Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
auf ihren Schnitt. Außerdem war eine ganze Nacht Zeit, den Schlüssel nachzumachen. Wenn du dann das nächste Mal dein Auto unbeaufsichtigt stehen lässt, ist es auf jeden Fall weg. Und das, ohne dass ein schlechtes Licht auf den Club fällt.
Bei mir hat die Masche nicht geklappt. Ich winke dem Typen im Abschleppwagen nett zu. Der guckt zwar blöd, aber was soll er machen? Dann steigen wir in unseren Wagen und fahren los.
Als wir am nächsten Tag noch einmal um die Häuser ziehen wollen, nehmen wir ein Taxi. Wir haben einen netten Fahrer, mit dem wir ins Plaudern kamen und der uns ein paar Clubs empfiehlt.
»Gefällt euch Stettin?«, fragt der Taxifahrer.
Darauf erzählen wir von unserem Ärger im »Hokus Pokus« und dem »Miami«. Der Taxifahrer dreht sich um, lacht und sagt: »Ah, Hokuspokus-Markus und Freund Miami-Gianni.« Wir lachen uns fast tot über die Spitznamen.
Und wie das mit Spitznamen oft so ist: »Miami-Gianni« setzt sich irgendwie durch. Gianni nannten mich schon länger alle im Milieu. Erst Janni, die Verkleinerungsform von Jan. Daraus wurde dann Gianni. Man ist in meinem Job ungern mit vollem Namen und Meldeadresse unterwegs. Da sucht sich jeder einen Decknamen – Gianni hätte da völlig ausgereicht.
Die Journalisten, die über mich berichten, mögen aber offenbar die klassischen Gangster-Namen wie »Lackschuh-Dieter«, der, bis ihn Mucki Pinzner mit zwei Kopfschüssen erledigte, eben viel wert auf saubere Schuhe gelegt hat. Oder »Karate-Thommy«, der immerhin mal Karate-Europameister gewesen ist. Und ich bin dann eben »Miami-Gianni«. Jahre später habe ich vor meinem Saunaclub »Tropicana« dann Kunstpalmen vor der Tür. Das passt ja.
Gefährdung der öffentlichen Sicherheit
Mein Handy klingelt, als ich beim Chinesen bin. Ich esse gerade die Nummer 25, Ente süß-sauer. Zoran und Bülent sitzen mir gegenüber. Die kleine asiatische Kellnerin, die uns hier und da Reiswein nachschenkt, wirkt an unserem Tisch noch zierlicher als sonst. Allgemein sorgen wir mit unseren Muskeln und Tattoos für etwas Unbehagen im Laden.
Ich schaue auf das Handydisplay, es zeigt die Nummer vom »Titty Twister«. Also muss ich drangehen. Denn der »Titty Twister« läuft nicht besonders gut. Ich habe mich mit dem Tabledance-Laden überhoben. Die Lage in Kamp-Lintfort ist beschissen. Klar, man hat die Junggesellenabschiede, ein paar Geschäftsleute und die meist älteren Stammgäste, die sich in eine Tänzerin verliebt haben. Aber auf der anderen Seite drückt der Berg der Ausgaben. Frauen, die tanzen können, sind nun mal teurer als Prostituierte, die ihre Bezahlung direkt mit dem Freier ausmachen.
Da uns also das Geld auszugehen droht, muss ich rund um die Uhr ansprechbar sein. Am Handy ist Dirk, mein Geschäftsführer.
»Hi Gianni, hier gibt’s ein Problem.«
»Was ist los?«
»Hier ist ein Typ, der will dich sprechen.«
»Sag ihm, er soll später noch mal wiederkommen, ich bin in zwei Stunden sowieso im Laden.«
Dirk zögert, dann meint er: »Er will aber, dass du sofort kommst, und du sollst Geld mitbringen.«
»Wer ist das denn?«
»Ich kenn ihn nicht. Aber er sagt, wenn du ohne Geld auftauchst, will er dir mit der flachen Hand ins Gesicht schlagen. Wie eine Frau. Damit wir alle sehen, für was für eine Muschi wir arbeiten.«
Ein Schutzgelderpresser also. Eine heikle Situation: In jedem Laden im Rotlichtmilieu versucht irgendwann eine Gruppe mitzuverdienen. Irgendwann stehen eben die Hells Angels, die Albaner, die Türken, die Kurden oder irgendeine andere Gruppe im Laden. Wenn du dann aber anfängst zu zahlen, zahlst du für den Rest deines Lebens oder bis du pleite bist. Und wenn du nicht zahlst, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder du hast in der nächsten Zeit maximalen Stress oder du jagst den Erpressern so eine Angst ein, dass sie beschließen, dass das Geld den Ärger nicht wert ist, und dich in Ruhe lassen.
Es dürfte wohl klar sein, für welchen Weg ich mich als vernünftiger Geschäftsmann entschieden habe.
»Mit welcher Hand will er mich denn schlagen?«, frage ich Dirk.
Ich bekomme keine Antwort. Dirk ist wohl etwas verdattert.
»Mit welcher Hand?«, frage ich noch einmal, diesmal ziemlich laut, denn ich bin wütend. Die kleine Asiatin schaut besorgt zu unserem Tisch.
»Er hat die rechte hochgehalten.«
»Gib ihm noch was zu trinken. Geht auf mich. Und sag ihm, ich bin unterwegs, es tut mir leid, dass er kurz warten muss.«
15 Minuten später bin ich im Laden. Tanja,
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