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Rotkäppchens Rache

Rotkäppchens Rache

Titel: Rotkäppchens Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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Leute. Talia spuckte noch einmal aus. Falls Schnees Spiegel versagten, würde ihr Blut den Spurenlesern der Kha’iida vielleicht helfen, diese Stelle zu finden.
    Wieder stieß der Anführer ins Horn. Obwohl es kein Geräusch erzeugte, war Talia diesmal nahe genug, um zu spüren, wie sich die Luft erwärmte, als ob ein unsichtbares Feuer in dem Horn brannte. Wie ein Mann wendete die Wilde Jagd ihre Pferde, und schon hatten sie abgehoben. Die Luft schimmerte und zerriss vor ihnen. Hufe stampften einen schwelenden Pfad durch den Himmel. Bald war Talias Gewand schweißfeucht.
    Die Hunde bellten und jaulten, während sie neben ihren Herren herrannten. Da war kein Wind, obwohl die Hügel Aratheas an ihnen vorbeirauschten. Die Landschaft schimmerte, als sähe Talia durch einen Vorhang aus Mondlicht auf die Wüste. Soweit sie es sagen konnte, ritten sie in nordöstliche Richtung auf den Makras zu.
    Felsen und Sand wichen grasbedecktem Sumpfland, das seinerseits schnell den breiten, sich langsam dahinwälzenden Wassermassen des Makras Platz machte. Eine solche Entfernung zurückzulegen hätte einen sterblichen Reiter zwei Tage gekostet. Die Jagd überquerte den Makras, ohne langsamer zu machen, wobei jedes Pferd mit einem einzigen Sprung über den Fluss hinwegsetzte.
    Sie schwenkten nach Norden und ritten durchs Marschland, immer dem Fluss folgend. Schließlich wurde die Jagd langsamer. Vor ihnen wandelte der Sumpf sich zu einer ausgedehnten, offenen Ebene aus Sand und rissiger Erde. Ungeachtet der Hitze des Jägers kroch Talia ein Schauder über den Rücken. »Ich kenne diesen Ort!«
    »Sieht aus wie der Boden eines ausgetrockneten Sees.«
    Talia drehte sich wieder zum Fluss um. »Der See wurde trockengelegt, während ich schlief. Die Familie von Prinz Qussan wendete dreißig Jahre und ihr gesamtes Vermögen dafür auf. Mehr als eine Meile stromaufwärts von hier leiteten sie den Makras um und dämmten alle Nebenflüsse ab, die den See zu speisen versuchten. Sie hofften, sie könnten die Hecke zerstören, die ihnen Qussan genommen hatte, indem sie diesen Ort des Wassers beraubten.«
    Den Geschichten zufolge, die sie im Tempel gehört hatte, hatte dieses Unternehmen ungefähr zehn Jahre nach Talias Verfluchung genommen. Weil der Palast zu dieser Zeit schon von der Hecke verschlungen worden war, waren viele Menschen aus der Stadt geflohen. Als das Wasser versiegte, blieb auch der Rest nicht mehr lange, sodass bald nur noch die Schwestern der Hecke ihre Wacht aufrechterhielten.
    Die Ruinen der alten Stadt standen auf der anderen Seite des Sees. Sandverwehungen bedeckten die Straßen. Hinter den Ruinen konnte sie die Silhouette eines Schlosses ausmachen.
    Talia zwang sich zum Atmen. »Dies war mein Zuhause!«
    Der ursprüngliche Tempel der Hecke stand verlassen in geringer Entfernung vom Schloss; des Schlosses, in dem sie aufgewachsen war. Es war in besserem Zustand als die im Zerfall begriffene Stadt. Vielleicht hatte die Hecke es auch erhalten. Einer der Windfänger stand noch, der andere jedoch war umgefallen und hatte einen tiefen Riss in der Mauer des Westflügels verursacht. Der Boden war stellenweise von Kletterpflanzen bedeckt, von denen einige noch ums Überleben kämpften, doch die meisten sahen spröde und tot aus.
    Eine einsame Gestalt wartete vor dem Schloss. Talias Mund wurde trocken; sie fuhr sich mit den Händen an die Brust, um das tröstliche Gewicht der Messer in ihrem Gewand zu fühlen. Als die Jagd sie näher heranbrachte, entspannte sie sich. Es war nicht Zestan. Es schien eine Sumpftrollin zu sein, groß und breit, mit einer Haut wie ein morscher Baumstamm und Haaren von der Farbe von Algen.
    Roudette sprang ab und zerrte Talia hinter sich her. »Ich bin gekommen, um mit Zestan zu verhandeln!«
    Die Trollin polterte schwerfällig nach vorn. Ihr Gesicht war so warzig, dass Talia kaum die Augen darin erkennen konnte. Es war, als trüge sie eine Maske aus Krötenhäuten. Ihre Kleidung bestand aus Krokodilhaut von der Farbe alten Tabaks; in der Hand hielt sie einen Stab aus krummem Treibholz.
    Roudettes Messer fand Talias Hals. Die Trollin wurde langsamer. Ihre Nüstern klappten auf, als sie Witterung aufnahm. Sie kam näher heran, bis ihre Zehen fast die Talias berührten. Die Trollin atmete so jäh und heftig ein, dass Strähnen von Talias Haaren in ihrer Nase verschwanden. Gelbe Augen verengten sich. Eine Schlangenzunge huschte zwischen ihren Lippen hervor und berührte eine Seite von Talias Hals.
    Talia

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