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Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Titel: Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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vollständig in die kleine Wanne mit der Kabayaki-Sauce. Dann nahm er die Aale wieder heraus, ließ sie abtropfen und beförderte das Gitter erneut auf den Grill. Es zischte vernehmlich, kleine Rauchfahnen zogen an Kieffer vorbei. »Richtiger Flussaal ist das. Ich habe ihn auf die Arbeitsplatte genagelt und dann lebend filetiert. Die meisten Sushiköche nehmen nur noch eingeschweißten Aal aus der Packung. Kommt aus China, die Filets sind schon mariniert und in Natriumglutamat ertränkt. Musst du nur noch auf den Grill schmeißen. Aber das hier«, er hielt Kieffer das öltriefende Gitter unter die Nase, »das hier ist honto na tabemono, ehrliches Essen.«
    »Sieht gut aus. Aber du wolltest mir noch erzählen, was es mit dem Maguro auf sich hat.« Blauflossenthun, das wusste der Luxemburger, war die größte Thunfischspezies, die es gab. Die Fische konnten über drei Meter lang werden, besaßen tiefrotes Fleisch und galten vor allem in Sushirestaurants als unverzichtbare Delikatesse. »Er ist ziemlich überfischt, oder?«
    »Das ist eine Untertreibung. Es ist fast nichts mehr da. Früher war das Mittelmeer voll von dem Scheiß, der Pazifik sowieso. Aber seit die Leute so versessen auf Maguro sind, geht es ihm an den Kragen. Die Preise gehendurch die Decke, hast du nicht von dieser Auktion neulich auf dem Tsukiji-Fischmarkt in Tokio gehört?«
    Kieffer bemerkte, dass sich seine Magengegend seltsam wattig anfühlte. »Ähm, nein?«
    »Da ist ein 360-Kilo-Fisch für über drei Millionen Yen weggegangen.«
    »Wie viel in Euro?«
    »Fast 300000.«
    »Für einen einzigen Fisch?«
    »Ja, für einen Fisch. Das ist ein sehr hoher Preis, aber 100000 Euro für einen Bluefin sind inzwischen Standard. Es ist einfach nichts mehr da, aber vor allem wir Japaner sind eben unersättlich. Wenn die spanischen oder italienischen Fischer mit ihrem Thun in den Hafen kommen, stehen schon die Typen von den nakaoroshi gyoosha, den japanischen Fisch-Handelshäusern. Die kaufen den Maguro vom Fleck weg. Dann wird er in flüssigem Stickstoff schockgefroren und in den nächsten Flieger nach Narita geladen. Nicht einmal 24 Stunden später kommt er in Tsukiji unter den Hammer.« Hashimoto schnaufte ärgerlich. »Verdammte Umweltsauerei, das. Aber ich rede zu viel. Der Aal ist fertig.«
    Der Japaner zog die angekohlten Holzstäbchen aus den Filets und hievte Kieffer mehrere von Kabayaki-Sauce triefende Fischstücke auf den Teller. Der Luxemburger probierte vorsichtig. Der Unagi schmeckte weit weniger ölig, als er befürchtet hatte, der Großteil des Fetts war offenbar in die Glut getropft. Das weiche Fleisch war von der süßlich-karamelligen Sauce durchdrungen. Er spülte mit etwas Bier nach und nahm sich dann eine Avocadohälfte. »Köstlich, Toro. Ich glaube, dein neues Restaurant wird ein Renner. Weißt du schon, wie es heißen soll?«

    Hashimoto grinste. »Hai! Ist allerdings noch nicht spruchreif. Aber du bist der Erste, der es erfährt. Willst du noch Aal?«
    »Gerne. Zwei Filets, mit viel von der Tunke. Aber jetzt nochmals zu dem Thun. Ich entnehme deinen Worten, dass du Skrupel hast? Der Bluefin steht doch nicht auf der Roten Liste, oder?«
    »Tut er nicht. Was nicht daran liegt, dass es nicht notwendig wäre. Sondern daran, dass man mit Bluefin so scheißviel Geld verdienen kann. Man sollte das Zeug eigentlich nicht mehr essen und es als Gastronom auch nicht verkaufen – was schwierig ist, weil für den Kunden Sushi gleich Maguro ist. Das ist, wie wenn du zum Franzosen gehst und der sagt: ›Austern und Stopfleber? Führen wir nicht.‹ Aber wenn man es schon anbietet, dann sollte man zumindest genau wissen, wo der Fisch herkommt.«
    »Und das ist bei Prezzemolo nicht der Fall?«
    »Er sagt, sein Bluefin kommt aus dem Mittelmeer. Mehr nicht. Und er liegt mindestens 20 Prozent unter dem üblichen Preis. Also ist das schwarz gefangener Fisch, an den offiziellen Fangquoten vorbei. Oder irgendeine andere Sauerei.«
    »Glaubst du, dass Mifune aus den gleichen Gründen wie du ein Problem mit diesem Thun-Dealer hatte?«
    Der Sushikoch wischte sich mit einer Serviette das mit Kabayaki verschmierte Kinn sauber und lachte freudlos. »Der? Glaube ich nicht. Das war ein Traditionalist, japanischer Koch alten Schlages. Der schert sich nicht um Umweltschutz, solange er Fisch von guter Qualität bekommt. Das ist bei den ganzen Sushistars so. Du kennst doch Nobu, Nobuyuki Matsuhisa?«

    »Den Bocuse des Sushi?«
    »Sozusagen. Nobu verkauft auch alle

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