Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
hatte sich in ihren langen Haaren verfangen. Als es sich schließlich aus eigener Kraft befreit hatte, war die Frau hysterisch gewesen. Im Morgengrauen waren sie und ihr Mann ins Manyala Hotel umgezogen.
Mara überquerte den Rasen. Das braune kikuyu- Gras knirschte unter ihren Füßen. Einen Moment blieb sie unter den hängenden Zweigen eines Pfefferkornbaumes stehen und genoss den Schatten. Fedrige Blätter streiften ihre Wange, als sie den würzigen Duft der Samen einatmete.
Rasch rekapitulierte sie noch einmal alle Arbeiten, die in den zwei Tagen seit Carltons Besuch ausgeführt worden waren. Dieser Ausbruch von Aktivitäten in der Lodge bildete einen beinahe bizarren Kontrast zu der Stille der letzten Monate. Wenn sie umherging und Anweisungen erteilte, kam Mara sich oft so vor, als ob sie alles nur geträumt hätte. Aber das Geld war tatsächlich real, dachte sie. Das Lächeln auf den Gesichtern der Bediensteten war der Beweis dafür. Und als sie aus Kikuyu zurückgekehrt war, hatten die Jungen über eine Stunde gebraucht, um alle Einkäufe aus dem Landrover auszuladen.
Mara trat unter dem Baum hervor in die Hitze und lief hinter die Lodge. Sie sah Menelik, mit seinem grau gesprenkelten Haar und den leicht hängenden Schultern, der in seinem Kräutergarten stand und den Küchen-Boy beaufsichtigte, der vorsichtig jede einzelne Pflanze goss. Fast wäre sie auf einen Hahn getreten, der zum neuen Hühnerhaus stolzierte, das für die Hühner gebaut worden war, die bald aus dem Ort eintreffen würden.
Mara zog die Tür zum Schuppen auf, der den Generator beherbergte. Drinnen war es noch um einige Grad heißer als auf dem Hof, und es roch stark nach Diesel. Die Maschine stand als dunkler Umriss mitten in dem dämmrigen Raum. Es war ganz still. Selbst wenn sie Gäste hatten, lief der Generator nur von Beginn der Dämmerung an, bis alle zu Bett gegangen waren.
»Bist du da, Bwana Stimu?«, rief Mara und blickte sich um. Sie fand den Namen des Mannes immer noch lustig. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie John ihn ihr vorgestellt hatte.
»Das ist Bwana Stimu, unser Stromexperte. Unser fundi wa umeme «, hatte er gesagt.
Mara hatte geglaubt, Stimu wäre ein Familienname. Aber der Afrikaner hatte ihr stolz erklärt, er habe den Titel von seinem Vater geerbt, der den Generator auf Raynor Lodge schon bedient hatte, als er noch mit Dampf betrieben wurde. Und sein Sohn, hatte er zu Mara gesagt, würde eines Tages auch Mr. Steam heißen.
Bwana Stimu tauchte hinter einem Vierundvierzig-Gallonen-Fass auf und wischte sich die Hände an einem Lappen ab. Er lächelte breit. Mara wusste, wie froh er darüber war, wieder genug Treibstoff zu haben.
Sie begrüßten einander. Nachdem Mara sich nach dem Wohlbefinden von Bwana Stimus Familie erkundigt hatte, kam sie zum eigentlichen Grund ihres Besuchs. »Wie geht es der Lister-Maschine?«, fragte sie.
Bwana Stimu warf seinem Generator einen liebevollen Blick zu. »Sie ist sehr stark. Sehr sauber innen und außen. Sehr glücklich.«
»Das ist gut«, sagte Mara. »Ich denke, du wirst sehr viel zu tun haben, wenn die amerikanischen Gäste eintreffen.«
Bwana Stimu nickte eifrig.
»Möglicherweise bringen sie ihren eigenen Generator mit«, fuhr Mara fort. Sie erinnerte sich vage daran, Fotos von Dreharbeiten gesehen zu haben – sie richteten anscheinend immer helle Scheinwerfer auf die Schauspieler. »Vielleicht brauchen sie Hilfe von dir.«
Bwana Stimu runzelte verwirrt die Stirn. »Wie können sie einen Generator mitbringen?«
Mara zuckte mit den Schultern. »Vielleicht auf einem speziellen Lastwagen. Ich weiß nicht.«
Bwana Stimu pfiff durch die Zähne und schüttelte verwundert den Kopf.
Mara lächelte. Die Vorstellung eines mobilen Generators war für ihn wahrscheinlich das ultimative Beispiel für europäischen Luxus – verglichen damit waren die Koffer voller Hemden, Schuhe und Jacken gar nichts.
»Natürlich«, fügte Mara hinzu, »könnte es auch sein, dass sie ihren eigenen Stromexperten haben. Das ist schwer zu sagen.« Zum zwanzigsten Mal an jenem Tag dachte sie, wie schwierig es doch war, ein solches Ereignis, von dem sie kaum etwas wusste, zu planen. Blicklos starrte sie auf den Generator, bis sie auf einmal spürte, dass Spannung in der Luft lag. Als sie sich zu Bwana Stimu umdrehte, hatte er die Augen wütend aufgerissen. Er richtete sich zu voller Höhe auf.
»Ich bin der Stromexperte auf Raynor Lodge.«
»Ja, ja, selbstverständlich«, sagte
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