Roulette des Herzens
auf die Knochen, damit wir jemanden engagieren können, der deiner Mutter Gesellschaft leistet und sich um sie kümmert.«
»Nein«, hatte Perry sofort entgegnet. »Eine Hausmädchen würde sich nie so um sie kümmern wie ihre Angehörigen.«
Sara hatte sich vorgestellt, wie sie die Schwiegermutter von Kopf bis Fuß bedienen müsse. Dann würde sie das Schreiben aufgeben müssen. Verärgert hatte sie erwidert: »Du weißt, wie elend ich mich fühlen würde, Perry, wenn sie bei uns lebt. Sie wird sich über alles, was ich tue, beklagen, wie ich koche, den Haushalt führe und meine Kinder erziehe. Du verlangst zu viel von mir. Bitte, wir müssen eine andere Möglichkeit finden.«
»Du heiratest mich, um in guten und schlechten Tagen mit mir zu leben«, hatte er scharf gesagt. »Ich dachte, du hättest begriffen, was das bedeutet.«
»Mir war nicht klar, dass es für dich besser und für mich schlechter sein würde.«
»Wenn das Schlimmste, was uns je widerfahren kann, das Zusammenleben mit meiner Mutter ist, und ich bezweifele, dass es das sein wird, müsste deine Liebe zu mir so groß sein, um diesen Umstand akzeptieren zu können.«
Man hatte sich getrennt, ohne miteinander ins reine gekommen zu sein. Jeder hatte sich geweigert, den Standpunkt des anderen in Betracht zu ziehen. »Du hast dich verändert«, hatte Perry sich beschwert. »Du wirst von Tag zu Tag anders. Warum bist du nicht mehr das süße, glückliche Mädchen, in das ich mich verliebt habe?«
Sara war nicht fähig gewesen, ihm darauf eine Antwort zu geben. Sie wusste besser als er, wo daß Problem lag. Er wollte eine Frau, die seine Entscheidungen nie in Frage stellen würde. Er verlangte, dass sie schwierige Opfer brachte, damit er ein angenehmes Leben hatte. Und jahrelang war sie aus Liebe zu ihm dazu bereit gewesen, um ihn nicht zu verlieren. Doch jetzt schien die Liebe ihr manchmal den. Preis nicht wert zu sein, den er von ihr verlangte.
Er hatte recht. Sie hatte sich verändert. Die Schuld lag, bei ihr, nicht bei ihm. Noch vor kurzem war sie die Art Frau gewesen, die imstande gewesen wäre, ihn glücklich zu machen. Sie hätte ihn schon vor Jahren heiraten sollen.
Warum war sie nicht im Dorf geblieben und hatte auf andere, Weise statt durchs Schreiben Geld verdient? Warum hatte sie nach London fahren müssen?
Abends, wenn sie am Schreibtisch saß und über der Handlung ihres Romans brütete, ertappte sie sich manchmal dabei, wie hart sie die Feder festhielt, so dass die Finger ihr schmerzten. Wenn sie auf das Papier blickte, stellte sie fest, dass, es voller Tintenklekse war. Es fiel ihr jetzt schwer, sich Mr. Cravens Gesicht genau ins Gedächtnis zurückzurufen, aber überall wurde sie an ihn erinnert. Das Timbre der Stimme eines Mannes oder jemandes grüne Augen erschütterten sie manchmal bis ins Mark. Wann immer sie mit Mr. Kingswood zusammen war, bemühte sie sich, die beiden Männer nicht miteinander zu vergleichen, da es jedem gegenüber unrecht gewesen wäre.
Außerdem wollte Perry sie heiraten, wohingegen Mr. Craven klargemacht hatte, dass er nicht den Wunsch habe, ihre Zuneigung zu erringen.
»Ich werde Sie vergessen«, hatte er ihr versichert. Sie war überzeugt, dass er sie aus seinem Gedächtnis verdrängt hatte. Oh, wie dieser Gedanke schmerzte! Sie sehnte sich danach, sich Mr. Craven aus dem Kopf schlagen zu können.
Sie verdrängte die düsteren Gedanken und versuchte, sich das Haus vorzustellen, in dem sie mit Mr. Kingswood wohnen, würde. Man würde ruhige Abende vor dem Kaminfeuer verbringen und sonntags mit Freunden und Verwandten den Gottesdienst besuchen. In der Woche würde sie zum Markt gehen, mit Freundinnen plaudern und kleine Scherze Über das Eheleben machen. Das würde nett sein. Letztlich hatte Mr. Kingswood das Zeug zu einem guten Ehemann. Man war sich zugetan, hatte gemeinsame Interessen und Ansichten. Vielleicht würde die Ehe so gut verlaufen wie die ihrer Eltern.
Der Gedanke hätte Sara trösten müssen. Unerklärlicherweise konnte sie den sie erwartenden Aussichten jedoch nicht viel abgewinnen.
Die Weihnachtszeit verstrich in der gleichen traulichen Stimmung wie stets in Greenwood Corners. Sara hatte nicht viel Zeit, um sich mit ihrem Verlobten zu treffen. In den wenigen Stünden jedoch, die sie mit ihm verbrachte, bemühte man sich gemeinsam, jedem Streit aus dem Wege zu gehen. Am Heiligen Abend schenkte sie ihm eine Schachtel mit sechs schönen Taschentüchern, die sie mit seinen Initialen
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