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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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omnipotenten Viren seine
Speicheldrüsen infiziert hatten; Miriam Makepeace Mbele hatte
ihn mit einem Kuß verändert. Aber er bürdete diese
Last Vette nicht auf. Glücklicherweise war den Freien Yankees,
die gewöhnlich Masken trugen, die Kunst des Küssens
verlorengegangen.
    »In den Geschichten hat ein Held stets Gaben, und eine
Herausforderung, und Freunde, die ihm dabei helfen.«
    Lee fragte sie nach den Geschichten, und sie erzählte ihm
einige, und dann liebten sie sich noch einmal, und sie schlief ein.
Lee übertölpelte seine Viren und suchte eine Stelle, wo er
das Bewußtsein ausruhen konnte, und schlief ebenfalls ein.
    Und erwachte in kaltem, glänzendem Sternenlicht. Er kniete,
die Hände auf den Knien, den Kopf vorgeneigt, und lauschte. Er
war oben auf dem Uferhang neben der Straße. Ihr breiter
weißer Verband wickelte sich ab, davon, unheimlich
glänzend im Sternenlicht, leer. Er rief das Infrarot auf, sah,
grün auf grün, gegen die Felsen auf der anderen Seite
Gestalten sich bewegen. Etwas Kleines schwebte in den Schatten
zwischen zwei großen Felsen. Er hörte die schwachen
Geräusche, als jene dahinter es vorandrängten.
    Redd und Chen Yao krochen den Hang hinauf, wo Lee hockte. Redd
flüsterte: »Sie müssen Angst vor uns haben.«
    »Was sind sie?« fragte Chen Yao.
    Während Redd es erklärte, stand Lee auf und näherte
sich der Mitte der Straße. Die Gestalten auf der anderen Seite
der Straße erstarrten einen Augenblick lang. Dann verschwanden
ihre Hitze-Signaturen mit schwachen, kratzenden Geräuschen,
duckten sich hinter Ausbissen und Felsen.
    Lee rief hinter ihnen her, und etwas segelte durch die Luft auf
ihn zu. Einen Meter neben seinem Ziel prallte der Stein mit einem
harten Geräusch ab und klatschte in den Strom. Geplapper von den
Beobachtern auf der anderen Seite: dann weitere Steine.
    Lee zog sich zurück. Vette, die neben Redd und Chan Yao auf
dem Hang neben der Straße lag, wollte wissen, was los war.
    Lee sagte: »Sie prüfen uns. Ich glaube, sie sind wohl
ebenso hungrig wie wir. Es sind wenigstens zwei Handvoll. Vielleicht
mehr.« Er dachte an den Jüngsten, der dazu gedrängt
worden war, die Straße zu überqueren. Ein
Initiationsritual oder ein Opfer, oder einfach eine Sache des Rangs?
Plötzlich schien das ziemlich wichtig zu sein.
    »Sie sind an vier oder fünf Stellen«, sagte
Redd.
    »Sechs«, sagte Lee. Sein optisches System hatte die
Flugbahn eines jeden Steins zurückverfolgt.
    »Wir könnten sie jagen«, schlug Redd vor.
    »Du nimmst die rechte Seite«, sagte Vette und stand auf,
wobei sie drohend ihre Harpune schwang. Sie trat zur einen Seite und
zur anderen, als die Steine aus dem Schatten heransegelten. Sie waren
ziemlich gut gegen die glänzende Straße sichtbar. Dann
rannte sie los, und Redd folgte.
    Chen Yao sagte: »Wir sollten weitergehen.«
    »Wir werden auf unsere Freunde warten.«
    »Das ist nicht nötig. Sie werden uns einholen.«
    »Wir können warten, Yao.«
    »Ich glaube wirklich, du würdest die ganze Welt zum
Wohle einer Person riskieren.«
    »Sie wäre es nicht wert, gerettet zu werden, wenn ich es
auf irgendeine andere Weise tun müßte.«
    »Ich habe dich gehört. Mit der Frau.«
    »Bist du eifersüchtig, Chen Yao?«
    »Sei nicht blöd. Hör mal!«
    Vette und Redd kamen eilig zurück, wobei sie einem Hagel von
Steinen auswichen. »Ich habe einen erwischt«, sagte Redd.
»Aber der kleine Arsch hat mich gebissen. Schmerzt
höllisch. Meinst du, ihr Biß könnte giftig
sein?«
    Steine klapperten und prallten von der Straße ab. Lee sah
die Hitzegestalten der Werfer auf der anderen Seite. Es sah aus, als
tanzten sie.
    »Auf«, sagte Chen Yao.
    Aber die Steinewerfer hielten mit ihnen Schritt. Eine Gruppe eilte
vor, warf Steine und fiel zurück, wenn ihnen Vette drohend die
Harpune entgegenschwang. Zunächst stieß sie drohende Rufe
aus, rollte wütend die Augen und schlug Kapriolen wie ein
gereizter Affe. Aber sie wurde dessen bald müde, und ihre Gesten
wurden stilisiert, Scheindrohungen. Redd schlug vor, daß sie
ihre Maske anlegen sollte, aber Vette, die nicht verstand, daß
diese für andere erschreckend war, sagte: »Kein Staub
hier.«
    Nachdem dies mehrere Stunden so weitergegangen war, sagte Chen
Yao, daß sie vielleicht auf irgend etwas zugetrieben
würden, eine Falle oder einen Hinterhalt.
    »Wäre bereits geschehen«, sagte Vette. Sowohl sie
als auch Redd waren jetzt müde. Lees Viren säuberten
Müdigkeitsgifte aus seinen Muskeln und legten den

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