Roulette des Herzens
mit hohen Wangenknochen und einer aristokratischen Nase. Seine blauen Augen strahlten. Derek hingegen sah finster und mürrisch aus und hatte den Charme eines verdrossenen Katers. Er erwiderte Saras Blick nicht, da seine ganze Aufmerksamkeit auf den Neuankömmling gerichtet war.
Allen Mut zusammenraffend, machte Sara einen Schritt vorwärts. »Perry, ich möchte dich Mr. Craven vorstellen, einem Besucher aus London.«
Perry blickte den dunkelhaarigen Fremden an und richtete die Augen dann auf Miss Fielding. »Warum ist er hier?«
fragte er und verzog gereizt die Stirn.
»Er und ich … nun, wir…« Sara räusperte sich und sagte unumwunden: »Er ist mein Verlobter.«
»Was für ein Unsinn!« erwiderte Perry barsch. »Ich bin dein Verlobter. Du hast das Dorf verlassen, bevor wir unsere Differenzen bereinigen konnten.«
»Wir haben sie bereinigt«, sagte Sara und rückte näher an Derek heran. »Und ich habe begriffen, dass ich viel besser zu Mr. Craven passe.«
»Ist das zufällig Mr. Derek Craven?« fragte Perry wütend. »Wirklich, er ist ein richtiger Lump. In der anständigen Gesellschaft weiß jeder das. Ich kann kaum glauben, dass dein Vater ihn ins Haus gelassen hat.«
Sara war aufgebracht. »Ich wünsche mir, er hätte dich nicht hereingelassen.«
»Wenn das die Art von Gesellschaft ist, mit der du verkehrt hast, dann ist es kein Wunder, dass du dich derart verändert hast«, erwiderte Perry abfällig. »Aber das erklärt eindeutig deine Versuche, deine unersättliche Lust mit mir zu befriedigen. Ich habe mir das ganze Wochenende hindurch den Kopf zerbrochen und überlegt, welche Entschuldigungen ich für dein liederliches Benehmen finden könnte …«
Zornig ging Derek auf Mr. Kingswood zu. »Sie aufgeblasener Wicht!«
Vor Angst aufschreiend, stürmte Perry ins Freie und eilte in die Sicherheit seines Heims und zu seiner Mutter zurück.
Derek ließ rasch den Gedanken fallen, ihn zu verfolgen, und wandte sich Sara zu. »Was hat Mr. Kingswood mit ›unersättlicher Lust‹ gemeint?«
Hastig erklärte Sara: »Nun, unersättlich bedeutet, stets mehr haben zu wollen.«
»Das weiß ich«, erwiderte Derek in beißendem Ton. »Warum hat Mr. Kingswood so etwas über dich geäußert?«
Sie verdrehte die Augen und zuckte mit den Achseln. »Ach, nichts. Ich habe lediglich versucht, ihn einmal so zu küssen, wie du mich küsst, und er…« Sie hielt inne, als ihr bewusst wurde, dass ihre Eltern sie beide in betroffenem Schweigen beobachteten.
Ein Lächeln zuckte um Isaacs Mundwinkel. »Ich habe genug gesehen und gehört, Mr. Craven. Da Sie und meine Tochter bereits über unersättliche Lust reden, ist es wohl das Beste, wenn ich Ihnen meinen Segen gebe. Ich hoffe, die Hochzeit findet schnell statt.«
Die Trauung fand in der Dorfkirche statt. Die Zeremonie war einfach und dauerte nicht lange. Saras einziges Zugeständnis bezüglich Lady Wolvertons grandiosen Plänen war die Erlaubnis, die Kirche mit frischen Blumen und Grün auszuschmücken. Umgeben von ihren Eltern und Freunden, tauschte sie das Ehegelöbnis mit einem Mann, der weitaus anders war als der, den zu heiraten sie stets angenommen hatte. Bei Mr. Kingswood war die Zukunft vorhersehbar gewesen. Nun verhießen die kommenden Wochen, Monate und Jahre eine Fülle von Möglichkeiten. Sara spürte die Verwirrung ihrer Freunde, die sich nie hätten träumen lassen, dass sie Mr. Kingswood zugunsten eines Mannes, den sie kaum kannte, sitzenlassen würde.
Aber sie sah in Derek genau das, was er war, nicht mehr und nicht weniger, und sie war sich bewusst, dass er sich vielleicht nie ändern würde. Es genügte ihr, dass er sie liebte. Trotz aller seiner Fehler würde er sich um sie kümmern und bis zum letzten Atemzug verteidigen. Jeder für sich, hatte unterschiedliche Kräfte. Gemeinsam waren sie ein Ganzes.
Spät in der Nacht vermittelte es Sara ein anheimelndes Gefühl, an Dereks harter Brust zu ruhen und den von unten aus dem Club heraufdringenden Geräuschen zu lauschen. Wenn sie sehr still war, konnte sie das Klirren des Geschirrs, das gedämpfte Gerede der Stammkunden und Angestellten, das leise Klappern der Markierbretter und sogar das mürrische Gemurmel der Mädchen hören, die Freier in ihren Räumen willkommen hießen. Der Club war wie ein lebendiges Wesen, ein herrliches Monstrum mit einem unaufhörlichen Ablauf von Aktivitäten. »Es gefällt mir, hier zu sein«, murmelte sie, »in der Stille und Abgeschiedenheit, während da
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