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Roter Zar

Roter Zar

Titel: Roter Zar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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ihn gefunden?«, fragte Pekkala.
    »In seiner Zelle«, antwortete der Aufseher.
    Pekkala wies mit einem Kopfnicken zur Tür. »Zeigen Sie sie mir«, sagte er.
    Die drei Männer machten sich auf den Weg zu Katamidses Zelle.
    »Wo in der Anstalt wird Lauge verwendet?«, fragte Pekkala.
    »Manchmal in den Gärten.« Der Aufseher hatte Mühe, Pekkalas eiligen Schritten zu folgen. »Damit reinigen wir zweimal im Jahr die Abflussrinnen.«
    »War er schon tot, als Sie ihn gefunden haben?«
    »Fast. Ich meine, er ist gestorben, bevor wir ihn überhaupt aufschließen konnten.«
    »Hat er noch irgendwas gesagt?«
    »Nein. Ich meine …«
    »Was meinen Sie?«
    Der Aufseher war offenkundig nervös. »Um Himmels willen, er war doch von innen heraus völlig verätzt. Er war schon so hinüber, dass wir nicht mehr verstehen konnten, was er sagen wollte. Hier, da sind wir.«
    Ein Pfleger war gerade dabei, den Raum zu wischen. In der Luft lag der Geruch von Putzmittel, vermischt mit dem säuerlichen Gestank von Erbrochenem und stechendem Laugengeruch. Es gab keine Fenster, nur eine an die Wand geklappte Metallpritsche. Vor der Pritsche hing eine an der Wand befestigte Kette, an ihr baumelten eiserne Handschellen.
    Pekkala hob die Kette an und ließ sie fallen. Die Metallglieder schlugen gegen die Wand. »Damit war er gefesselt?«
    Anton rang hörbar nach Luft, bevor er abrupt die Zelle verließ. Seine Schritte verhallten im Gang.
    Der Aufseher sah ihm hinterher. »Manche halten es hier nicht aus«, sagte er.
    Kirow spähte Pekkala über die Schulter.
    »Alle Insassen werden an die Pritschen gefesselt, wenn die Lichter aus sind«, fuhr der Aufseher fort. »Tagsüber werden die Betten hochgeklappt und die Fesseln gelöst.«
    »Und was machen die Gefangenen dann?«
    Der Pfleger wischte weiter den Boden, als wären die beiden Männer gar nicht anwesend.
    »Jeder darf am Tag für eine Viertelstunde raus. Die übrige Zeit sitzen sie auf dem Boden oder gehen in der Zelle auf und ab.«
    »Sie meinen also, er hat die Lauge getrunken, bevor Sie ihn für die Nacht angekettet haben?«
    Der Aufseher nickte. »Ja. Das ist die einzige Möglichkeit.«
    Pekkala schob sich nah ans Gesicht des Aufseher. »Sie wissen verdammt genau, dass es kein Selbstmord war.«
    Der Wischmopp des Pflegers kam zum Stillstand. Seifenwasser sickerte aus den grauen, in sich verdrehten Fransen und ergoss sich über den Boden.
    »Raus«, sagte der Aufseher zu ihm.
    Der Pfleger ließ den Wischmopp fallen und eilte hinaus.
    »Jemand hat Katamidse am Hals festgehalten«, sagte Pekkala.
    »Er hat sich selbst gekratzt. Katamidse hat den Verstand verloren.«
    »Es gibt noch andere Spuren. Druckstellen. Jemand hat ihm die Kehle zugedrückt. Und seine Speiseröhre ist verletzt.«
    »Die Lauge …«
    »Etwas wurde ihm in den Hals gesteckt, wahrscheinlich ein Trichter. Dann erst ist ihm die Lauge eingeflößt worden.«
    Dem Aufseher stand mittlerweile der Schweiß auf der Stirn. Er sah zu Boden. »Hören Sie, Inspektor, letztlich spielt es doch keine Rolle, ob er umgebracht wurde oder sich selbst umgebracht hat, oder?«
    »Natürlich spielt es eine Rolle!«, schrie Pekkala.
    »Ich meine«, erklärte der Aufseher, »wir sind hier in einem Irrenhaus. Es kommt ständig zu Streitereien, es gibt Fehden, die ebenso schnell vorbei sind, wie sie begonnen haben. Diese Menschen sind aus der Gesellschaft entfernt worden, damit sie keine Gefahr mehr für andere sind. Aber das heißt noch lange nicht, dass sie nicht für sich selbst eine Gefahr darstellen. Wir können nicht viel dagegen tun.«
    »Warum haben Sie mir einreden wollen, es wäre Selbstmord gewesen?«
    »Selbstmord«, sagte der Aufseher und hob achselzuckend die Arme, »erfordert eben nur eine interne Untersuchung. Bei einem Mord aber gibt es richtige Ermittlungen. Sie wissen, was das heißt, Inspektor. Männer, unschuldige Männer, die nur ihrer weiß Gott schwierigen Arbeit nachgehen, werden plötzlich als Verbrecher angeklagt. Wenn es irgendwie möglich wäre, alles unter Verschluss …«
    »Weiß man, ob jemand ins Gebäude eingedrungen ist?«
    »Unsere Sicherheitsvorkehrungen sind darauf ausgelegt, die Insassen am Ausbrechen zu hindern.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass hier jeder reinspazieren und Zugang zu den Insassen haben kann?«
    »Er muss erst an mir vorbei«, erwiderte der Aufseher, »oder an dem jeweils Diensthabenden.«
    »Und es ist immer jemand da, der am Eingang aufpasst?«
    »Offiziell ja.«
    »Was soll das

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