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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Bewässerungssystem war schon längst
zerbrochen und trocken, und es war nichts weiter übrig als
ausgebleichte Maisstengel, die unter ihren Füßen zu Staub
zerbrachen.
    Die Häuser der kleinen Stadt waren an der Straße
entlang hangaufwärts aufgereiht. Sie waren niedrig und klein,
errichtet aus weißgetünchtem, behauenem Tuff unter
Ziegeldächern. Aus den mit Rolläden verschlossenen
Häusern der Stadt ertönte kein Laut, keine Spur von Rauch
war zu sehen oder das Summen von Maschinen zu hören. Jene, die
den Feldern am nächsten lagen, waren zu Ruinen zerfallen. Bei
den meisten dahinter waren Türen und Fenster mit roh
gemörtelten Steinen zugemauert. Dennoch gingen Lee, Vette und
Redd die Straße hinauf und schrien sich heiser, ehe Chen Yao
vorschlug, daß sie in eines einbrechen sollten. Lee hatte seine
Fallen zurückgelassen, und sie waren allesamt hungrig: und
Nahrung würde sich in der trockenen kalten Bergluft lange
halten.
    Sie befanden sich in der Nähe des obersten Teils der Stadt,
wo sich die Häuser um einen gepflasterten Platz drängten.
Von einem Luftdestillierer tropfte noch immer Wasser aus seinen
wenigen unbeschädigten Flügeln in einen halbleeren Teich,
der grün vor Schlick war.
    »Spiro!« sagte Vette, ging am Teichrand in die Hocke und
schaufelte eine tröpfelnde doppelte Handvoll der blaugrünen
klebrigen Masse in den Mund. Sie kaute schmatzend und sagte:
»Gut. Ihr versucht es. Unsere Winterrationen.« Sie leckte
sich klebrige Stränge von den Fingern. »Vorfahren essen es,
auf Eilanden, die sie herbringen. Wirklich, ist gut. Hohes Protein,
äußerst wissenschaftlich.«
    Es war nicht ganz so gut, entdeckte Lee, und Redd meinte,
daß es auf gastronomischer Ebene nur wenig höher läge
als der Verzehr von Yakdung. Aber sie waren allesamt hungrig genug,
um ihren Anteil der bitteren, glitschigen Stränge zu essen,
selbst die wählerische Chen Yao.
    Anschließend legte Lee die Schulter an die Tür eines
der Häuser und war überrascht, als sie leicht nachgab. Chen
Yao schlüpfte hinter ihm herein und wies auf die vielen
Fußabdrücke in dem Staub hin, der sich auf den
verrottenden Teppichen abgesetzt hatte, und legte den Finger an die
Lippen. Zwei rechteckige Zimmer, erhellt von Lichtklingen, die sich
durch die geschlossenen Läden drückten. Die Möbel
waren umgestürzt und zerschlagen. Ein Halblebender-Kokon in der
Mitte des zweiten Zimmers, Knochen im Innern, Knochen über den
Fußboden verstreut: zerbrochen, angenagt. Lee sah die
Zahnabdrücke und zeigte sie Chen Yao, und ihr entsetzter Blick
spiegelte den seinen wider.
    Sie flohen in das saubere, waagrecht einfallende Sonnenlicht und
erzählten Redd und Vette, was sie gesehen hatten, und sie
rannten allesamt von dem heimgesuchten Ort weg, die gewundenen
Straßen der Stadt hinab.
    Und sahen am Ende der Straße, was auf sie zukam, weit unten
an dem sanften Hang, bereits auf halben Weg zwischen der Linie des
Waldrands und dem Anfang der verlassenen Felder der Stadt. Und es
wurde zahlreicher beim Näherkommen, klein wie Fliegen,
fünfzig, achtzig, einhundert von ihnen, in einer langen Reihe,
die auf die Ruinenstadt zukletterten.
    Chen Yao wollte loslaufen, doch Lee sprach sich dagegen aus.
»Sie werden uns mürbe machen, und abgesehen davon ist das
ihr Territorium.«
    »Nun, gegen so viele können wir nicht kämpfen. Und
überhaupt, der einzige Weg ist aufwärts.«
    »Ich weiß nicht mal, ob ich einen töten
könnte«, sagte Redd. »Es sind
bloß…«
    »Sie sind weniger als das«, erwiderte Chen Yao.
»Sie sind lediglich intelligente Tiere, ohne eine
Gesellschaftsform, die über Rudel hinausgeht.«
    »Treiben uns hierher«, sagte Vette. »Ich töte,
wenn nötig.« Sie lehnte sich auf ihre Harpune, deren Ende
sich in steinigen Staub grub. Mit einer Hand beschattete sie sich die
Augen, als sie den Hügel hinabstarrte.
    »Ja«, sagte Redd, »aber es sind so viele von
ihnen…«
    Die zerrissene Linie bewegte sich stetig aufwärts. Lee konnte
einzelne Individuen heranzoomen. Viele hatten ihre nackten
Körper mit ockerfarbenem Schlamm beschmiert; einige hatten ihre
Zähne spitz zugefeilt. Er sagte: »Ich glaube nicht,
daß sie nach Plan vorgehen.«
    Chen Yao entgegnete: »Was immer wir auch tun, wir können
nicht hier herumstehen und sie erwarten. Gehen wir
höher!«
    Sie drehten sich um und stiegen rasch die Straße hinauf, an
dem Teich und dem zerstörten Grabmal des Hauses vorüber.
Hohe Felsspitzen ragten über ihnen steif gegen den Hang

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