Roulette des Herzens
eingeladen hast, Lily. Es ist so aufregend, einen derart gefährlichen Mann um sich zu wissen. Das gibt einem das Gefühl, alles könnte passieren.«
»Unsinn!« erwiderte Lily. »Er ist nicht gefährlicher als der dort neben der Kamin liegende Kater.«
Einige zweifelnde Blicke wurden auf den dicken, trägen und jetzt schlafenden Kater gerichtet, der sich viel mehr dafür interessierte, Sahne zu schlecken, als um Katzen herumzustreichen. Angesichts der ungläubigen Mienen der anderen Frauen wechselte Lily rasch das Thema: »Kein Wort mehr über Männer! Sie sind lästige Kreaturen, und das ist alles.«
»Wir haben wichtigere Dinge zu diskutieren.«
»Zum Beispiel?« Adele fragte sich sichtlich, was wichtiger sein könne als Männer.
»Habe ich zufällig erwähnt, dass wir eine Autorin in unserer Mitte haben?« fragte Lily fröhlich. »Ihr müsst mit ihr reden. Ihr habt den Roman ›Mathilda‹ doch verschlungen, nicht wahr?«
Um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, hatte Sara sich in einer Ecke des Raums in einem Sessel niedergelassen.
Plötzlich sah sie sich im Mittelpunkt aller Blicke, und eine Flut aufgeregter Fragen brach über ihr herein: »Sie haben, Mathilda geschrieben?«
»Meine Liebe, Sie müssen uns alles über sie erzählen! Wie haben Sie sie kennengelernt?«
»Wie ergeht es ihr jetzt?«
Sara lächelte und unternahm tapfer den Versuch, die Fragen zu beantworten, stellte jedoch schon bald fest dass es unwichtig war, was sie äußerte. Alle Damen beantworteten selbst ihre Fragen und redeten einfach weiter. Kläglich sah sie Lady Wolverton an, die sie angrinste und hilflos mit den Achseln zuckte, um ihr zu bedeuten, die anderen anwesenden Damen seien unverbesserlich.
Zwei Stunden vor dem Dinner begannen die Damen sieh zu zerstreuen, um das Kleid zu wechseln und sich für einen langen Abend zurechtmachen zu lassen. Sara schaute Mich um und wurde sich bewusst, dass ein Neuankömmling sich Im Raum befand, eine blonde Frau, der sie noch nicht vorgestellt worden war. Wenngleich die anderen Damen die Person lustlos begrüßten, schien niemand geneigt zu sein sie als Freundin zu behandeln.
Sara drehte sich im Sessel uni und betrachtete sie.
Die Frau war schlank und sehr eindrucksvoll. Sie hatte ein feingeschnittenes Gesicht, mit dünner aristokratischer Nase, gezupften hohen Brauen und blaugrünen Augen Das volle goldblonde Haar fiel ihr in Ponyfransen in die Stirn und war ansonsten zu einer zerzaust anmutenden Lockenfrisur gekämmt. Hätte ihr Gesicht einen herzlichen Ausdruck gehabt, wäre sie hinreißend schön gewesen. Ihr Blick war jedoch eigenartig leer und hart. Er machte Sara unbehaglich.
»Und wer sind Sie?« erkundigte sich die Frau.
»Miss Sara Fielding, Madam.«
»Sara Fielding«, wiederholte die Dame und schaute sie abwägend an. »Sara Fielding.«
Unbehaglich stellte Sara die Teetasse ab und begann, sieh unsichtbare Stäubchen vom Rock zu wischen. Da die übrigen Damen den Raum verließen, fragte sie sich, wie sie ihnen hinterhergehen könne, ohne unhöflich zu wirken.
»Woher kommen Sie?« fragte die Frau.
»Aus Greenwood Corners, Madam. Das ist ein nicht weit von hier gelegenes kleines Dorf.«
»Wie reizend Sie sind! Greenwood Corners! Natürlich! Bei Ihrem Teint, der so rein ist wie der eines Milchmädchens, mussten Sie vom Lande kommen! Und diese entzückend unschuldige Ausstrahlung! Sie geben mir das Gefühl, Sie beschützen zu müssen. Wie ich sehe, sind Sie nicht verheiratet. Erzählen Sie mir, Miss Fielding, ob schon ein Mann Ihr Herz begehrt.«
Sara schwieg, weil sie nicht wusste, was sie vom Interesse der Frau an ihr halten solle.
»Oh, Sie werden viele Herzen brechen«, fuhr Lady Ashby fort, »selbst die härtesten. Kein Mann könnte einer so hübschen Unschuld vom Lande widerstehen. Ich glaube, Sie könnten einem alten Mann das Gefühl geben, wieder jung zu sein. Wirklich, wahrscheinlich könnten Sie einen Teufelsbraten dazu überreden, den Satan sausen zu lassen.«
Joyce«, sagte Lily ruhig. Die beiden Damen schauten sie an. Ihre Miene wirkte ungewöhnlich hochmütig. Sara erhob sich, im stillen dankbar für die Rettung. »Ich bin sicher, Miss Fielding weiß alle diese schmeichelhaften Bemerkungen zu würdigen«, fuhr Lily in kühlem Ton fort.»Sie ist jedoch ziemlich schüchtern, und ich möchte nicht, dass du irgendeinem meiner Gäste Unbehagen einflößt.«
»Was für eine tadellose Gastgeberin du geworden bist, Lily«, säuselte Joyce und starrte sie
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