Roulette des Herzens
draußen sein«, entgegnete Lily fröhlich.
»Sie werden keine Zeit mehr haben, sich für den Ball herrichten zu lassen.«
»Ich brauche nie viel Zeit zum Umziehen.« Lily lachte ihre Kinder an. »Und außerdem ist es viel lustiger, draußen zu spielen, statt an einem langweiligen Ball teilzunehmen.«
Hochmütig schniefend ging die Kinderfrau die Mäntel ihrer Schützlinge holen.
»Kann ich eine meiner Puppen mitnehmen, Mama?« fragte Nicole.
»Gewiss, Liebling.«
Sara musste über Lady Nicoles drolligen Charme lächeln. Das Mädchen machte einen bemalten Spielzeugsehrank auf und kramte unter einer Reihe von Puppen. Die Kleine war ein ausgesprochen damenhaftes kleines Geschöpf.
Vertraulich beugte Lily sich zu Miss Fielding. »Ich ermutige Nicole dazu, so wild zu sein, wie sie will, aber sie mag nichts davon hören. Sie ist ein kleiner Engel. Ja, das ist sie. Sie ist ganz anders als ich.« Lily lachte verhalten.
»Warten Sie bis Sie Kinder haben, Miss Fielding.
Wahrscheinlich werden sie richtige Rabauken sein.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, erwiderte Sara und versuchte, sich als Mutter zu sehen. Ein sehnsüchtiges Lächeln erschien flüchtig auf ihren Lippen. »Ich weiß nicht, ob ich Kinder haben will. Manche Frauen sind nicht dazu geschaffen, Kinder zu haben.«
»Sie sind dazu geschaffen«, sagte Lily nachdrücklich.
»Woher wissen Sie das?«
»Bei Ihrer Geduld und Freundlichkeit und all der Liebe, die Sie zu verschenken haben, werden Sie wirklich die beste Mutter der Welt sein.«
Sara lachte trocken auf. »Nun, nachdem wir das jetzt wissen, fehlt mir nur noch der Erzeuger meiner Kinder.«
»Heute Abend werden unzählige Junggesellen am Ball teilnehmen. Beim Essen habe ich Sie zwischen zwei der vielversprechendsten platziert. Haben Sie das blaue Kleid mitgebracht? Gut! Ich nehme an, Sie können jeden Mann haben, nach dem Ihnen der Sinn steht.«
»Ich bin nicht hergekommen, weil ich auf der Jagd nach einem Gatten bin«, sagte Sara verstört.
»Nun, das muss doch nicht bedeuten, dass Sie sich Ihnen bietende gute Möglichkeiten ignorieren, nicht wahr?«
»Nein, wahrscheinlich nicht«, murmelte Sara und beschloss, nicht abzureisen. Da sie schon hier war, konnte es nichts schaden, noch zu bleiben.
Die Gäste, in eleganter Abendgarderobe, versammelten sich im Salon und begannen die lange und komplizierte Prozession ins Speisezimmer, einen üppig ausgestalteten Raum mit einer hohen, bemalten Decke. Die Paare waren je nach ihrem Rang, ihrer Bedeutung und ihrem Alter arrangiert worden. Die Damen hatten sich links von den Herren eingehakt und promenierten zu den beiden langen Tafeln. Die Tische waren mit feinstem Damast, unzähligen Kristallgläsern, Silberzeug und feinem, gemustertem Porzellan beladen.
Sara saß zwischen zwei charmanten Herren und genoss das Dinner sehr Die Unterhaltung war faszinierend, da am Tisch Dichter saßen, die aus ihren neuesten Werken zitierten, und Botschafter, die amüsante Geschichten von ihrem Leben im Ausland erzählten. Alle paar Minuten wurde ein Trinkspruch ausgebracht, und man erhob die Gläser, stieß auf die Gastgeber an, die Güte des Essens, die Gesundheit des Königs und andere Personen und Anlässe, die den Gästen wesentlich erschienen. Weißbehandschuhte Lakaien bewegten sich geräuschlos zwischen den Dinierenden hin und her, brachten die Gerichte und Kristallplatten mit kleinen Köstlichkeiten, von denen man zwischen den Gängen naschen konnte. Zum Schluss des Mahls gab es geeisten Champagner, Feingebäck und eine Auswahl köstlicher Früchte.
Die Tafeln wurden abgedeckt, und die Herren lehnten sich zurück, um von Lord Wolvertons Bestand an trockenen Weißweinen, Sherry und Portwein zu kosten, dazu eine Zigarre zu rauchen und sich über Themen zu unterhalten, für die Männer sich interessierten, wie die Jagd oder die Politik. Die Damen hatten sich inzwischen in andere Räume zurückgezogen, um Tee zu trinken und zu klatschen. Etwa zwei Stunden später würde man sich gemeinsam in den Ballsaal begeben.
Links von Alexander sitzend, nippte Derek an einem Glas Portwein und hörte mit täuschender Trägheit der Unterhaltung zu. Es war nicht sein Bestreben, in den dem Essen folgenden Diskussionen eine aktive Rolle zu spielen, ganz gleich, wie gutmütig diese Debatten verliefen. Keiner der Herren beging den Fehler, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Er war kein großer Redner und verabscheute es, viele Worte zu machen. Es war jedoch seine Art, mit nur
Weitere Kostenlose Bücher