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Roverandom

Roverandom

Titel: Roverandom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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in Roverandoms Unterbewusstsein. Und jedes Mal, wenn er zurückkehrte, wurde er ihm wieder bewusst.
    Sein erster Gedanke war: »Wo steckt der alte Hexenmeister? Was hat es für einen Zweck, höflich zu ihm zu sein! Ich werde ihm seine Hose noch einmal zerbeißen, wenn ich die kleinste Gelegenheit bekomme.«
    In dieser Stimmung war er, als er Artaxerxes, nachdem er vergeblich versucht hatte, ein Wort mit ihm allein zu reden, auf einer der königlichen Straßen sah, die vom Palast wegführten. Er war natürlich zu stolz, sich in seinem Alter einen Schwanz oder Flossen zuzulegen oder richtig schwimmen zu lernen. Dafürtrank er wie ein Fisch (sogar unter Wasser, also musste er mächtigen Durst haben); er brachte eine Menge Zeit, die er besser für sein Amt hätte verwenden sollen, damit zu, in seinen privaten Gemächern Apfelwein in großen Fässern zusammenzubrauen. Wenn er es eilig hatte, fuhr er. Als Roverandom ihn erblickte, fuhr er in seiner Expresskutsche – einer riesigen Muschelschale, die von sieben Haifischen gezogen wurde. Die Leute machten ihm hurtig Platz, denn die Haifische konnten beißen.
    »Folgen wir ihm!«, sagte Roverandom zum Meer-Hund, und das taten sie; und die beiden Hunde ließen, immer wenn die Kutsche unter Klippen hindurchfuhr, Felsstücke hineinfallen. Sie konnten verblüffend schnell flitzen, wie ich euch sagte; und sie sausten vorneweg, versteckten sich in Tangbüschen und stießen alles, was locker war, über den Rand. Das ärgerte den Zauberer ungemein, doch sie gaben acht, dass er sie nicht erspähte.
    Schon bevor er aufbrach, war Artaxerxes sehr schlechter Laune gewesen, und er kochte vor Wut, bevor er weit gekommen war, eine Wut, die nicht frei von Furcht war. Denn er war unterwegs, um den Schaden zu untersuchen, den ein ungewöhnlicher Wasserstrudel angerichtet hatte, der plötzlich aufgetreten war – und in einem Teil des Meeres, den er überhaupt nicht mochte; er glaubte (womit er ganz recht hatte), dass es in dieser Richtung unangenehme Dinge gab, die man besser so ließ, wie sie waren. Ich glaube wohl, dassihr erraten könnt, was dort los war; Artaxerxes wusste es:Die uralte Seeschlange wachte auf oder dachte zumindest darüber nach.
    Die Schlange hatte jahrelang tief geschlafen, aber jetzt drehte sie sich. Wenn sie ganz ausgerollt war, erstreckte sie sich mit Sicherheit über hundert Meilen (manche Leute sagen, dass sie von einem Ende der Welt bis zum anderen reicht, aber das ist eine Übertreibung); und wenn sie zusammengerollt ist, gibt es keine andere Höhle als die »Reuse« (wo sie gewöhnlich haust und wohin sie viele Leute zurückwünschen), nur eine Höhle in allen Ozeanen, in die sie hineinpasst, und diese liegt unglücklicherweise kaum hundert Meilen vom Palast des Meerkönigs entfernt.
    Wenn sie im Schlaf eine oder zwei Windungen entrollte, ließ sie das Wasser beben und zittern, die Häuser der Leute schwankten, und sie sorgte im Umkreis von vielen Meilen für Unruhe. Doch es war sehr einfältig, den PAM zu ihr zu schicken; denn die Seeschlange ist natürlich viel zu riesig und stark und alt und verrückt (uranfänglich, prähistorisch, meerentsprungen, fabelhaft, mythisch und töricht sind andere Adjektive, die man auf sie anwendet), als dass sie irgendjemand beherrschen könnte; und das alles wusste Artaxerxes nur zu gut.
    Nicht einmal der Mann im Mond hätte sich, wenn er fünfzig Jahre lang schwer gearbeitet hätte, einen Zauberspruch ausdenken können, der groß oder lang oder stark genug wäre, sie zu fesseln. Nur ein einziges Mal hatte der Mann im Mond (auf speziellen Wunsch) es versucht, und das Ergebnis war,dass mindestens ein Kontinent ins Meer fiel.
    Der arme alte Artaxerxes fuhr geradewegs zum Eingang der Höhle der Seeschlange. Doch er war kaum aus seinerKutsche gestiegen, als erdie Spitze ihres Schwanzes erblickte, die aus dem Eingang lugte; sie war größer als eine Reihe riesiger Wasserfässer und grün und schleimig. Das reichte ihm völlig. Er wollte auf der Stelle nach Hause zurück,bevor die Schlange sich abermals drehte – wie es alle Schlangen in ausgefallenen und unerwarteten Augenblicken zu tun pflegen.
    Es war der kleine Roverandom, der alles durcheinanderbrachte! Er wusste nichts über die Seeschlange oder über ihre Schrecklichkeit; er dachte nur daran, dem schlecht gelaunten Zauberer eins auszuwischen. Als also die Gelegenheit kam – Artaxerxes starrte wie vernagelt das sichtbare Ende der Schlange an, während seine Zugtiere kein

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