Rotkehlchen
hörte sich an wie Bård Ovesen. Wright schirmte das Licht ab.
»Woher wissen wir, dass dieser Hochner die Schlüsselfigur ist?«, fragte Ovesen.
Harry Holes Stimme war aus dem Dunkel zu hören:
»Ich habe mit Polizeiinspektor Esaias Burne in Hillbrow, Johannesburg, gesprochen. Er sagte mir, dass sie die Wohnungen der Betroffenen durchsucht und dabei bei Hochner einen interessanten Pass gefunden hätten: sein Bild, aber ein ganz anderer Name.«
»Ein Waffenschmuggler mit einem gefälschten Pass ist nicht gerade … etwas Außergewöhnliches«, meinte Ovesen.
»Ich denke eher an einen der Stempel, den sie gefunden haben. Oslo, Norway. Am 10. Dezember.«
»Er ist also in Oslo gewesen«, sagte Meirik. »Auf der Kundenliste der Gesellschaft steht ein Norweger und wir haben die Geschosshülsen dieser Superwaffe gefunden. Wir können also davon ausgehen, dass Andreas Hochner in Norwegen gewesen ist und dass der Handel stattgefunden hat. Doch wer ist der Norweger auf der Liste?«
»Die Bestellliste ist leider kein üblicher Post-Bestellschein mit vollem Namen und Adresse.« Das war wieder Harrys Stimme. »Der Kunde in Oslo wird als ›Urias‹ geführt, ganz sicher ein Kode-Name.Und laut Burne in Johannesburg ist Hochner nicht sonderlich interessiert daran, irgendetwas zu erzählen.«
»Ich dachte, die Polizei in Johannesburg hätte effektive Verhörmethoden«, warf Ovesen ein.
»Schon möglich, aber Hochner riskiert vermutlich mehr, wenn er den Mund aufmacht, als wenn er schweigt. Die Kundenliste ist lang …«
»Ich habe gehört, dass sie in Südafrika Strom einsetzen«, sagte Wright. »Zwischen den Beinen, an den Brustwarzen und … ja. Tut verflucht weh. Apropos, kann irgendeiner hier das Licht anmachen?«
»In Anbetracht einer Sache, bei der es unter anderem um den Verkauf von chemischen Waffen an Saddam Hussein geht, ist eine Dienstreise mit einem Gewehr nach Oslo ziemlich unbedeutend«, erklärte Harry. »Ich glaube leider auch, dass sich die Südafrikaner den Strom für wichtigere Fragen aufheben, um es einmal so zu sagen. Außerdem ist es nicht sicher, dass Hochner weiß, wer Urias ist. Und solange wir nicht wissen, wer er ist, müssen wir uns die nächste Frage stellen: Welche Pläne hat er? Ein Attentat, ein Terroranschlag?«
»Oder ein Raub«, sagte Meirik.
»Mit einer Märklin-Waffe?«, fragte Ovesen. »Da kann man gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen.«
»Vielleicht ein Attentat im Drogenmilieu«, schlug Wright vor.
»Nun«, sagte Harry. »Man brauchte nur eine Pistole, um Schwedens bestgesicherte Person zu erschießen. Und der Palme-Mörder wurde nie gefasst. Warum also ein Gewehr für mehr als eine halbe Million Kronen, um jemanden hier zu erschießen?«
»Was meinst du, Harry?«
»Vielleicht ist das Ziel gar kein Norweger, sondern jemand von außen. Einer, der ständig im Fadenkreuz des Terrors steht, zu Hause aber zu gut geschützt ist, als dass man dort ein Attentat vornehmen könnte. Vielleicht glauben sie, dass es leichter ist, ihn in einem kleinen, friedlichen Land mit dementsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zu ermorden.«
»Aber wen?«, fragte Ovesen. »Im Moment sind keine ausländischen Politiker mit hohem Gefährdungsrisiko in Norwegen.« »Und es ist auch keiner unterwegs«, fügte Meirik hinzu. »Vielleicht liegt das erst in der ferneren Zukunft«, sagte Harry.
»Aber die Waffe kam doch schon vor einem Monat«, wandte Ovesen ein. »Es macht doch keinen Sinn, dass ausländische Terroristen mehr als einen Monat vor einem Attentat ins Land reisen.«
»Vielleicht sind es keine Ausländer, sondern Norweger.«
»Es gibt niemanden in Norwegen, der einen solchen Auftrag ausführen könnte«, sagte Wright, während er tastend nach dem Lichtschalter an der Wand suchte.
»Genau«, stimmte Harry zu. »Und das ist das Problem.« »Problem?«
»Stell dir einen ausländischen Terroristen vor, der es auf eine bestimmte Person in seinem Land abgesehen hat, und dass diese Person nach Norwegen reisen wird. Jeder Schritt, den dieser Terrorist in seinem Land macht, wird doch vom Geheimdienst verfolgt. Um das Risiko zu minimieren, könnte der Betreffende doch ein Milieu in Norwegen kontaktieren, das die gleichen Ziele verfolgt wie er selbst. Dass dieses Milieu aus Amateuren besteht, ist eigentlich ein Vorteil, denn so weiß der Terrorist, dass die Mittäter nicht den Verfassungsschutz im Nacken haben.«
»Die leeren Geschosshülsen könnten darauf hindeuten, dass es ein Amateur ist«,
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