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Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall

Titel: Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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gerüffelte Gardemanger wollte gerade zu einer Gegenrede ansetzen, als er Kieffer erblickte. Der Mann wandte sich ihm zu und sagte: »Chef, gut dass du kommst. Sie ist wieder mal zu pingelig. Der Laden ist brechend voll und wenn wir uns nicht sputen …«
    Kieffer ließ ihn nicht ausreden. »Wenn ich nicht hier bin, ist Claudine der Boss. Und wenn sie sagt, die Garnitur muss neu gemacht werden, dann muss sie neu gemacht werden. Okay?«

    Der Postenkoch schaute zwischen seinem chef de cuisine und seiner Souschefin hin und her. »Aber …«
    »Okay?«
    Der Mann nickte, nahm die beanstandeten Teller mit und trollte sich. Claudine seufzte. »Danke, Xavier. Wir haben heute viel zu tun, ich habe 20 offene Vorspeisen, bestimmt 30 Hauptgänge und weiß der Himmel, was sonst noch. Außerdem ist Pierre krank, ich muss den Grill mitmachen.«
    Kieffer klopfte ihr auf die Schulter. »Tut mir leid, ich wurde aufgehalten. Soll ich das Piano übernehmen und du machst weiter den Pass? Das geht schneller, als wenn wir erst eine Übergabe machen.«
    Claudine nickte. »Das wäre gut.« Sie schaute auf eine große Tafel neben dem Speiseaufzug. Darauf waren bunte Magneten in einem Gittermuster angeordnet. Jede Farbe bildete eine horizontale Linie. Zuoberst blau für die Vorspeise, darunter grün für Zwischengänge, dann rot für Hauptgerichte und ganz unten gelb fürs Dessert. Die Magneten waren außerdem in der Vertikalen durchnummeriert. Unter den Buttons klebten kleine Bestellzettel. So konnte man jederzeit auf einen Blick sehen, welche Tische welche Menüfolge bekamen.
    »Ich brauche als Erstes zehn Steak Rossini«, rief Claudine in Richtung des Grills, den die Köche scherzhaft als le piano bezeichneten. »Sechs sofort, vier nach 15 Minuten.«
    Kieffer stutzte kurz. Bei dem Gericht handelte es sich um ein Steak, garniert mit gebratener Gänsestopfleber. Das war ein klassisches französisches Brasseriegericht, aber eigentlich nichts, was er normalerweise im Angebot hatte. »Habe ich das auf die Karte genommen?«

    »Nein, Xavier – ich. Ich habe eine kleine Inventur gemacht und dabei ist mir aufgefallen, dass wir im Vorratsraum genug Foie gras haben, um damit d’Stad bis Weihnachten zu versorgen. Ich dachte mir, mit den Rossini werden wir die los.«
    »Gute Idee. Also dann, op an d’Schluecht.«
    Er stellte sich an den Herd und begann, Rindermedaillons und Foie-gras-Scheiben von der Größe eines kleinen Schnitzels anzubraten. Danach setzte er die innen gerade noch blutigen Steaks auf vorgewärmte Teller, auf denen bereits in Butter geröstete Brotscheiben lagen. Kieffer legte die Gänseleber oben auf die Fleischstücke und reichte die Teller an seinen Saucier weiter. Der würde Tournedos und Stopfleber nun mit einer Rotweinsoße überziehen, die kurz zuvor mit kalter Butter aufgeschlagen worden war. Zum Schluss würde der Entremetier schwarze Trüffel darüber hobeln und die Beilage auf die Teller setzen – ausfrittiertes Kartoffelstroh. Für Kalorienzähler und Cholesterinparanoiker war ein Steak Rossini wahrlich nichts. Das Gericht war ein Beispiel für jene Maßlosigkeit und Verschwendungssucht, welche die klassische französische Küche auszeichnete. Kieffer liebte es.
    Als der Ansturm auf die Küche gegen halb elf allmählich abgeebbt war, verließ Kieffer seinen Posten und ging in die Vorratskammer. Dort suchte er nach Foie gras. Claudine hatte recht gehabt. In einem großen Versandkarton befanden sich mindestens 40 weitere Foie gras d’oie entiers, jede um die 1500 Gramm schwer. 60 Kilo Stopfleber, eine beachtliche Menge, und eine beachtliche Investition obendrein. Wer hatte diesen Fettberg bestellt? Der Koch konnte sich beim besten Willen nichtdaran erinnern. Er würde seinen Gästen noch wochenlang Tournedos Rossini auftischen müssen.
    Kieffer kniete sich neben dem Karton nieder und betrachtete den Deckel, auf dem normalerweise eine Kopie der Rechnung in einer Plastikfolie kleben sollte. Doch außer einem Sticker mit der Anschrift seines Lokals und einer gelben Banderolle auf der "Express-Zustellung" stand war dort nichts. Er nahm eine der eingeschweißten Gänselebern in die Hand. Sie war von Duperier, auf dem Etikett unter dem Schriftzug prangten sieben kleine Goldmedaillen. Kieffer beschlich eine Ahnung. Er wühlte zwischen den Plastikpäckchen, bis er auf dem Boden des Kartons einen weißen Umschlag fand. In diesem steckte eine schlichte blaue Faltkarte, auf die jemand in schwungvoller Handschrift einige Zeilen

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