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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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langsam
dahinsterbenden Archengemeinschaften. Der Nexus war ihre letzte,
größte Hoffnung.
    Miriam brauchte lange Zeit, dies Lee zu erklären. Die meisten
der von ihr benutzten Ausdrücke konnten nicht direkt in die
Umgangssprache übersetzt werden. Dennoch war Lee fasziniert. Es
war eine Welt – waren Welten –, deren Existenz er nicht
einmal geahnt hatte, ein riesiges Territorium an Möglichkeiten.
Der Himmel, der so leer erschien, abgesehen von einigen
felsgebundenen Barbaren, summte und blühte vor Handel und
Information. Was er wissen wollte, war, wie Miriams Handel den
Menschen des Mars helfen könnte.
    Miriam machte eine kleine Bewegung, die ein schwaches Achselzucken
sein mochte. Sie saß da und hatte die Schultern gegen eine
weiche Lage Hyphen gedrückt. Schweiß rann ihr übers
Gesicht, stand in Perlen auf dem V zwischen ihren kleinen
Brüsten, die von der offenen Schließe ihres Hemds zur
Schau gestellt wurden. Lee mußte einfach hinstarren, obgleich
er wußte, daß sie es wahrnahm.
    Sie sagte: »Dein Urgroßvater ist wie die übrigen
der Zehntausend Jahre. Alle wollen sie Macht, und alle wollen sie
ewig leben. Dein eigener Konsens…«
    »Der Kaiser.«
    »Wie auch immer er sich nennt. Er ist isoliert worden. Wir
wissen als Tatsache, daß Teile von ihm so alt sind wie das
originale Terraform-Programm. Wir haben den Verdacht, daß ihm
das gleiche zugestoßen ist wie der Erde. Er sieht nur noch in
sich hinein. Er benutzt zu viele Träumer innerhalb seines
Systems. Agenten des irdischen Konsens – die Conchies –
sind hier, um das zu unterstützen.«
    Lee dachte an die Halblebenden von Bitterwasser.
    Reihen um Reihen von Kokonen in den blutwarmen, infrarot
erleuchtenden Hallen, die verdrahtete intubierte Körper
enthielten. Er sagte: »Mars stirbt. Menschen entfliehen dem Tod
in die perfekte Illusion des Himmels.«
    »Ja, aber da ist auch diese Welt. Sie ist wenigstens so real
wie die gemeinsamen Träume im Informationsraum.«
    »Das glaube ich auch.«
    »Ebenso wie deine Zehntausend Jahre.«
    Sie lächelten einander in dem kalten grünen Licht der
Flechtenkammer an.
    Miriam sagte: »Dung, du und ich, wir werden gut miteinander
zurechtkommen.«
    »Dung?«
    »Ist das falsch? Mein Übersetzungsprogramm hat mich
keine Flüche gelehrt.«
    Also tat es Lee, um die lange Nacht hinter sich zu bringen und um
sich von Miriams Körper abzulenken, ihrer Nähe. Sie mochte
doppelt so alt sein wie sein im Sterben liegender Urgroßvater,
aber ihr Körper war geschmeidig und lieblich, und sein eigener
Körper reagierte auf ihre Nähe. Sie bemerkte es und sagte
ihm, er solle schon machen und masturbieren, falls er es nötig
hätte, es würde ihr nichts ausmachen. »Es gab eine
Zeit, da hätte ich dir heraushelfen können, aber im
Augenblick kann ich meinen Reflexen nicht trauen. Ich habe auch einen
Nervenschaden.«
    Lee errötete, lächelte wütend vor Verlegenheit, und
sie sagte: »Tut mir leid. Es ist vielleicht der
Kulturschock.«
    Soviel über Liebesabenteuer. Aber ein Band war zwischen ihnen
gewachsen, dachte Lee. Er überlegte allmählich eine
Möglichkeit, sie zu retten: er hatte ihr einmal das Leben
gerettet, soviel hatte sie zugestanden, und jetzt konnte er sie nicht
sterben lassen.
    Später, während Miriam Makepeace Mbele schlief,
maß Lee die Stärke des Sturms, indem er dem ›King of
the Cats‹ zuhörte. Zu Zeiten kam der King so süß
und stark herein, daß Lee dachte, der Sturm ließe mit
Sicherheit nach, dann jedoch wurde das statische Rauschen
stärker, und der King und seine Musik zogen sich in große
Entfernung zurück, weggetragen auf den Flügeln des
Sturms.
    Miriam erwachte und fragte ihn, was er höre, und als er es
ihr sagte, meinte sie: »Natürlich. Es ist gut, daß du
ihn magst, Wei Lee. Sie haben gesagt, du tätest es.«
    »Wer hat dir das gesagt? Mein Urgroßvater?«
    »Wirst du sehen, wenn alles gut ausgeht. Ich habe den King
einmal gesehen, weißt du. Ich habe es sechshundert Jahre lang
vergessen, aber alle Dinge sind aufgerüttelt worden, und jetzt
erinnere ich mich. Ist das nicht seltsam?«
    Lee fragte: »Du kannst dich an das Leben deines Vorfahren
erinnern?«
    »An Teile davon. Das tun wir alle – schließlich
sind wir alle unsere eigenen Vorfahren, und abgesehen davon ist dies
ein Teil der Persönlichkeitsfixierung, die wir erhalten. Meine
Eltern haben mich nach Las Vegas mitgenommen, als ich sechzehn war.
Es war ein Ort, wo man zum Glücksspiel hingefahren ist.
Muß ich das

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