Rotkäppchen auf Koks (Bronco Baxter - Gay Story 2) (German Edition)
tragen.«
»Das ist
selbstverständlich das Allerwichtigste«, sagte ich.
»Psst«, zischte Robbie. »Es
geht los.«
Das Licht im Saal
erlosch, der Vorhang vor der großen Leinwand wurde aufgezogen. Die Wochenschau
begann. In Europa hatte ein größenwahnsinniger Diktator seine Heimat Österreich
überfallen, es wurden Aufnahmen gezeigt, in denen Flüchtlinge aus Wien in New
York ankamen. Außerdem gab es Ausschnitte aus einer Modenschau, in der Girls in
Badeanzügen für die Sommersaison 1939 über einen Laufsteg flanierten. Das
interessierte mich beides nicht. Besser gefiel mir der Zeichentrickfilm, in dem
Popeye einen anderen Matrosen verprügelte, weil dieser ihm den Spinat geklaut
hatte. Danach ging der Vorhang wieder zu. Es gab eine kurze Lichtpause, um sich
mit Eiscreme zu versorgen.
Ich gähnte und wandte
mich an Phil, der rechts von mir saß. »Sollte ich einschlafen, dann kannst du
mich bei den spannenden Szenen gerne wecken«, sagte ich zu ihm.
Er sah mich entrüstet
an: »Du willst in Gone with the wind schlafen? Wo es deine Geschichte
ist!«
»Meine Geschichte?«
»Das wirst du gleich
merken.«
Ein Gong ertönte. Der
Vorhang öffnete sich wieder, das Licht im Zuschauerraum verlosch. Eine
dramatische Musik erklang. Auf der Leinwand zog in großen Buchstaben der
Filmtitel an uns vorbei: Gone with the wind . Die Namen der Mitwirkenden
waren zu lesen: Clark Gable als Rhett Butler, Vivien Leigh als Scarlett O’Hara,
Leslie Howard als Ashley Wilkes und Olivia de Havilland als Melanie.
Die Handlung zog mich
sofort in ihren Bann. Das Sommerfest auf dem Landsitz Drei Eichen , die
Szene in der Bibliothek, als Scarlett dem bereits mit Melanie verlobten Ashley
ihre Liebe gesteht, der Ausbruch des Bürgerkriegs und Scarletts Flucht aus dem
brennenden Atlanta.
Am Schluss des ersten
Teils stand Scarlett hoch aufgerichtet vor einem malvenfarbenen Abendhimmel
neben einem Baum und verkündete, nie wieder eine Abmagerungskur zu beginnen.
»Ich schwöre bei Gott«,
rief sie. »Ich will nie wieder hungern.«
Wir standen auf und
gingen in die Pause. »Mir gefiel die Musik sehr gut«, sagte Robbie und hielt im
Foyer nach einem Stand Ausschau, um Erfrischungsgetränke zu kaufen. »Und mir
Clark Gable«, sagte Phil und erkundigte sich, ob es mir gefallen hätte. »Ganz
nett«, sagte ich. »Sehen wir uns an den Weihnachtstagen?«
»Leider nicht, Bronco.
Ich möchte Robbie für mich alleine haben. Habe ich dir erzählt, dass er
angefangen hat zu komponieren?«
Der blonde Trompeter kam
mit den Getränken. Da es uns im Foyer zu voll war, gingen wir vor das Kino auf
die Straße.
»Was machst du an
Weihnachten?«, wollte Robbie von mir wissen und verteilte Pappbecher mit
Coca-Cola. »Hast du jemanden, mit dem du feiern kannst?«
Phil mischte sich ein. »Zum
Beispiel Luigi?«
»Der feiert mit seiner
Familie«, sagte ich mit leiser Stimme.
»Und warum gehst du
nicht zu ihm?«, wollte Robbie wissen.
»Weil Luigi verheiratet
ist«, brachte Phil die schwierige Situation in Erinnerung.
»Trotzdem mögen wir uns
sehr«, sagte ich und trank einen Schluck Cola. Phil kicherte und ahmte im
spöttischem Ton Scarlett O’Hara nach: »Oh Ashley, ich lieb‘ dich, ich lieb‘
dich.« Ich warf ihm einen bösen Blick zu. Robbie versuchte mich zu trösten: »Es
gibt in New York doch andere Burschen als ausgerechnet Luigi. Wie kannst du
dich in einen Mann verlieben, an den sich Weib und Kinder klammern?«
»Kinder sind, soweit ich
weiß, noch nicht vorhanden«, sagte Phil. »Aber Robbie hat recht. Suche dir
einen anderen.«
»Ich will keinen
anderen. Ich will nur ihn.«
»Auch wenn es dich
traurig macht, dass du Weihnachten nicht mit ihm zusammen sein kannst?«, fragte
Phil.
»Auch dann, mein Lieber.
Versucht nicht, mir Luigi auszureden. Das halte ich aus. Ich schaffe das.«
»Wir würden es dir
wünschen«, sagte Robbie.
Ich hatte plötzlich
jegliches Interesse am zweiten Teil des Films verloren. »Lasst mich, ich gehe
nach Hause«, sagte ich zu meinen Freunden. »Ich will alleine sein.«
»Wir melden uns nach den
Weihnachtstagen«, versprach Robbie.
Ich gab ihnen zum
Abschied die Hand und wünschte ihnen noch viel Spaß im Kino. Phil warf mir einen
Blick des Bedauerns zu.
»Du wirst enden wie Scarlett
O’Hara«, orakelte er.
Die beiden Freunde gingen
ins Kino zurück, ich trank meine Cola aus und warf den leeren Pappbecher in
einen Papierkorb, der vor dem Kino stand. »Hallo, Bronco«, rief jemand.
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