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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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Windjacke. Ein Knäuel Schals in verschiedenen Farben. Ein Blaumann mit weißen und hellblauen Farbspritzern. Auf der Hutablage befanden sich eine Pudel- und eine Baskenmütze. Ein einzelner Arbeitshandschuh. Unter den Jacken stand ein Schuhregal, ein billiges Produkt aus Kunststoffrohren, deutlich neuer als die Garderobe. Darauf: Winterstiefel, Trekkingsandalen, zwei Paar Sneaker von Nike, Schlittschuhe.
    Sie sah sich weiter um. Schlichte weiße Tapeten, ein Schlüsselbrett, kein Wandschmuck. Unter der Decke einfache Strahler, von Ikea oder aus dem Baumarkt. Rechts vom Flur ging eine Tür ab, die Küche. Auch hier wirkte die Einrichtung veraltet, eine Einbauküche und Kacheln in einer Farbe, von der man heutzutage Kopfschmerzen bekam.
    Der Einrichtungsleitspruch der Siebzigerjahre fiel ihr ein. Mehr ein Witz, eigentlich.
    Mit gelb und braun – kannst’ nichts versaun . Hatte ihr mal ein Architekt erzählt. An der Wand eine orangefarbene Keramikuhr und ein Makramee-Zopf. Der gleiche Werbekalender, den sie auch schon in der Küche von Moa Matsson gesehen hatte. Juni, ein schleichender Luchs. Es roch nach Gebratenem. Auf dem Herd eine blaue Stahlpfanne, darin in einer Ecke ein hoher weißer Fettrand, von dem eine Scholle abgebrochen war. Wie Eis von einem Gletscher, dachte Forss. Sie sah in den Kühlschrank, auch das ein altes Modell mit eckigem Griff. Husqvarna. In Deutschland kannte man nur Crossmotorräder von dieser Firma. Im Kühlschrank: ein Teller mit Fleischbällchen, abgedeckt mit Cellophanfolie. Ein Glas Gurken. Eine Porreestange, Möhren, Kartoffeln. Eine angebrochene Flasche Weißwein. Käse, Butter, Joghurt, Milch.
    Sie hörte Schritte und Gemurmel im Flur. Örkenrud und seine Leute. Die Deckenlampe war eine Art Messingring, der sie an eine Springform für Kuchen erinnerte. Darin eingelassen Plastikkristalle in Grün und Rot. Falsche Jade, falsche Rubine. Meine Güte, dachte sie.
    Auf der anderen Seite des Flurs befand sich eine Art Arbeitszimmer. Was ihr sofort ins Auge sprang: Auf dem Schreibtisch stand ein Macbook. Das mit dem großen Bildschirm. Der erste Gegenstand, den sie im Haus fand, der erstens neu und zweitens teuer war. Daran angeschlossen waren eine Festplatte, eine Keyboardtastatur, ein Synthesizer und zwei Aktivboxen mit gelb-schwarzen Membranen, die ebenfalls sehr teuer wirkten. Sie drückte den On-Knopf. Der Laptop fuhr mit dem markanten Sound hoch. Dann wurde ein Password verlangt. Natürlich. Über dem Eingabekästchen und unter dem Apfellogo ein kreisrundes Foto. Der Benutzer, vermutlich. Olof Andersson. Ein Mann um die fünfzig mit schmalem Gesicht. Traurige hellbraune Augen, wie zwei Haselnüsse. Sie klappte den Rechner wieder zu. Abgesehen von einem billig wirkenden Schreibtischstuhl, der mit fadenscheinigem, grellem Stoff bezogen war, der nach Neunzigerjahren aussah, war das Zimmer leer. Keine Regale, kein Wandschmuck. Dieselbe schlichte weiße Tapete wie im Flur. In der Schreibtischschublade: Heftzwecken, Kugelschreiber, Kleinkram. Einer plötzlichen Eingebung folgend zog sie die Schublade ganz heraus. Nein, da war nichts. Ebenso wenig unter der Schublade, unter dem Lampenschirm, hinter dem Schreibtisch, unter der Sitzfläche des Drehstuhls. Forss seufzte, dann sah sie aus dem Fenster. Eine Brachfläche, Gras, das lange nicht gemäht worden war. Verwilderte Büsche, überwiegend Ginster. Eine nahezu zugewachsene Vogeltränke. Weiter hinten der Waldrand, Fichten im Sonnenschein. Sie ging zurück in den Flur, der sie zu den anderen ins Wohnzimmer leitete. Auf halbem Weg kam ihr Knutsson entgegen.
    »Verdammter Mist«, zischte er und drängte seinen massigen Körper schnell an ihr vorbei. Sie trat durch den Türrahmen. Vor ihr öffnete sich ein überraschend großer Raum.
    Im Zentrum: ein Sessel mit dem Körper des Toten.
    Dem, was davon übrig war.
    Darum herum kniende Menschen in violetten Overalls.
    Irgendwo abgewandt Nyström und Hultin.
    Ein Aquarium hinter dem Körper. Nur, dass es kein Wasser zu beinhalten schien, sondern etwas Rotes. Rotes Wasser. Dann sah sie den Kopf. Er schwebte zwischen den Pflanzen. Auf dem Luftblasenstrahl des Luftfilters hob und senkte er sich, die Haare hatten sich in dem Wasserkraut verfangen, waren mit ihrer Umgebung eins geworden. Aus dem offenen Mund schwamm ein Fisch, ein Neonsalmler, kam es ihr in den Sinn, eine kognitive Übersprungshandlung, sie hatte keine Ahnung, welcher Teil ihres Gehirns diesen Namen, diesen Fachbegriff hervorgespuckt

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