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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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der ich sie in meinem blinden Zorn eben so wie Diderots Billet selbst vorlesen wollte.
    »Mein werther Freund, Sie können weder wissen, wie groß die Verpflichtungen sind, die ich gegen Frau von Epinay habe, noch bis zu welchem Punkte sie mich binden, können nicht wissen, ob sie meiner wirklich auf ihrer Reise bedarf, ob sie meine Begleitung wünscht, ob es mir möglich ist, die Reise zu unternehmen, und welche Gründe ich habe, von ihr abzustehen. Ich lehne eine Besprechung über alle diese Punkte mit Ihnen nicht ab; bis dahin müssen Sie mir aber eingestehen, daß Ihre mir so bestimmt ertheilten Vorschriften über mein Verhalten, noch ehe Sie sich in den Stand gesetzt haben, sich darüber ein Urtheil zu bilden, nach einer starken Dosis Leichtsinn schmecken, mein werther Philosoph. Noch schlimmer ist dabei meine Wahrnehmung, daß Ihr Rath gar nicht von Ihnen kommt. Abgesehen davon, daß ich wenig Lust empfinde, mich unter Ihrem Namen von dem Dritten und Vierten leiten zu lassen, finde ich bei all diesen Angriffen gewisse Winkelzüge, die mit Ihrem Freimuth nichts gemein haben und deren Sie in Zukunft wohl thun werden, sich um Ihretwillen wie um meinetwillen zu enthalten.
    »Sie befürchten, daß man mein Betragen falsch auffassen könne; aber ich traue es einem Herzen wie dem Ihrigen nicht zu, daß es die Dreistigkeit besitzt, von dem meinigen schlecht zu denken. Andere würden vielleicht besser von mir reden, wenn ich ihnen mehr gliche. Gott möge mich vor ihrem Beifalle bewahren! Mögen mich die Bösen belauschen und bekritteln: Rousseau ist nicht der Mann, sie zu fürchten, und Diderot nicht der, auf sie zu hören.
    »Wenn mir Ihr Billet mißfallen hat, soll ich es nach Ihrem Verlangen in das Feuer werfen, und es soll nicht mehr die Rede davon sein. Denken Sie, daß man das, was von Ihnen kommt, so vergißt? Mein Lieber, Sie schlagen bei dem Leid, das Sie mir bereiten, meine Thränen eben so gering an, wie mein Leben und meine Gesundheit bei Ihrem Rathe dafür zu sorgen. Wenn Sie sich hierin bessern könnten, würde mir Ihre Freundschaft noch angenehmer sein, und ich wäre weniger zu beklagen.«
    Als ich in Frau von Epinay's Zimmer trat, fand ich Grimm bei ihr und war darüber entzückt. Ich las ihnen meine beiden Briefe mit lauter und klarer Stimme und mit einer Unerschrockenheit vor, deren ich mich nicht für fähig gehalten hätte, und fügte am Schlusse noch einige Reden hinzu, die mit ihr völlig im Einklange standen. Bei dieser unerwarteten Kühnheit eines für gewöhnlich so blöden Menschen sah ich sie beide entsetzt, bestürzt, sprachlos; ich sah namentlich jenen anmaßenden Menschen die Augen zu Boden schlagen und nicht wagen, meine funkelnden Blicke auszuhalten. Aber in demselben Augenblicke schwur er in der Tiefe seines Herzens meinen Untergang, und ich bin überzeugt, daß sie ihn verabredeten, ehe sie sich trennten.
    Ungefähr um diese Zeit erhielt ich durch Frau von Houdetot endlich Lamberts Antwort (Heft A, Nr. 57), noch aus Wolfenbüttel wenige Tage nach seinem Anfalle datirt, auf meinen Brief, der sich unterwegs lange aufgehalten hatte. Diese Antwort brachte mir einen Trost, den ich in jenem Augenblicke sehr nöthig hatte, durch die Erweisungen von Achtung und Freundschaft, von denen sie voll war, und die mir den Muth und die Kraft einflößten, sie zu verdienen. Von diesem Augenblicke an that ich meine Pflicht; aber es steht fest, daß ich, wenn sich Saint-Lambert als einen weniger verständigen, weniger edelmüthigen, weniger ehrenwerthen Mann gezeigt hätte, rettungslos verloren gewesen wäre.
    Die Jahreszeit wurde schlecht, und man fing an das Land zu verlassen. Frau von Houdetot gab mir den Tag an, an dem sie von dem Thale Abschied zu nehmen gedachte, und setzte mir eine Zusammenkunft unter vier Augen in Eaubonne fest. Zufälligerweise war dieser Tag der nämliche, an welchem Frau von Epinay die Chevrette verließ, um in Paris die Vorbereitungen zu ihrer Reise zu beenden. Zum Glück reiste sie am Morgen ab, und ich hatte, als ich von ihr geschieden, noch Zeit, bei ihrer Schwägerin rechtzeitig zum Mittagbrot zu erscheinen. Ich hatte Saint-Lamberts Brief in meiner Tasche; ich las ihn während der Wanderung mehrere Male. Dieser Brief diente mir als Aegide gegen meine Schwäche. Ich faßte den Entschluß und blieb ihm treu, in Frau von Houdetot nur meine Freundin und die Geliebte meines Freundes zu erblicken, und ich verlebte die vier oder fünf Stunden des Zusammenseins mit ihr in einer

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