Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
Und er muss intelligent, stark und schnell sein.«
Bevor Mara antworten konnte, stand Tomba neben ihr. Er trat vor und blickte entschlossen von Leonard zu Jamie.
»Ich bin diese Person«, verkündete er selbstbewusst. »Ich bin derjenige, der die Tonangel halten kann.«
Mara presste die Lippen zusammen, um ein Lächeln zu unterdrücken. Sie wusste, dass Tomba keine Ahnung hatte, was eine Tonangel war. Sie hatte ja selbst nur eine vage Vorstellung davon.
Leonard trat zu Tomba und klopfte ihm auf die Schulter. »Abgemacht! Du bist engagiert!«
Jamie warf einen zweifelnden Blick auf Tombas ärmelloses Hemd, seinen Lendenschurz und die uralten Tennis-schuhe an seinen Füßen. Aber die gut definierten Muskeln an Tombas Armen schienen ihn zu überzeugen. Er zuckte mit den Schultern. »Ja, es wird schon gehen. Wie heißt du?«
Tomba grinste breit und zeigte seine makellos weißen Zähne. »Bwana Tonangel.«
Leonard ging voraus zur Eingangstür. Mara beeilte sich, um mit ihm Schritt zu halten, und Kefa kürzte über den Rasen ab, damit er die Gäste am Eingang willkommen heißen konnte.
Leonard warf Mara einen Blick von der Seite zu. »Jetzt ist mir klar, was Carlton gemeint hat«, sagte er. »Mit dunkleren Haaren könnten sie genauso aussehen wie sie.«
Mara nickte höflich und überlegte, was er damit sagen wollte. Aber dann gab sie auf und fragte: »Wie wer?«
»Lillian Lane«, erwiderte Leonard.
Mara blickte ihn verwirrt an. »Wie meinen Sie das?«
Leonard blieb stehen und wandte sich Mara zu. Er wirkte leicht irritiert. »Ich hatte eigentlich angenommen, dass man mit Ihnen darüber gesprochen hat. Ich dachte, Carlton hätte schon alles klargemacht.«
»Was klargemacht?«, fragte Mara misstrauisch. Nervosität überfiel sie.
»Es ist ja keine große Sache«, fuhr Leonard fort und ging weiter. »Wir brauchen Sie ab und zu als Double. Sie sind genauso groß wie Lillian und haben lange Haare. Und Sie haben die gleiche Figur. Sie müssen vielleicht über ein paar Felsen klettern oder durch den Busch gehen. Wir filmen sie von hinten oder mit Weitwinkel, damit sie nur eine kleine Gestalt in der Ferne sind. Niemand wird sehen, dass es nicht Lillian ist.«
»Warum wollen Sie das denn überhaupt machen?«, fragte Mara.
»Lillian ist müde«, erwiderte Leonard sachlich. »Wir sind am Ende eines langen Drehs. Sie muss ihre Energie für die wichtigen Szenen aufsparen.« Wieder warf er Mara einen Blick von der Seite zu. »Außerdem wirken sie in dieser Landschaft mehr zu Hause. Sie leben hier, und man merkt es immer, wenn etwas authentisch ist, wissen Sie. Schauspieler können imitieren – das ist ihr Job. Aber Sie sind echt.« Er lächelte bewundernd. »Sie bekommen natürlich ein Honorar. Carlton macht einen Vertrag mit Ihnen.« Er senkte den Blick. »Zeigen Sie mir Ihre Hände – er hat gesagt, Sie hätten tolle Hände.«
Mara hielt sie ihm hin. Sie kam sich vor wie ein kleines Mädchen, das seiner Mutter zeigt, dass die Hände sauber sind, bevor es sich an den Mittagstisch setzt. Nur dass ihre Hände jetzt rauh waren, mit abgebrochenen Fingernägeln von der Arbeit im Gemüsegarten.
Als Leonard zustimmend nickte, versteckte Mara ihre Hände sofort wieder hinter dem Rücken. Schließlich war sie kein kleines Mädchen mehr. Man musste ihr nicht sagen, was sie tun sollte. Entschlossen wandte sie sich von Leonard ab, entzog sich dem Sog seiner Energie.
Auf der anderen Seite neben ihr ging Daudi. Er blickte sie an. Es bedurfte keiner Worte, um sie daran zu erinnern, was er bei seinem letzten Besuch gesagt hatte.
Selbst der Präsident wird erfreut sein, wenn dieser Film erfolgreich fertiggestellt ist.
Sie wollte Johns Zukunft in diesem Land – was immer sie auch bereithalten mochte – nicht in Gefahr bringen. Und sie konnte es sich auch nicht leisten, ein zusätzliches Honorar auszuschlagen. Sie holte tief Luft und wandte sich wieder zu Leonard. »Ich helfe Ihnen gerne, wo es mir möglich ist.«
»Können Sie mit einem Gewehr umgehen?«
»Natürlich«, erwiderte Mara. »Mit einer Zweiundzwanziger Pistole. Und mit einem Gewehr.«
»Gut, gut. Wir brauchen ein paar großartige Landschaftsaufnahmen – Sie wissen schon, um dieses Gefühl ›wir sind hier wirklich in Afrika‹ einzufangen.«
Sie waren mittlerweile in der Lodge angekommen, aber Leonard schien nicht zu bemerken, dass Kefa an der Tür bereitstand, um sie hineinzugeleiten.
»Haben Sie David Leans Film Lawrence von Arabien gesehen?«, fragte er
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