Rotes Pferd mit schwarzer Mähne
das mehr hilft als die Medikamente, die er schluckt!»
«Ich habe geglaubt, er fühle sich besser?»
«Zeitweise, ja», antwortete Georg. «Leider fing vor einigen Wochen sein Magen von neuem an, ihn zu quälen. Ich weiß es nicht, Jimmy bezeichnet es als Verdauungsstörungen.»
«Vielleicht ändert es sich, wenn er sein Fohlen zu sehen bekommt!» meinte Tom hoffnungsvoll.
«Es sieht aus, als sei es ein Fehler, daß wir zu diesem Rennen gekommen sind.» Georg wies mit einer Kopfbewegung auf einen Mann, der einen kastanienbraunen Hengst mit heller Mähne und Schweif trainierte. «Jimmy mag diese jungen Fahrer nicht. Er behauptet, sie setzen zuviel aufs Spiel.»
Onkel Wilmer berührte Toms Arm. «Schau, dort kommt Jimmy!» sagte er.
Jimmy näherte sich dem Tor. Tom betrachtete den dünnen, zerbrechlichen Körper. Kein Pfund hatte Jimmy in diesem Sommer zugenommen. Sein Gesicht war tiefgebräunt, aber seine Augen hatten einen ungesunden Glanz. Leider hatte Georg recht, Jimmy war ein kranker Mann.
Die Leinen in der Hand haltend, glitt Jimmy aus dem Sulkysitz und schüttelte herzlich Toms Hand. «Ich freue mich, dich wiederzusehen! Laß uns zum Stall hinübergehen, da können wir in Ruhe plaudern!» Dann begrüßte er auch Onkel Wilmer freundlich.
Toms Blick wanderte über die drei Männer. Sie entstammten derselben Generation und hatten viel Gemeinsames, aber was das Temperament anbelangte, waren sie grundverschieden. Er konnte sich nichts vorstellen, das Georg und Wilmer aus der Ruhe brachte, wogegen Jimmy so überempfindlich wie ein Vollblutpferd reagierte.
Sie waren bei den Ställen angelangt und gingen die lange Gasse entlang bis zu Symbols Box. Alle vier griffen zu, um Symbol auszuschirren, sein Fell abzuwaschen und das Sulky wegzufahren. Endlich setzten sie sich auf die Stühle und plauderten.
Jimmy erzählte anfangs fröhlich von den Erlebnissen der vergangenen Wochen. Später schweifte sein Blick hinüber zu den wohlgepflegten, kostspieligen Ausrüstungsgegenständen in den benachbarten Ställen. «Es ist ganz sicher eine Art Geldgeschäft geworden», sagte er voller Bitterkeit.
Tom und Onkel Wilmer sahen ihn an, Georg senkte den Blick zur Erde und kaute seinen Tabak.
«Sieh dir einmal diesen luxuriösen Transporter an, Georg. Wie würdest du dich fühlen, wenn du in ihm reisen dürftest?»
Jimmy zeigte auf einen großen, grünweiß gestrichenen Wagen, auf dessen Seitenwände Pferdeköpfe gemalt waren. Darunter stand in Riesenlettern: «Ray O’Neils Stallungen, Roosevelt-Rennbahn, Westbury, Long Island.»
«Ich könnte mich kaum wohler fühlen als in unserem guten alten .»
«Aber Georg, es gibt in dem Prachtstück sogar Schlafkojen, wahrscheinlich sogar eine Kochnische!» bemerkte Jimmy sarkastisch.
«Das kümmert mich nicht», antwortete Georg unbeirrt. «Sadie hat uns lange Jahre genügt und wird’s auch weiter tun.»
«Ja, aber die Verhältnisse haben sich sehr geändert, mein Lieber», versetzte Jimmy noch verbitterter. «Trabrennen haben jetzt ihre große Zeit. Man hat in beinahe jeder größeren Stadt Rennbahnen mit Flutlicht gebaut, auf denen abends Rennen abgehalten werden.»
«Hör auf damit, Jimmy!» erwiderte Georg ein wenig ärgerlich.
Aber Jimmy nörgelte hartnäckig weiter, indem er sich Onkel Wilmer zuwandte: «Sie möchten sicher gern wissen, weshalb dieser Herr Ray O’Neil unsere bescheidenen Veranstaltungen in Reading beehrt, anstatt auf der feudalen Roosevelt-Abendrennbahn zu bleiben?»
Onkel Wilmer rückte seinen Stuhl näher zu Jimmy Creech, damit ihm ja kein Wort entging.
«Ich kann es Ihnen verraten: Er will auch einmal die Sonne scheinen sehen!» Jimmy lachte laut über seinen eigenen Witz.
«Du bist nicht gerecht, Jimmy!» unterbrach Georg. «Sie leben ihr Leben auf den Abendbahnen und wir das unsrige auf den bescheidenen Provinzbahnen. Aber beides sind Trabrennen. Wie ich gehört habe, ist dieser O’Neil ein guter Fahrer, er hat im vorigen Jahr alle anderen überrundet.»
Jimmy fuhr sich plötzlich mit der Hand an den Magen, während er schneeweiß im Gesicht Wurde. «Verdauungsstörungen», murmelte er beiläufig, als er die drei Augenpaare besorgt auf sich ruhen fühlte.
Aber Onkel Wilmer ließ nicht vom Thema ab. «Kein junger Bursche kann so geschickt die Zügel führen wie wir alten Knaben», bestärkte er Jimmy. «Sie haben bestimmt recht, und Sie sollten es diesem Kerl heute nachmittag zeigen!»
«Er wird Gelegenheit dazu haben. O’Neil hat
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