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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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wiederzusehen, von der andern, um sie nur noch zweimal bei Gelegenheiten wiederzusehen, deren ich später erwähnen werde.
    Nach ihrer Abreise fand ich mich in einer großen Verlegenheit, um so viele dringende und sich widersprechende Pflichten, die Folgen meiner Unklugheit, zu erfüllen. Wäre ich nach dem Vorschlage und der Ablehnung dieser Genfer Reise in meinem natürlichen Zustande gewesen, so brauchte ich nur ruhig zu bleiben, und alles war damit gesagt. Thörichterweise hatte ich die Sache an die große Glocke gehängt, so daß sie auf der Stufe, auf der sie sich befand, nicht bleiben durfte, und ich konnte mich jeder weitern Erklärung nur dadurch entziehen, daß ich die Eremitage verließ. Nun hatte ich aber der Frau von Houdetot versprochen, es nicht zu thun, wenigstens nicht augenblicklich. Noch mehr: sie hatte verlangt, daß ich meine Weigerung mitzureisen bei meinen vorgeblichen Freunden entschuldigen sollte, damit man ihr nicht die Schuld zur Last legte. Gleichwohl konnte ich den wahren Grund nicht geltend machen, ohne Frau von Epinay, der ich doch nach allem, was sie für mich gethan hatte, sicherlich Dankbarkeit schuldig war, zu kränken. Alles wohl erwogen, blieb mir nur die schmerzliche, aber unvermeidliche Wahl, entweder Frau von Epinay oder Frau von Houdetot oder mir selbst wehe zu thun, und ich entschloß mich zu dem Letztern. Ich ging dabei offen, rückhaltslos, ohne Winkelzüge und mit einem Edelmuthe zu Werke, der mich fürwahr von den Fehlern zu reinigen verdiente, die mich zu diesem Aeußersten gezwungen hatten. Dieses Opfer, das meine Feinde zu benutzen verstanden und vielleicht erwartet hatten, hat meinen Ruf zu Grunde gerichtet und mir auf ihr Anstiften die öffentliche Achtung geraubt, mir aber dafür meine eigene zurückgegeben und mich in meinem Unglück getröstet. Und wie man sehen wird, habe ich solche Opfer weder zum letzten Male gebracht, noch hat man sich ihrer zum letzten Male bedient, um mich zu Boden zu drücken.
    Grimm war der Einzige, der an dieser Angelegenheit keinen Antheil genommen zu haben schien, und deshalb beschloß ich, mich an ihn zu wenden. Ich schrieb einen langen Brief an ihn, in welchem ich ihm die Lächerlichkeit, mir diese Genfer Reise zur Pflicht machen zu wollen, sowie die Nutzlosigkeit und sogar Verlegenheit auseinandersetzte, die ich auf ihr für Frau von Epinay gewesen sein würde; zugleich beschrieb ich die Unannehmlichkeiten, die mir selbst daraus erwachsen wären. In diesem Briefe widerstand ich nicht der Versuchung, durchblicken zu lassen, daß ich vollkommen unterrichtet war, und daß es mir sonderbar erschiene, wenn man behauptete, ich wäre zu dieser Reise verpflichtet, während er selbst sich von ihr frei machte und man seiner gar nicht Erwähnung thäte. Da ich in diesem Briefe meine Gründe nicht frei heraussagen konnte und mich deshalb zu allerlei Ausflüchten gezwungen sah, würde er mir in der öffentlichen Meinung den Schein großen Unrechts gegeben haben, aber er war für Leute, welche wie Grimm mit den Dingen, die ich in ihm verschwieg und die meine Handlungsweise vollständig rechtfertigten, vertraut waren, ein Muster von Zurückhaltung und Klugheit. Ich scheute mich nicht einmal, ein Vorurtheil mehr gegen mich zu erwecken, indem ich Diderots Rath meinen anderen Freunden zuschrieb, um zu verstehen zu geben, daß Frau von Houdetot eben so gedacht hatte, wie es auch der Fall war, und verschwieg, daß sie auf meine Gründe hin ihre Ansicht geändert hatte. Ich konnte sie nicht besser von dem Verdachte reinigen, mit mir einverstanden gewesen zu sein, als wenn es den Anschein hatte, daß ich mit ihr in diesem Punkte unzufrieden war.
    Dieser Brief schloß mit einem Acte des Vertrauens, von dem jeder andere Mensch gerührt worden wäre, denn indem ich Grimm aufforderte, meine Gründe zu erwägen und mir darauf seine Ansicht mitzutheilen, erklärte ich mich bereit, diesem Rathe zu folgen, wie er auch ausfallen möchte, und dies war wirklich meine Absicht, auch wenn er für meine Mitreise gestimmt hätte; denn da sich Herr von Epinay zum Begleiter seiner Frau auf dieser Reise aufgeworfen hatte, so erschien meine Begleitung dann in einem ganz andern Lichte, während man mir anfangs die Hauptaufgabe zugedacht hatte, und Herr von Epinay erst nach meiner Ablehnung in Frage kam.
    Grimms Antwort ließ auf sich warten; sie war merkwürdig. Ich will sie hier wiedergeben (siehe Heft A, Nr. 59).
    »Frau von Epinays Abreise ist aufgeschoben; ihr Sohn ist

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