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Roulette der Liebe

Titel: Roulette der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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herausgezerrt wurde. Sie sträubte sich noch, bevor sie merkte, daß es Reno war. Er hob sie hoch, drehte sie herum und zog sie vom Abgrund zurück. Er spreizte die Beine, um besseren Halt zu finden, und hielt Eve dicht an sich gepreßt.
    »Ruhig, gata. Ruhig. Ich habe dich.«
    Am ganzen Körper zitternd brach Eve in Renos Armen zusammen.
    »Bist du verletzt?« fragte er besorgt.
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er sah ihr totenblasses Gesicht, die bebenden Lippen und die glänzenden Spuren, die Tränen auf ihrer Haut hinterlassen hatten.
    »Kannst du stehen?« fragte er.
    Eve holte zitternd Luft und verlagerte ihr Gewicht auf ihre eigenen Füße. Reno ließ sie gerade lange genug los, um herauszufinden, ob sie stehen konnte. Sie konnte es, aber sie bebte immer noch an allen Gliedern.
    »Wir können nicht zurück«, sagte Reno. »Wir müssen weiter.«
    Obwohl er in freundlichem, beruhigendem Ton zu sprechen bemüht war, ließ die Angespanntheit seine Stimme hart klingen.
    Eve nickte, um zu zeigen, daß sie verstanden hatte, und versuchte, einen Schritt zu machen. Wieder drohten ihre Knie unter ihr nachzugeben.
    Reno fing Eve in seinen Armen auf und strich zart mit seinen Lippen über ihren Mund. Der Kuß war ganz anders als alle, die er ihr bisher gegeben hatte, denn er forderte keine Gegenleistung. Reno setzte Eve auf den Boden und hockte sich neben sie, wiegte sie tröstend in seinen Armen, als sie in einer Mischung aus Müdigkeit und Erschöpfung, Furcht und Erleichterung zu zittern begann.
    Er nahm den Kanister ab, den er auf dem Rücken trug, und öffnete ihn. Dem Knarren des Pfropfens folgte die silbrige Musik fließenden Wassers, während er sein Halstuch befeuchtete. Als der kühle Stoff Eves Gesicht berührte, zuckte sie zusammen.
    »Ruhig, Kleine«, murmelte Reno. »Es ist nur Wasser, wie deine Tränen.«
    »Ich wei-weine ja nicht. Ich... ich erhole mich nur.«
    Er goß noch ein wenig Wasser auf sein dunkles Halstuch und wischte Eves bleiches, tränenverschmiertes Gesicht sauber. Sie seufzte tief und saß ganz ruhig, während er die Spuren ihrer Tränen beseitigte.
    »Trink«, sagte er.
    Eve fühlte, wie der Metallrand des Kanisters an ihren Mund stieß. Sie schluckte leicht, dann mit mehr Interesse, als das Wasser über ihre ausgetrockneten Lippen lief.
    Ein wohliger Laut kam aus ihrer Kehle. Sie hatte nicht gewußt, daß irgend etwas so rein und frisch, so köstlich schmecken konnte. Dann nahm sie den Wasserkanister in beide Hände und trank gierig, während ein winziges Rinnsal aus einem ihrer Mundwinkel sickerte.
    Reno fing das Rinnsal zuerst mit seinem Halstuch auf, dann mit seinen Lippen. Seine warme Berührung erschreckte Eve so, daß sie den Kanister fallen ließ. Reno fing den Behälter auf und lachte. Er verschloß ihn und hängte ihn sich wieder über den Rücken.
    »Bist du bereit? Können wir gehen?« fragte er sanft.
    »Habe ich denn überhaupt eine Wahl?«
    »Ja. Du kannst diesen Spalt mit offenen Augen überqueren und mit mir dicht an deiner Seite; oder bewußtlos auf meiner Schulter.«
    Eve riß die Augen auf.
    »Ich würde dich nicht verletzen«, fügte er hinzu.
    Sanft schlossen sich seine Hände um ihren Hals. Seine Daumen fanden die Punkte, von denen Blut in ihr Gehirn strömte.
    »Nur ein leichter Druck, und du wirst in Ohnmacht fallen«, sagte Reno ruhig. »Du wirst innerhalb von Sekunden wieder aufwachen, aber dann bist du drüben auf der anderen Seite.«
    »Du kannst mich nicht so hinübertragen«, protestierte sie.
    »Du bist wie eine Katze. Geschmeidig und flink. Und weil sie behende und anmutig sind, wiegen Katzen nicht viel.«
    Reno stand auf, zog Eve auf die Füße und stützte sie mit einer leichten, blitzschnellen Bewegung gegen seine Hüfte. Es geschah alles so rasch, daß ihr noch nicht einmal Zeit blieb, Luft zu holen.
    Eves Augen weiteten sich bestürzt, als sie merkte, welch enorme Kraft in seinem Körper steckte. Sie hatte immer gewußt, daß er stärker war als sie. Sie hatte nur nicht gewußt, um wieviel stärker. Ein seltsamer, unterdrückter Laut entrang sich ihrer Kehle.
    Reno runzelte die Stirn.
    »Ich wollte dir keine Angst machen«, murmelte er.
    »Das ist es nicht«, sagte sie schwach.
    Er wartete, beobachtete sie aufmerksam.
    »Es ist nur...« Sie gab einen Laut von sich, der halb Schluchzen, halb Lachen war. »Ich bin daran gewöhnt, daß ich die Starke bin.«
    Reno schwieg lange, während er über ihre Worte nachdachte. Dann nickte er langsam. Es erklärte eine

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