Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
anders.
Kefa trat vor. »Willkommen in Raynor Lodge.«
Leonard grinste. »Danke. Es sieht toll hier aus.«
»Das ist unser Haus-Boy, Kefa«, stellte Mara vor.
Leonard schüttelte auch ihm die Hand. Die Geste kam überraschend für Kefa, und Mara sah, dass er automatisch seine linke Hand unter den Ellbogen seines rechten Arms legte, als er ihn ausstreckte – die traditionelle Art, um zu zeigen, dass man keine Waffe bei sich trug.
»Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Leonard, aber seine Aufmerksamkeit galt bereits wieder der Umgebung. »Der andere Wagen kommt zwei Stunden später«, sagte er und blickte über Maras Schulter zu den Lodge-Gebäuden.
»Sie hatten einen Platten und auch Probleme mit dem Motor. Eine Art Dorfmechaniker repariert den Wagen gerade – das hoffe ich zumindest …«
Aus der Nähe sah Mara die dunklen Schatten unter den Augen des Mannes, aber seine energischen Bewegungen straften diese Anzeichen von Erschöpfung Lügen.
Er trat zu den Elefantenstoßzähnen und fuhr mit den Fingern über das Elfenbein. Dann legte er den Kopf in den Nacken, um an den geschwungenen Zähnen hinaufzublicken.
Während Mara ihn beobachtete, öffneten und schlossen sich Fahrzeugtüren und weitere Leute stiegen aus. Auf einmal stand Daudi neben ihr. Er trug immer noch den braunen Anzug, den er bei seinem Besuch mit Carlton getragen hatte. Er begrüßte sie höflich, aber kurz, auf europäische Art. Dann wies er auf einige Leute, die sich hinter ihm versammelt hatten.
»Ich möchte Ihnen alle vorstellen«, sagte er. Zuerst wandte er sich zu einem Mann mit blonden Haaren, die lockig über seine Ohren fielen.
»Das ist Mr. Rudi.«
»Nennen Sie mich einfach Rudi«, sagte der Mann. »Ich bin die Requisite. Bei diesem Dreh bin ich allerdings ungefähr fünf Personen – Garderobiere, Requisitenmeister, Kulissenmaler, künstlerischer Direktor. Ich bin die gesamte Abteilung.«
Daudi wies auf Mara. »Das ist Mrs. Sutherland.«
Mara holte Luft, um zu sagen, dass alle sie mit Vornamen anreden könnten – so wie Rudi es getan hatte –, aber sie war sich nicht sicher, ob das angebracht war.
Die Vorstellung ging weiter. Ein mürrisch aussehender Mann wurde ihr als Beleuchter vorgestellt. Mara brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass das die Person war, die für den Strom – und den Generator – verantwortlich war. Sie beschloss, dass Kefa ihn und Bwana Stimu zu gegebener Zeit zusammenbringen sollte. Dann waren da noch zwei Afrikaner, die als Arbeiter für die Aufbauten vorgestellt wurden. Sie wiesen die eindrucksvolle Größe und tiefschwarze Hautfarbe auf, die typisch für Somalier war, und trugen lässige europäische Kleidung, die modern und neu aussah. Sie grüßten Mara höflich, warfen aber den Angestellten verächtliche Blicke zu. Mara sah, wie Menelik und Kefa sich mit kaum verhüllter Wut anblickten. Sie merkte auch, dass Daudi jede Nuance dieser Interaktion wahrnahm und offensichtlich bereit war, seine Autorität einzusetzen, wenn es Konflikte gab. Er würde bestimmt ein nützlicher Verbündeter sein, dachte Mara. Sie hoffte, Johns Freundschaft mit Kabeya würde sich zu ihren Gunsten auswirken und Daudi auf ihre Seite bringen, falls dies nötig werden sollte.
Hinter dem Lastwagen tauchte der letzte Amerikaner auf. Er hatte rotblonde Haare und Sommersprossen, und seine Nase leuchtete rosa, als wäre sie schon oft verbrannt gewesen. Misstrauisch blickte er zur Sonne, als er auf sie zugeschlendert kam. Er schaute Leonard an.
»Was ist mit meinem Problem?«, wollte er wissen.
Leonard warf ihm einen verständnislosen Blick zu.
Der rothaarige Mann seufzte verärgert. Seine grünen Augen blitzten. »Ich – habe – keinen – Tonassistenten.«
Daudi beugte sich zu Mara und sagte leise: »Das ist der Tonmeister. Mr. Jamie. Bwana Matata «, fügte er hinzu. Herr Probleme.
»Er ist einfach nicht erschienen«, fuhr Jamie fort. Er blickte sich um, als wäre er sich unsicher, an wen er sich wenden sollte. »Er ist einfach nach Hause gefahren. Der Glückliche.«
Leonard nickte nachdenklich. »Ich meine, Carlton hätte etwas davon gesagt, dass wir einen Einheimischen anlernen können. Das schaffst du schon. Die Hälfte der Aufnahmen sind sowieso ohne Ton.«
»Erinnere mich nicht daran«, sagte Jamie düster.
Leonard wandte sich an Mara. »Vielleicht können Sie uns helfen. Wir brauchen jemanden, der mit Jamie zusammenarbeitet – jemanden, der die Tonangel hält. Er muss ein bisschen Englisch können.
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