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Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Titel: Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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und braune Cordhosen von tadellosem Schnitt. Strahlend lächelnd schritt er auf den Koch zu und ergriff energisch dessen rechte Hand. Wie schon bei ihrer letzten Begegnung umfasste er dabei gleichzeitig mit der Linken Kieffers Unterarm und zog ihn zu sich heran, wie ein Fischer, der seinen Fang einholt. Der Luxemburger konnte Allégrets frisch aufgetragenes Eau de Toilette riechen.
    »Xavier, schön Sie zu sehen. Ich hoffe, Sie haben Hunger mitgebracht?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr der Bürgermeister fort. »Ich nämlich sterbe vor Hunger. Ich bin seit halb fünf da draußen, diese Muttersau hat uns zu schaffen gemacht, ein riesiges Biest. Und Sie wissen ja: Die frische Luft macht Appetit.« Er deutete auf einen der Stühle und fügte in beiläufigem Tonfall hinzu: »Und das Töten auch.«
    Sie saßen kaum, als der Kellner auch schon den ersten Gang brachte: ganz frische Austern, Fines de Claire aus Marennes, wie Allégret ihm erklärte. »Die besten, die man kriegen kann, ein Fahrer hat sie für uns vorhin direkt vom Rungis geholt.« Der Bürgermeister schloss die Augen und schlürfte eine Auster. Dann sagte er unvermittelt: »Sie glauben nicht, dass Mifune einen Unfall hatte.«
    »Nach dem, was mein Freund Toro Hashimoto, ein Pariser Sushikoch, mir erzählt hat, mutet die offizielle Version etwas unwahrscheinlich an, ja.«
    Allégret nickte. »Jemand muss die Wahrheit herausfinden.« Er lächelte, zeigte seine makellosen Porzellanzähne. Doch das Lächeln spielte sich nur um seine Mundwinkel herum ab. Die Augen des Bürgermeisters blieben unbeteiligt, und als er Kieffer anschaute, war sein Blick kühl. »Jemand wie Sie.«
    Kieffer wartete, bis der Kellner die Austern abgeräumt und den zweiten Gang serviert hatte. Es gab Foie gras von der Gans, dazu knusprig geröstete Brioches und einen fast likörartigen Sauternes. Der Koch probierte von der Stopfleber. Sie war von perfekter, buttrig-sahniger Konsistenz. »Das ist vielleicht die beste Foie gras, die ich je gegessen habe.«
    Der Bürgermeister nahm das Kompliment mit einem freundlichen Nicken entgegen. »Ich freue mich, dass sie Ihnen mundet. Sie ist von Duperier, sieben Goldmedaillen in Folge. Schrecklich teuer, aber ich könnte keine andere mehr essen. Da gibt es kein Zurück.«
    Der Koch nippte an dem süßen Wein. »Ich freue mich über das Vertrauen, das Sie in mich setzen, Monsieur Allégret, aber …«
    »François. Nie Allégret.« Erneut lächelte er dieses Lächeln, das sich nur in der unteren Hälfte seines Gesichts abzuspielen schien. »Nie Herr Bürgermeister. Niemals.«
    »François. Aber ich denke, dass die französische Kriminalpolizei angesichts der Tragweite des Falls doch sicherlich bald etwas zutage fördern wird.«
    Allégret strich Gänsestopfleber auf eine Scheibe Brioche und kleckste etwas gebuttertes Apfelkompott darauf. »Natürlich werden sie etwas zutage fördern. DieFrage ist aber: Was? Und wann? Die Police Judiciaire wird alles durchleuchten, und sie wird es sehr gründlich tun. Man ist dort an dem Fall sehr interessiert, ganz außerordentlich sogar.« Er blickte auf. Etwas war mit Allégrets Augen, etwas, das Kieffer schon bei ihrem letzten Treffen irritiert hatte, ohne dass er hätte sagen können, was es war. Nun fiel ihm auf, dass der Bürgermeister verschiedenfarbige Augen hatte. Eines war wasserblau, das andere tiefbraun. »Mögen Sie Kapaun, Xavier?«
    Die abrupten Themenwechsel begannen Kieffer etwas zu verwirren. Doch er beschloss, weiter mitzuspielen. »Ich habe schon länger keinen mehr gegessen. Wenn er gut zubereitet ist, sicher.« Kieffer war, was sein Essen anging, zwar sehr wählerisch, aber nicht unbedingt zimperlich. Er aß Schnecken und Stopfleber ebenso wie Tête de veau oder Schafshirn, also all die Dinge, die viele Menschen heutzutage ablehnten. Kapaun gehörte ebenfalls zu den Speisen, die einigen degoutant erschienen, sobald sie verstanden, dass es sich hierbei um einen Hahn handelte, der durch Kastration zum Eunuchen gemacht worden war und sich deshalb aufblähte, Fett ansetzte und daher besonders viel saftiges weißes Fleisch lieferte. Seltsamerweise waren das meistens die gleichen Leute, die ohne Zögern Billigbroiler und Chicken McNuggets aßen.
    »Dann bin ich beruhigt, es gibt einige dieser vermeintlichen Tierliebhaber, vor allem in Deutschland, die halten Kapaun für eine Barbarei.« François Allégret lachte. »Diese Barbaren!«
    Kieffer hätte sich jetzt gerne eine Ducal angezündet, sah aber

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