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Roulette des Herzens

Roulette des Herzens

Titel: Roulette des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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hatte Mr. Craven ihn und alle seine Helfer einem exklusiven Pariser Restaurant abspenstig gemacht und sie nach London gebracht. Monsieur Labarge war ein Genie, aber aufbrausend. Selbst Mr. Craven hütete sich, ihn zu provozieren.
    Sara genoss besonders Miss Tabithas lebhaftes Geplapper. Wenngleich sie beide sich im Temperament sehr unterschieden, waten sie sich äußerlich erstaunlich ähnlich, da sie gleich groß waren, das gleiche Gewicht und beide kastanienbraunes Haar und blaue Augen hatten.
    »Ich werde Ihnen von den vornehmen Herren erzählen, die hier verkehren«, sagte Tabitha, und in ihren blauen Augen stand ein verschmitzter Ausdruck. »Erst sind sie ganz wild, aber einmal auf der Matratze sind sie Schlappschwänze. Eins, zwei, drei, und die Sache ist erledigt.« Die anderen Amüsierdamen lachten zustimmend.
    Die vier Kokotten versammelten sich an einem der Holztische um Sara. »Wir Mädchen und die vorzüglichen Fressalien locken die feinen Pinkel hierher. Aber es ist das Kartenspiel, was sie zum Bleiben veranlasst.«
    »Mit wie vielen Männern haben Sie sich erwartungsgemäß in einer Nacht abzugeben?« erkundigte Sara sich in sachlichem Ton und hielt den Bleistift über dem Notizbuch.
    »Ganz nach unserer Lust und Laune. Manchmal gestatten wir ihnen in den Spielzimmern eine Fummelei, und dann…«
    »Fummelei?« wiederholte Sara perplex, und die Prostituierten brachen in Gelächter aus.
    « Nun, ein bisschen Grapschen hie und da«, erklärte Violet, eine kleine robuste Blondine. »Und wenn die Ware ihnen gefällt, dann bringen die Saaldiener die Freier nach oben, und wir haben unseren Spaß mit ihnen.«
    »Aber nie mit Mr. Craven«, warf Tabitha ein. »Er holt nie eine von uns zu sich ins Bett.«
    »Er lässt es sich von stinkvornehmen Weibern machen«, bemerkte Violet, »von Gräfinnen und Herzoginnen und so etwas.«
    Bei diesem Hinweis auf Mr. Cravens sexuelle Präferenzen fühlte Sara sich knallrot werden. Je mehr sie über ihn erfuhr, desto rätselhafter wurde er für sie. Seine inneren Qualitäten waren hinter einer glatten, harten Fassade verborgen. In allererster Linie war er ein Selbstdarsteller. Geschickt umgab er sich mit einer Aura eleganter Dekadenz, die nicht nur die aristokratische Oberschicht zufriedenstellte, sondern auch die Halbwelt. Die gesellschaftlich Höherstehenden bekundete Höflichkeit war immer etwas überzogen und hart an der Grenze zur Verspottung. Sara war sicher, dass er nur wenige dieser Leute respektierte, da er deren dunkelste Geheimnisse kannte. Durch sein Netz von Spionen und Informanten wusste er über die Mätressen Bescheid, die diese Männer hatten, kannte den Inhalt ihrer Testamente, und es war ihm sogar geläufig, welche Noten ihre Söhne in Eton und Harrow bekommen hatten, und was diese eines Tages erben würden.
    Es hatte den Anschein, dass sehr wenige Männer den Mut aufbrachten, ihm gegenüber Bemerkungen über den scheußlichen Schmiss in seinem Gesicht zu machen. Die Mitglieder der königlichen Familie, Wellington, der berühmte Feldherr, und die ausländischen Diplomaten, die sich gern an den Glücksspieltischen aufhielten, wirkten allesamt etwas unbehaglich, wenn Mr. Craven anwesend war. Machte er einen Scherz, lachten sie ein bisschen zu leutselig. Schlug er etwas vor, kam man seinem Begehr im allgemeinen mit großem Eifer nach. Offensichtlich war niemandem daran gelegen, sein Missfallen zu erregen.
    Wie er am Abend der ersten Begegnung behauptet hatte, war er nie ärgerlich. Sara hatte beobachtet, dass seine Stimmungen zwischen kaltem Schweigen und beißendem Sarkasmus schwankten. Er schrie jedoch nie und verlor auch nicht die Selbstbeherrschung. Er war ein von Geheimnissen umgebener Mensch, der sich über sich lustig machen konnte, arrogant, gesellig und dennoch sehr in sich zurückgezogen. Hinter seinem freundlichen Lächeln verbarg sich ständig vorhandene Verbitterung.
    Saras Aufmerksamkeit wurde wieder von dem Gespräch angezogen. Miss Tabitha dachte laut über Mr. Cravens Vorliebe für aristokratische Frauen nach. »Unter einer Baronin tut er es nicht.« Sie lachte herzlich, als sie Miss Fieldings neugierige Miene bemerkte: »Sie sollten diese hochgeborenen Paradiesvögel bei den öffentlichen Bällen sehen. Sie gieren nach Mr. Craven, ja, wirklich! Und warum nicht? Er ist ein guter, solider Mann und nicht wie ihre verweichlichten, faulen Männer, die mehr für Karten und Alkohol übrig haben als für Frauen.«
    Verschwörerisch senkte

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