Roulette des Herzens
der Wand hängende Aquarell an, das eine Landschaft darstellte und vor Jahren von Mary Maracum, einer ihrer Freundinnen, gemalt worden war.
Mary war im selben Alter Wie sie, hatte den Vikar geheiratet und war jetzt Mutter von drei Kindern. Selbstmitleid überkam Sara. Nie war sie sich mehr wie eine alte Jungfer vorgekommen. Die Zähne zusammenbeißend, wischte sie sich mit dem Ärmel die nassen Augen aus. In diesem Moment betrat die Mutter das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
»Was ist passiert?« fragte sie ruhig, ließ sich neben der Tochter auf dem Bett nieder und faltete die Hände im Schoß. Ihre Haut war durch das Alter faltig geworden, doch ihre braunen Augen hatten noch einen jugendlichen, herzlichen Ausdruck.
»Deine Gäste. begann Sara.
»Oh, sie sind glücklich, die alten Scherze deines Vaters zu hören. Wir haben schließlich das Alter erreicht, in dem diese Witze wieder frisch sind.«
Sara und die Mutter lachten leise. Dann schüttelte Sara elend den Kopf. »Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht«, gestand sie und erzählte ihr von der Szene bei den Kingswoods und dem Ultimatum, das sie Mr. Kingswood gestellt hatte.
Sorgenvoll furchte Katie die Stirn und hielt tröstend die Hand der Tochter. »Ich glaube nicht, dass das ein Fehler war, Sara. Du hast das getan, was du für richtig gehalten hast. Es ist nicht falsch, auf sein Herz zu hören.«
»Oh, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll«, erwiderte Sara kläglich und wischte sich das nasse Gesicht mit dem Ärmel ab. »Mein Herz hat mir vor einigen Tagen ein paar sehr seltsame Dinge gesagt.«
Die Mutter lockerte leicht den Griff um die Hand der Tochter. »Über deinen Mr. Craven?«
Überrascht schaute Sara sie an., »Woher weißt du das?«
»Ich habe es der Art entnommen, wie du über ihn geredet hast. In deiner Stimme hat ein Ton mitgeschwungen, den ich bei dir noch nie gehört habe.«
Sara hatte zwar nur einige oberflächliche Einzelheiten über den Spielclub und den Mann, der ihn besaß, berichtet, hätte jedoch wissen müssen, dass die Mutter manches Ungesagte ahnen würde. Sie senkte den Kopf. »Er ist ein böser Mann, Mama«, flüsterte sie. »Er hat schreckliche Sachen in seinem Leben gemacht.«
»Aber du hast etwas an ihm entdeckt, das dich zu ihm hinzieht, nicht wahr?«
Einigen Tränen tropften Sara auf den Schoß. »Hätte er in der Kindheit jemanden gehabt, der ihm, das Gefühl für Recht und Unrecht anerzogen, ihn geliebt und sich um ihn gekümmert hätte, wäre ein guter, ein sehr anständiger Mensch aus ihm geworden.« Sie fragte sich, wie er sich entwickelt hätte, wäre er das Kind einer der in Greenwood Corners wohnenden Familien gewesen. Er wäre ein hübscher,; kleiner, gutgenährter Junge mit unschuldig blickenden grünen Augen gewesen, der mit den anderen Dorfkindern auf den Wiesen herumgetollt hätte. Dieses Bild von ihm schwand, jedoch, und in Gedanken sah sie ihn nun als dürren Kaminkehrerjungen, der in Schornsteinen hochkletterte und durch den aufgewirbelten Ruß husten musste. Aufregt verschränkte sie die Finger.
»Mr. Worthy hat mir erzählt, Mr. Craven sei ein Mann, dessen potentielle Möglichkeiten ruiniert sind. Und damit hatte er recht.«
Eindringlich schaute Katie die Tochter an. »Hat dieser Mann zugegeben, etwas für dich zu empfinden, Sara?«
»O nein!« antwortete Sara hastig. »Zumindest hat er nicht über die Art von Gefühlen für mich gesprochen, die Papa und du billigen würdet.«
Sie, errötete, weil die Mutter sich unerwartet erweise amüsierte. »Natürlich billige ich solche Gefühle«, sagte Katie schmunzelnd, »vorausgesetzt, du bist mit diesem Mann verheiratet.«
Sara strich sich durch das Haar, ruinierte sich dabei die Frisur und zog die ihr in die Kopfhaut stechenden Haaradeln heraus. »Es hat keinen Sinn, über ihn zu sprechen«, erwiderte sie dumpf. »Mr. Kingswood ist der einzige Mann, den ich will und den ich wahrscheinlich bekommen werde. Es ist jedoch möglich, dass ich mich jetzt jeder Möglichkeit beraubt habe, je seine Frau zu werden.«
»Das kann niemand mit Sicherheit wissen«, äußerte Katie bedächtig. »Aber ich denke, du hast ihm den Anstoß gegeben, den er haben musste. Tief im Herzen will er nicht für immer mit seiner Mutter allein sein. Er kann nie richtig zum Mann werden, bis er sie nicht verlassen und angefangen hat, eigene Entscheidungen zu treffen. Das hat sie ihm bisher so gut wie unmöglich gemacht. In gewisser Hinsicht lebt er wie in einem
Weitere Kostenlose Bücher