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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Eifersucht eines jeden, der sich dessen bewußt war, daß er nicht eben so gehandelt hätte. Am nächsten Morgen schrieb mir Jelyotte ein Billet, in dem er mir den Erfolg meines Stückes und das Entzücken des Königs über dasselbe lebhaft betheuerte. Den ganzen Tag, hieß es darin unter anderen, hört Seine Majestät nicht auf mit der falschesten Stimme in seinem Königreiche zu singen: »Meinen Diener find' ich nirgends, all mein Glück ist mir geraubt«. Er fügte hinzu, daß der »Wahrsager« in vierzehn Tagen zum zweiten Male aufgeführt werden sollte, wobei sich das ganze Publikum von dem vollen Erfolge der ersten Vorstellung würde überführen können.
    Als ich mich zwei Tage später abends gegen neun Uhr zu Frau von Epinay begab, bei der ich zu Nacht speisen wollte, kreuzte unmittelbar vor ihrer Hausthür ein Fiaker meinen Weg. Der darin sitzende Fahrgast winkte mir zu ihm hineinzusteigen; ich stieg ein; es war Diderot. Er redete mit mir von der Pension mit einem Feuer, das ich in Betreff eines solchen Gegenstandes von einem Philosophen nicht erwartet hätte. Er legte es mir nicht als Verbrechen aus, daß ich dem Könige nicht hatte vorgestellt werden wollen, erblickte aber ein ganz erschreckliches in meiner Gleichgiltigkeit gegen die Pension. Er erklärte mir, daß, wenn ich auch für meine Person uneigennützig wäre, ich es doch im Hinblick auf Frau Le Vasseur und ihre Tochter nicht sein dürfte; daß ich ihnen schuldig wäre, kein ehrliches Mittel zu ihrem Unterhalte unbenutzt zu lassen, und da man nach allem nicht behaupten könnte, ich hätte die Pension abgelehnt, so beharrte er dabei, daß ich bei der offenbaren Geneigtheit, sie mir zu bewilligen, mich um sie bewerben und sie um jeden Preis zu erlangen suchen müßte. Obgleich ich von seinem Eifer gerührt wurde, konnte ich seinen Grundsätzen doch nicht beistimmen, und wir hatten hierüber einen sehr lebhaften Streit, den ersten, den ich mit ihm hatte. Alle unsere späteren Zwistigkeiten entstanden übrigens auf dieselbe Weise, indem er mir vorschreiben wollte, was ich seiner Ansicht nach thun müßte, während ich mich dagegen verwahrte, weil ich es nicht thun zu müssen glaubte.
    Es war spät, als wir von einander schieden. Ich wollte ihn zu Frau von Epinay mitnehmen, um dort zu speisen, doch weigerte er sich. Welche Mühe ich mir auch in dem Verlangen, alle, welche ich liebe, zu Freunden zu machen, in verschiedenen Zeiten gegeben habe, um Diderot zu einem Besuche bei jener Dame zu bewegen, wobei ich sie sogar bis vor seine Thüre führte, die er uns aber verschlossen hielt: er hat es stets abgelehnt und nur in den verächtlichsten Ausdrücken von ihr gesprochen. Erst nach meinem Bruche mit ihr und ihm traten sie einander näher, und er begann mit Ehrfurcht von ihr zu reden.
    Seit jener Zeit schienen es sich Diderot und Grimm zur Aufgabe zu machen, mir Therese und ihre Mutter zu entfremden, indem sie ihnen zu verstehen gaben, daß es, wenn sie nicht in angenehmeren Verhältnissen lebten, lediglich in meinem üblen Willen läge, und daß sie von mir nie etwas zu hoffen hätten. Sie suchten sie zu veranlassen, sich von mir zu trennen, indem sie ihnen unter Hinweis auf den Einfluß der Frau von Epinay einen Salzverschleiß, einen Tabakladen und ich weiß nicht was sonst noch versprachen. Sie wollten sogar Duclos eben so wie Holbach in ihr Bündnis ziehen; aber der erstere lehnte dergleichen Aufforderungen beständig ab. Ich bekam damals zwar Wind von allen diesen Vorgängen, erfuhr sie aber ganz genau erst lange nachher, und ich hatte oft den blinden und wenig besonnenen Eifer meiner Freunde zu beklagen, die bei ihrem Bestreben, mich in meinem leidenden Zustande der traurigsten Vereinsamung zu überliefern, daran zu arbeiten wähnten, mich gerade durch die Mittel glücklich zu machen, welche in Wahrheit am geeignetsten waren, mich elend zu machen.

1753
    Im nächsten Carneval 1753 wurde der »Wahrsager« in Paris gespielt, und diese Pause gewährte mir Zeit, noch die Ouverture und das Ballet zu componiren. Dieses Ballet mußte in der Form, in der es geschrieben ist, von Anfang bis zu Ende voll Leben sein und eine zusammenhängende Handlung bilden, die nach meiner Ansicht Gelegenheit zu sehr effectvollen Tänzen gab. Aber als ich in der Oper diesen Plan zum Vorschlag brachte, hörte man mich nicht einmal an, und ich mußte die allergewöhnlichsten Lieder und Tänze zusammendrechseln. Die Folge war, daß dieses Ballet, wenn auch voll reizender Ideen,

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