Rotkäppchens Rache
aufzusetzen. »Was ist mit mir passiert?« Ihre Stimme war heiser.
»Du bist in Rajils Menagerie gebracht worden«, antwortete Talia und hielt sie unten. »Du solltest noch nicht sprechen. Leg dich zurück und lass meine Freundin arbeiten.«
Schnee nahm die blutigen Hände von dem Schnitt weg und griff nach einem ihrer Spiegel. Sie hielt ihn über Faziyas Arm, und das Glas wurde rot. Talia begriff, dass sie ihn benutzte, um sich das Innere der Wunde anzusehen.
»Ganz langsam«, sagte Schnee, »den Druck verringern.«
Talia lockerte den Griff um Faziyas Arm. Blut sickerte aus dem Schnitt, aber im Vergleich zu vorher war es so gut wie nichts. Goldene Stiche versiegelten jetzt die Wundränder.
Schnee wickelte das Kopftuch fest um Faziyas Arm. »Gebt ihr Wasser - nicht viel zu Beginn, bringt sie nicht zum Husten!«
Danielle holte eilends einen der kleineren Wasserschläuche, löste die Verschlusskappe und reichte ihn Talia.
Talia platzierte das Mundstück auf Faziyas Kinn, teilte ihre Lippen und drückte ihr einen kleinen Wasserstrom in den Mund. Etwas davon tropfte an ihren Wangen hinunter, aber den Rest schluckte sie.
»Wird sie wieder gesund werden?«, flüsterte Talia.
»Sie lebt.« Schnee legte die Hand auf Faziyas Brust. »Ihr Herz schlägt furchtbar schnell und ihre Atmung ist flach. Sie braucht Ruhe. Ihr Körper braucht Zeit, um das Blut zu ersetzen, das er verloren hat.«
»Aber sie wird leben?«
»Vielleicht.« Schnee blickte sie nicht an. »Sie muss heute Nacht unter strenger Beobachtung bleiben. Bringt sie in die Höhle und haltet sie warm! Achtet darauf, dass sie möglichst auf der Seite liegen bleibt, mit der Wunde über dem Herzen.«
Talia schob die Arme unter Faziyas Körper und hob sie an. Faziya stöhnte und schmiegte den Kopf an Talias Brust.
»Danke«, flüsterte Talia. Erst da sah sie das ganze Blut, das den Sand tränkte. Faziyas Blut. Schnees Kleider waren auch voll davon, ebenso wie Talias eigene. Sie stählte ihre Stimme. »Der Geruch das Bluts wird weit tragen. Jeder, der nach uns sucht -«
»Du meinst, ich hätte das nicht berücksichtigt?« Schnee klatschte in die Hände; blaues Feuer sprang aus ihren Spiegeln und erfüllte den Kreis. Es gab keinen Rauch und nur wenig Hitze, aber als das Feuer einen Moment später erlosch, war das Blut verschwunden und nur schwarze Erde blieb zurück.
Schnee nahm ihre Spiegel wieder an sich und scharrte mit den Füßen Erde über den Kreis. »Ich würde ja dasselbe für uns tun, aber es wäre nicht gesund«, meinte sie. »Du wirst dich auf die altmodische Art säubern müssen.«
»Wenn wir den Höhleneingang abdecken, müsste das helfen, den Geruch im Innern zu halten«, schlug Roudette vor.
Danielle hatte eine Decke aus ihren Vorräten geholt. Sie wickelte sie um Faziya und hängte die Enden über Talias Schultern. »Brauchst du Hilfe, um sie hineinzuschaffen?«
Dankbar nickte Talia. Mit Danielles Unterstützung rollte sie Faziya ganz in die Decke ein. Talia legte sie auf die Seite, dann kroch sie in die Höhle und griff nach draußen, um Faziyas Kopf und Arm zu nehmen, wobei sie sorgfältig auf die Wunde achtete. Danielle hob Faziyas Füße an, und gemeinsam brachten sie sie ins Innere.
Talia legte sich hinter Faziya und kuschelte sich an sie.
Faziya zitterte. Ihre Haut war so kalt. »Talia?«
»Ich bin hier.« Talia griff herum und nahm Faziyas Hand.
Faziya murmelte etwas Unverständliches und dämmerte weg. Talia schloss die Augen und ignorierte die gedämpfte Unterhaltung vor der Höhle, während sie Faziyas Atem lauschte. Ganz behutsam küsste sie sie auf den Hinterkopf. »Du bist in Sicherheit.«
*
Als Danielle aufwachte, war alles schwarz. Sie setzte sich so schnell auf, dass sie sich den Kopf an der Höhlendecke stieß; eine ziemlich eindrucksvolle Erinnerung an den Ort, wo sie sich aufhielt. Sie sah auf einmal nur noch weiß und legte sich zurück, stöhnte und hielt sich den Kopf fest.
»Nächstes Mal versuche ich, daran zu denken, einen Helm für dich zu klauen«, sagte Talia leise.
Danielle wischte sich die Tränen aus den Augen. Sie konnte Blut an ihrer Kopfhaut fühlen. Das würde eine ordentliche Beule geben, aber bleibenden Schaden schien sie nicht genommen zu haben.
Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie geschlafen hatte. Dank der Decken, mit denen der Höhleneingang verhängt war, hätte sie ebenso gut blind sein können. Über Roudettes Schnarchen konnte Danielle das Geheul hören, das sie geweckt hatte, Jaulen,
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