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Roulette der Liebe

Titel: Roulette der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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geschrieben, oder hat er einem anderen Mann dabei zugesehen? Hatte er eine Frau und Kinder in Spanien oder Mexiko, oder hatte er sein Leben nur Gott gewidmet?«
    »Die gleichen Gedanken sind mir auch durch den Kopf gegangen«, gestand Reno. »Es bringt einen auf die Frage, ob vielleicht jemand in zweihundert Jahren den zerbrochenen Ring von meinem Sattelgurt findet, den wir gestern neben dem Lagerfeuer zurückgelassen haben, und ob sie sich fragen werden, wer dort entlanggeritten ist, und wann und warum, und ob wir irgendwie wissen werden, daß jemand Hunderte von Jahren nach unserem Tod über uns nachdenkt.«
    Eve lief ein Schauer über den Rücken. Hastig zog sie ihre Hand zurück.
    »Vielleicht findet Slater den Gurtring und benutzt ihn zum Zielschießen.«
    Reno hob den Kopf. »Hast du irgendein Zeichen von ihm und seiner Bande gesehen?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Eve und zeigte hinter sich. »Es ist zu weit entfernt.«
    Reno stellte sich in den Steigbügeln auf und betrachtete aufmerksam den Horizont. Nach einer Weile setzte er sich wieder und blickte Eve an.
    »Alles, was ich in der Richtung sehe, sind Gewitterwolken, die zu regnen versuchen.«
    »Ich dachte, es wäre vielleicht der Wind, der Staub aufwirbelt«, meinte sie, »aber die Wolken waren genau über der Stelle, und zwischen den Wolken und dem Boden sah es so dunkel aus. Regen und Staub vermischen sich nicht.«
    »In dieser Gegend schon. Im Sommer ist es so heiß und staubig, daß so ein kleiner Gewitterregen wie der dort hinten gar nicht bis auf die Erde gelangt. Die Tropfen verdunsten einfach in der warmen Luft, bevor sie den Boden erreichen.«
    Eve betrachtete wieder die Wolken hinter ihnen am Horizont. Auf der Unterseite hatten sie die Farbe von Schiefer, auf der Oberseite waren sie cremeweiß. Ein zerfranster Schleier von hellerem Grau fiel aus dem Zentrum des kleinen Gewitters nieder.
    Je länger sie hinschaute, desto überzeugter war Eve, daß Reno recht hatte. Zum Boden hin wurde der Schleier immer dünner, und noch bevor er auf die Erdoberfläche traf, war alle Feuchtigkeit verdunstet.
    »Ein trockener Regen«, sagte Eve erstaunt.
    Reno sah sie von der Seite an.
    Als Eve merkte, wie er sie anstarrte, schenkte sie ihm ein verlegenes, bittersüßes Lächeln.
    »Keine Angst, Liebster. Du hast nichts zu befürchten. Ich habe Schiffe aus Stein gesehen und trockenen Regen, aber selbst das kleinste Licht wirft noch einen Schatten.«
    Bevor Reno eine Erwiderung einfiel, trieb Eve ihr Pferd vorwärts und ritt tiefer in die Berge hinein - um das einzige zu suchen, worauf der Mann, den sie liebte, vertraute.
    Gold.
    Zwei weitere Tage folgten Eve und Reno einem Pfad, der so alt war, daß er nur dem konzentrierten Auge sichtbar wurde, oder sehr spät am Tage, wenn die Sonnenstrahlen schräg fielen und sich golden färbten. Die Täler, die sie durchquerten, wurden enger und steiler, je höher sie ins Gebirge hinaufritten. Jeden Nachmittag grollte Donner in den Bergen, während ein Gipfel nach dem anderen im elementaren Tanz der Blitze aufleuchtete. Regen strömte hart und kalt und tropfte in silbernen Spitzenschleiern von den Bäumen herab.
    Zwischen den Gewittern reckten Espen auf den höchsten Abhängen ihre goldenen Fackeln zum indigoblauen Himmel empor. Rehe und Elche, flinke braune Gestalten, flohen vor den Pferden. Überall gab es Bäche von überwältigender Klarheit, die die schattigen Schluchten mit dem Geräusch sprudelnden Wassers erfüllten. Nur Wildspuren waren sichtbar. Es gab keine von wilden Pferden oder Menschen, denn die steilen Hänge und zerklüfteten Schluchten boten nichts, was man nicht viel leichter in den niederen Ebenen hätte finden können.
    Als Reno und Eve das letzte Hochtal erreichten, das sowohl der Zauberpriester als auch das spanische Tagebuch beschrieben hatten, durchquerten sie es schweigend. Sie blickten sich suchend nach allen Seiten um.
    Aber sie entdeckten kein Zeichen von Cristobal Leons verschwundener Mine.

19. Kapitel
    »Es ist schwer zu glauben, daß wir nicht die ersten Menschen sind, die dieses Land sehen«, sagte Eve, als sie zur Mündung des kleinen Tals zurückkehrten.
    »So kommt es einem tatsächlich vor«, bestätigte Reno, »aber es gibt genügend Hinweise, daß schon vor uns Menschen hier gewesen sind.«
    Er zügelte seine Stute und hob das Fernglas wieder an die Augen. Langsam schwenkte sein Blick über den grünen Flickenteppich aus Wald und Wiesen, der zu den trockenen Gebieten

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