Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall
ihm die liquiden Mittel ausgehen und zumindest zwei seiner hiesigen Dependancen eigentlich bereits Insolvenz hätten anmelden müssen.«
»Aber was hat Mifune damit zu tun?«
»Nun, seinen Namen habe ich in unsere Datenbank eingegeben, weil mich unser Freund darum bat. Von Trebarca wusste ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nichts. Bei der Recherche bin ich auf eine SPE gestoßen, an der Mifune und dieser Luxemburger beteiligt sind. Auch die hat das Misstrauen unserer Ermittler erregt.«
»Was soll das sein, eine SPE ?«
»Das ist Englisch und bedeutet Special Purpose Entity. So nennt man Firmen oder Fonds, die nur dazu dienen, in ihnen irgendwelche Vermögenswerte zu parken. Oder dazu, aus diesen Assets resultierende Cash Flows – Zinsen, Mieten oder Dividenden – in andere Kanäle zu leiten.«
»Sie meinen, man benutzt so etwas, um den Fiskus zu betrügen.«
»Meistens ja. Seit einiger Zeit verschwindet viel Geld aus Silvas Firmen in einer SPE namens ›Sebastião 3‹. Das Ganze ist als Trust Fund deklariert und wird von einem Luxemburger Vermögensverwalter gemanagt.«
»Warum ein Luxemburger?«
Sie schaute ihn an und zog missbilligend die Mundwinkel nach unten. »Weil Steuerflüchtlingen und Raubrittern der globalen Finanzwelt Unterschlupf zu gewähren und diese Leute vor dem Fiskus zu verstecken nun mal eine Spezialität Ihres kleinen Fürstentums ist.«
»Wir sind kein Fürstentum, sondern ein Großherzogtum.«
»Wie auch immer, Monsieur Kieffer. Mifune hatte in dieser Firma eine größere Einlage. Außerdem hat Trebarca Silva einen zweistelligen Millionenbetrag bei Investoren eingeworben, der nun in dem Trust steckt. Firmenzweck ist etwas unbestimmt ›Maritime Forschung‹.«
»Wissen Sie denn, wer die Investoren sind?«
»Nein, nicht genau, weil auch dieses Geld durch mehrere Schachtelfirmen lief. Wir haben es bis zu einer Bank in Hongkong zurückverfolgen können, dann verliert sich die Spur. Unsere Ermittler vermuten aber, dass das Geld ursprünglich aus Japan stammt.«
»Gibt es denn vielleicht irgendwelche Unterlagen, die Sie mir …«
»Auf keinen Fall. Vielleicht später. Es gibt noch keinen großen Umlauf.«
»Wie meinen Sie das?«
»Die fraglichen Daten werden bisher nur von wenigen Fahndern bearbeitet. Falls Trebarca Silva irgendwann angeklagt wird, dann gehen die Akten in den Umlauf – Richter, Staatsanwälte und ein Haufen Ministerialer bekommen sie. Derzeit können nur sieben Personen die Daten einsehen. Hineinzuschauen war für mich ein beherrschbares Risiko, wenn ich einen Ausdruck mache, dann weiß jeder, dass ich Interna verraten habe. Diese Zugriffe auf die Datenbank werden nämlich alle gespeichert. Erst wenn sehr viele Leute im Umlauf sind, fällt es nicht mehr auf. So, nun muss ich leider los. Ich hoffe die Informationen waren von Wert und Sie können …. ihm helfen?«
»Ich tue mein Möglichstes.« Bevor Aimée Allégretsich erheben konnte, war Kieffer bereits zu ihr geeilt und rückte ihren Stuhl zurück. Dann half er ihr in den Sommermantel und gab ihr die Hand. »Vielen Dank. Auf Wiedersehen.«
»Das ist relativ unwahrscheinlich. Viel Glück, Monsieur.« Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen. Kieffer legte einen 20-Euro-Schein auf den Tisch und ging dann auf die Terrasse, um zwei längst überfällige Zigaretten zu rauchen.
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22
Kieffers Zug nach Luxemburg ging erst am späten Donnerstagabend, sodass ihm noch reichlich Zeit für eine Stippvisite bei Toro blieb. In seiner Brieftasche kramte er nach dem Zettel, auf dem er sich die Adresse von Hashimotos neuem Barbecuerestaurant notiert hatte. Es befand sich in der Rue des Thermopyles, südlich von hier, kaum mehr als drei oder vier Metrostationen entfernt. Der Koch überlegte kurz, ob er einen Überraschungsbesuch wagen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Kieffer wählte stattdessen die Handynummer des Japaners. Nach etwa 30 Sekunden sprang der Anrufbeantworter an. Er hinterließ Nachricht, dass er noch einige Stunden in der Stadt sei und gerne das neue Restaurant besichtigen wolle. Dann legte er auf und blieb an einer Kreuzung stehen. Er wusste nicht so recht, was er als Nächstes tun sollte. Wie häufig in solchen Fällen, beschloss er, zunächst einmal etwas zu essen. Genauer gesagt war es sein Magen, der diese Entscheidung fällte und ihn dann nachträglich davon in Kenntnis setzte. Xavier Kieffer gehörte zu jenen Menschen, die der Hypothalamus mit unvermittelt auftretendenHungerattacken
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