WOCHEN ANGENOMMEN. FUSSSAFARI IN DEN SELOUS. BRECHE SOFORT AUF. KEIN FUNKKONTAKT. JOHN
    Mara las die nüchterne Botschaft noch einmal. Hilflos bewegte sie die Lippen, als ihr die Bedeutung aufging. Sloan war der Repräsentant der Lloyd’s of London Bank. Ranjit war ein indischer Händler, der Geld verlieh – er war Johns letzte Hoffnung gewesen, wenn die Bank das Darlehen verweigerte.
    Kein Erfolg … Es würde also kein Darlehen geben.
    Noch einmal las Mara den zweiten Teil der Nachricht.
    Fünf Wochen in den Selous! Das Selous-Reservat war ein riesiger, unbewohnter Landstrich im abgelegensten Teil von Tansania. Und sie waren in Afrika. Kein Kontakt hieß kein Kontakt.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Helen.
    Ihre Stimme klang neugierig, aber Mara hörte auch Sorge heraus. Einen Moment lang war sie versucht, Helen ihren Kummer anzuvertrauen. Aber John würde über solch einen Vertrauensbruch außer sich sein.
    »Ja, danke«, sagte sie. »Alles in Ordnung. Nur eine Nachricht von John. Nichts Wichtiges.«
    Sie zwang sich zu einem Lächeln, als sie sich verabschiedete und zum Landrover zurückging. Langsam schüttelte sie den Kopf. Es kam ihr vor wie bittere Ironie. Endlich würde die Lodge voller Gäste sein – und John war nicht da. Er war am anderen Ende des Landes und führte an der Spitze einer langen Reihe von Trägern irgendeine exzentrische Jagdgruppe an, die wie in der guten alten Zeit zu Fuß auf Safari gehen wollte.
    Mara blieb stehen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als ihr die volle Bedeutung der Nachricht aufging. Sie konnte John nicht erreichen. Die Filmgesellschaft würde eintreffen. Und sie würde mit allem allein fertig werden müssen.

    Mara betrat die Lodge durch die Vordertür. Statt ihren Sonnenhut rasch ins Schlafzimmer zu bringen, legte sie ihn auf den Tisch in der Diele, wo auch John seinen Hut immer hinlegte.
    Dann ging sie den Gang entlang zur Küche. Die solide Holztür war fest geschlossen, aber trotzdem hörte man durch die Risse das Murmeln der Gespräche. Sie erkannte die Stimmen von Kefa und Menelik, aber es waren auch mindestens noch zwei weitere Personen in der Küche. Dem eifrigen Tonfall nach zu urteilen, redeten sie über die amerikanische Filmgesellschaft, die bald eintreffen sollte. Vermutlich waren die Dorfbewohner vor Aufregung und Erwartung völlig aus dem Häuschen.
    Vor der Tür blieb Mara einen Moment lang stehen, dann öffnete sie sie weit und trat ein. Vier Köpfe drehten sich ihr zu. Sie wartete darauf, dass Menelik zur Hintertür blickte – um zu beweisen, dass sie nie etwas richtig machte. Aber er warf ihr nur einen überraschten Blick zu und zog leicht eine Augenbraue hoch.
    »Ich habe Neuigkeiten«, sagte sie ohne Einleitung. »Es ist nicht möglich, mit dem Bwana Kontakt aufzunehmen. Er ist auf eine lange Safari gegangen und kommt erst in fünf Wochen wieder.«
    Kefa öffnete den Mund, aber es schien ihm einen Moment lang die Sprache verschlagen zu haben. Erschreckt riss er die Augen auf. »Aber es kommen Gäste! Wir brauchen ihn!«
    »Wir werden ohne ihn zurechtkommen müssen«, erwiderte Mara. Sie versuchte, einen möglichst sicheren Eindruck zu vermitteln.
    »Das ist nicht möglich«, erklärte Kefa. »Es ist immer ein Bwana da. An jedem Ort muss es einen geben. Wir brauchen ihn, damit er uns sagt, was wir tun sollen. Wir brauchen ihn, damit er die Gewehre schießt.«
    »Ich werde mit dem Jagdministerium reden, damit sie uns einen Ranger schicken«, sagte Mara. »Und wir können Johns Gewehrträger aus dem Dorf holen. Er kann der zweite Schütze

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