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Roter Zar

Roter Zar

Titel: Roter Zar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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geschworen, dass ich irgendwann das Haus kaufen würde. Aber dann war das Haus natürlich nicht mehr zu verkaufen. Es hätte ja sowieso keiner mehr gewollt, nach allem, was hier drin geschehen ist.«
    »Ihr Haus scheint doch groß genug zu sein«, sagte Pekkala.
    »O ja!«, antwortete Majakowski. »Ich könnte jeden Tag in der Woche in einem anderen Zimmer schlafen. Aber es ist eben nicht dieses Haus.« Er patschte auf den Stein, auf dem er saß. »Nicht das, was mir mal gehören sollte.«
    »Dann scheint ihr einziger Antrieb die Gier zu sein«, sagte Pekkala.
    »Meinen Sie, ich wäre glücklicher, wenn ich das Ipatjew-Haus gekauft hätte?«
    »Nein«, erwiderte Pekkala. »Die Habgier gibt keine Ruhe, bis sie befriedigt ist. Nur ist sie leider nie befriedigt.«
    Majakowski nickte. »Genau.«
    Pekkala sah von seinem Rasierspiegel auf. »Gut, Majakowski, worauf wollen Sie hinaus?«
    »Da mir dieses Haus nicht gehört«, erklärte Majakowski, »träume ich immer noch davon, es irgendwann einmal zu kaufen. Mir ist klargeworden, dass der Traum, es zu besitzen, mir kostbarer geworden ist als das Haus selbst. Ich habe es mir wirklich auszureden versucht, denn wie kann man sich eingestehen, dass man sein Leben lang mit der Suche nach etwas verbracht hat, das man eigentlich nicht will?«
    Langsam ließ Pekkala das Rasiermesser sinken. »Man kann es sich nur eingestehen, wenn man sich der Wahrheit stellt.«
    »Ja«, sagte Majakowski, »wenn man – wie bei Ockhams Rasiermesser – versteht, worauf die Tatsachen verweisen.«
    »Sie tun mir leid, Majakowski.«
    »Sparen Sie sich Ihr Mitleid für sich selbst auf, Inspektor.« Majakowskis gezwungenes Lächeln flackerte mehrere Male schnell hintereinander auf und erlosch wieder. »Sie scheinen mir auch auf der Suche nach etwas zu sein, was Sie eigentlich nicht wollen.«
    »Und was suche ich Ihrer Meinung nach?«, fragte Pekkala.
    »Das Zarengold!«, kam es verächtlich von Majakowski. Bislang hatte der Alte seine Worte und seinen Ton mit Bedacht gewählt, jetzt klang er verbittert und anklagend.
    »Was wissen Sie darüber?« Pekkala säuberte die Klinge an dem Küchentuch, das er sich über das Knie gelegt hatte.
    »Ich weiß, der Zar hat es so gut versteckt, dass es keiner finden kann. Nicht dass es niemand versucht hätte. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Der Wagenschuppen im Hof hier war voller Koffer und Truhen, die haben die Romanows mitgebracht. Wunderschöne Truhen. Mit Holzleisten und Messingbeschlägen, und alle waren mit einer Nummer und einem Namen versehen. Die Milizionäre, na ja, haben sie durchsucht und ein paar Sachen gestohlen. Aber sie haben ja nicht gewusst, wonach sie suchen sollen – sie haben nur einen Haufen Bücher und hübsche Kleider gefunden. Die Tschekisten müssen sich gedacht haben, wenn schon keine Wertsachen in den Truhen sind, dann vielleicht der eine oder andere Hinweis, wo man sonst zu suchen hat. Nacht für Nacht haben sich die Tscheka-Wachen in den Hof geschlichen und die Truhen durchwühlt, aber sie haben nie was gefunden.«
    »Was veranlasst Sie zu dieser Annahme, Majakowski?«
    »Na, Inspektor, wenn man etwas gefunden hätte, dann würde man Sie jetzt doch nicht brauchen. Warum hätte man Sie sonst am Leben lassen sollen?«
    »Majakowski«, sagte Pekkala, »ich bin hier, um in der Frage zu ermitteln, ob auch wirklich alle Romanows hingerichtet wurden.«
    Majakowski nickte spöttisch. »Mehr als ein Jahrzehnt nach ihrem Verschwinden. Mahlen die Räder der Bürokratie in Moskau wirklich so langsam? Die Romanows sind nicht mehr als eine Fußnote in der Geschichte. Ob sie tot sind oder am Leben, spielt doch überhaupt keine Rolle mehr.«
    »Für mich spielt es eine Rolle.«
    »Weil Sie ebenfalls eine Fußnote in der Geschichte sind … ein Gespenst, das andere Gespenster sucht.«
    »Ich bin vielleicht ein Gespenst«, sagte Pekkala, »aber ich suche nicht nach dem Zarengold.«
    »Dann ist Ihr Smaragdauge blind, Inspektor, denn Sie werden von jemandem benutzt, der durchaus auf der Suche nach dem Gold ist. Sie haben es selbst gesagt, Habgier lässt sich niemals befriedigen. Der Unterschied zwischen uns beiden ist, Inspektor, dass ich mich den Tatsachen gestellt habe. Sie nicht.«
    »Das überlassen Sie ruhig mal mir, Majakowski.«
    Beide Männer erhoben sich gleichzeitig, als gehorchten sie einem unsichtbaren Signal.
    »Katamidse ist tot«, sagte Pekkala. »Ich dachte, das sollten Sie wissen.«
    Majakowski nickte. »In Wodowenko hält

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