Roulette der Liebe
Stück für Stück dichter an ihn heran, bis sie neben ihm saß. Sie mußte sich über Renos Arm beugen und den Kopf schief legen, um die verblaßte, feine Schrift in dem Tagebuch lesen zu können.
A dia vente-uno del ano 15 ...
Die Einleitungsworte waren Eve so vertraut, daß sie sie mühelos entziffern konnte.
»Am einundzwanzigsten Tag...«, begann sie.
»Du bist mir im Licht«, gab Reno zurück.
»Oh. Entschuldige.«
Eve richtete sich auf, schaute erneut auf die Seiten und stieß einen unzufriedenen Seufzer aus. »Jetzt kann ich die Schrift nicht mehr richtig sehen.«
»Hier.« Reno gab ihr das Tagebuch.
»Danke.«
»Bitte«, sagte er mit erwartungsvollem Lächeln.
Kaum hatte sie das weiche Leder des Einbands ergriffen, hob Reno Eve hoch und setzte sie auf seinen Schoß. Sofort versuchte Eve, sich ihm zu entwinden, doch er hielt sie fest.
»Willst du weg?« fragte er.
»So kann ich nichts sehen«, erwiderte sie.
»Versuch das Buch aufzuschlagen.«
»Was?«
»Das Buch«, meinte er trocken. »Durch den Einband hindurch kann man nur schwer lesen.«
Als Eve erneut Anstalten machte, von seinem Schoß zu rutschen, hielt Reno sie sanft zurück.
»Ich habe gesagt, ich würde dich nicht zwingen«, erinnerte er sie mit ruhiger Stimme. »Aber ich habe auch gesagt, ich würde nicht die Finger von dir lassen. Ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht. Was ist mit dir? Hältst du dein Wort wie eine Frau oder wie ein Saloongirl?«
»Ich halte mein Wort. Basta«, preßte Eve zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Dann beweise es. Fang an zu lesen. Das Licht ist jetzt hell genug, nicht wahr?«
Sie murmelte etwas Zustimmendes, holte tief Luft und schlug das
Tagebuch auf der ersten Seite auf. Aber die Worte verschwammen vor ihren Augen. Alles, woran Eve denken konnte, war das Gefühl von Renos kräftigem Körper an ihrem Rücken, ihren Hüften, ihren Schenkeln.
Reno nahm ihr das Buch aus der Hand und öffnete es.
»Lies laut«, sagte er.
Seine Stimme klang so beiläufig, als würde er jeden Abend mit einem ihm vorlesenden Mädchen auf dem Schoß verbringen.
Vielleicht tut er das ja, dachte Eve.
»Ich sollte dich noch darauf aufmerksam machen«, sagte er träge, »daß ich jederzeit eine interessantere Beschäftigung finden kann, falls mich das, was ich zu hören bekomme, langweilt.«
Die sinnliche Drohung in seiner Stimme war unmißverständlich.
»Am einundzwanzigsten Tage des Jahres fünfzehnhundert...«, sagte sie hastig, in der Hoffnung, Reno bemerkte nicht die Unsicherheit in ihrer Stimme. »Hier ist die Schrift verwischt und unleserlich. Ich kann nicht erkennen, ob das Jahr...«
Ihre Stimme brach, als sie spürte, wie Reno den Kragen ihrer Jacke im Nacken herunterzog. Sein warmer Atem auf ihrem Hals ließ ihr einen Schauer der Erregung über die Haut prickeln.
»Was tust du da?« fragte sie.
»Lies weiter.«
»Hier steht nur, wer...«
Eves Atem stockte, als Renos weicher Schnurrbart über ihren Nacken streifte.
»Lies.«
»Ich kann nicht. Du lenkst mich ab.«
»Daran wirst du dich gewöhnen. Und nun lies weiter.«
»... wer die Expedition genehmigte, und wie viele Männer es waren, welche Waffen sie hatten und...«
Ihre Stimme versagte, als Renos Zähne sich behutsam in ihre zarte Haut gruben.
»Weiter«, flüsterte er.
«... und was der Zweck der Expedition war.«
Seine Zungenspitze liebkoste ihren Nacken. Reno spürte Eve leise erzittern und fragte sich, ob es aus Angst oder vor Lust war.
»Und was war der Zweck?« wollte er wissen.
Eve wußte, daß eine Abmachung eine Abmachung war. Sie hatte Renos Vorschlag, daß er versuchen würde, sie zu verführen, zugestimmt. Aber den Erfolg seines Versuches hatte sie ihm nicht garantiert.
»Gold natürlich«, erwiderte sie. »Ist es nicht das, was die Spanier immer wollten?«
»Ich weiß es nicht. Du hast das Tagebuch. Lies es mir vor.«
»Das war nicht Teil unserer Abmachung.«
Renos heiße Lippen auf ihrem Nacken ließen Eves Herz schneller schlagen. Die Leidenschaft, mit der er an ihrer Haut saugte, seine zarten Liebesbisse, setzten ihr Inneres in Flammen.
Reno spürte den heißen Schauer, der Eve durchrann, und wieder fragte er sich, ob Angst oder Sinnlichkeit der Auslöser waren. Denn beides hatte er in ihren topasfarbenen Augen gesehen, wenn sie ihn während der langen Reise angeschaut hatte.
Über seine eigenen Gefühle bestand kein Zweifel. Der Geschmack von Eves samtweicher, nackter Haut und das Gefühl ihrer Hüften
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