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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Kamerad, und er war im
Yankee-Viertel die ideale Begleitung.
    Redd betrachtete mit Vergnügen das Ende seiner Zigarre.
»Was ich dir anbiete, ist Rat, Billy Lee. Mehr als Rat, wenn du
es möchtest. Und ob du ihn willst oder nicht, du brauchst
ihn.«
    »Aha«, sagte Lee, obgleich er nichts verstand.
    »Du trägst etwas Wertvolles bei dir. Du hast mir nicht
gesagt, was es ist, und das ist gut so, das geht nur dich was an.
Aber ich weiß, daß dein Urgroßvater es haben will,
und ich wette, ebenso der Rest der Zehntausend Jahre. Sie wissen
jetzt, daß du mit der Anarchistin entkommen bist, und sie
mögen sich jetzt gedacht haben, daß du noch immer am Leben
sein könntest. Selbst wenn du es nicht wärst, würden
sie nach dir Ausschau halten. Sie mögen dich sogar geortet
haben. Und je näher du deinem Urgroßvater kommst, desto
näher kommst du der Entdeckung. Je daran gedacht, was dir
zustieße, falls das geschähe? Ich schätze schon. Im
Kleinen habe ich mal für einen der Zehntausend Jahre
gearbeitet.« Redd blickte zur Seite, um Lees Reaktion
abzuschätzen. »Keine Sorge, Billy Lee, wenn ich dich
hätte verraten wollen, hätte ich das vor langer Zeit
getan.«
    »Es hat mich nur an was erinnert, das Falke gesagt
hat.«
    »Einige von diesen Lagerfeuer-Erzählungen kommen der
Wahrheit ein wenig näher«, sagte Redd leise.
    Lee wartete, wie er früher auf das Phantombild seines
Urgroßvaters gewartet hatte. Redd sagte: »Damals habe ich
eines gelernt. Nämlich, daß die Zehntausend Jahre nicht
menschlich sind. Wenn du mit deinem Urgroßvater reden willst,
kannst du nicht einfach zu seiner Tür gehen. Ich habe dir das
Leben gerettet, Billy Lee. Eines der Dinge, die du in deinem Kopf
festhalten mußt. Du schuldest mir eines, und ich bitte nichts
weiter als um das, was dir weiterhelfen würde.«
    Lee lachte, weil Redds grober Versuch, eine Gesichtsfalle zu
errichten, lediglich dazu gedient hatte, ihn zu befreien. Er
schuldete Redd nur deswegen etwas, weil Redd ihm etwas schuldete:
Redd hatte Lee das Leben gerettet und war also verpflichtet, ihn zu
schützen, ebenso, wie Lee Miriam Makepeace Mbele geschützt
hatte, oder zu schützen versucht hatte. Aber Redd hatte
zugegeben, daß die Verpflichtung beendet war, und jetzt
wußte Lee, wie sehr er sich seit dem Morgen verändert
hatte, da er sich mit Guoquiang und Xiao Bing am ersten ruhigen
Frühlingstag auf den Weg gemacht hatte. In ihm war eine neue
Härte, etwas wie der kalte Eigennutz der Yankees, die alle
Inseln waren, sogar unter sich selbst.
    Vorsichtig sagte Lee: »Ich werde keine deiner
Freundlichkeiten je vergessen, Bürger Redd, und insbesondere
nicht deinen Rat.«
    Redd quetschte seinen Zigarrenstummel auf einer feuchten Kachel
aus und hievte sich aus dem Wasser. »Hier besteht ein kleines
Mißverständnis«, sagte er. »Darüber, was du
tun wirst. Es ist Zeit, einige Leute zu treffen, die ich kenne. Wenn
du was hast, das du deinem Urgroßvater oder jemand anderem der
Zehntausend Jahre verkaufen willst, werden diese Leute es ebenso
dringlich haben wollen. Ich helfe dir dabei, es ihnen zu verkaufen
– natürlich gegen eine Provision.«
    »Es ist gut von dir, das Angebot zu machen, Bürger Redd,
aber ich brauche keine Hilfe.«
    »Wiederum, es ist kein Angebot.« Redds Finger schlossen
sich um Lees Unterarm. »Komm schon, jetzt. Ziehen wir uns doch
an. Und keine Sorge. Dies mag ein Geschäft sein, aber ich mag
dich noch immer.«
    Redd hielt Lee weiterhin am Arm, als sie das ruhige Vorzimmer
durchquerten und sich durch die herabhängenden Plastikstreifen
in die lärmende, verrauchte Bar schoben. Auf halben Weg
schloß sich Redds Griff fester, und er sagte: »Ich
schätze, wir sind in Schwierigkeiten.«
    Ein Mann trat aus den Schatten bei der Treppe und kam zwischen den
bevölkerten Tischen auf sie zu. Es war Weißauge. Er
lächelte verzerrt und sagte: »Du bist so vorhersagbar,
Freund Redd«, und legte Lee eine Hand auf die Schulter.
    Zwei Männer, die sich an der Treppe herumgelümmelt
hatten, setzten sich über die Bar in Bewegung. Beide hatten sie
einen Bürstenschnitt, und beide trugen weiße
kurzärmelige Hemden, gebauschte Hosen roter und grauer
Tarnfarbe, schwere Kampfstiefel.
    »Du Arschloch!« rief Redd und schob Weißauge
beiseite.
    Dann liefen die beiden Milizen los, warfen Tische um und
verschütteten Drinks in die Schöße der Kartenspieler.
Weißauge schwang sich zu Redd herum, plötzlich ein Messer
in der Hand. Redd tänzelte zurück, trat Weißauge

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