Roverandom
besonderes Interesse verrieten –, schlich er herbei und biss zum Spaß in einen der Haifischschwänze. Zum Spaß! Was für ein Spaß! Der Haifisch sprang stracks vorwärts, und die Kutsche schnellte ebenfalls nach vorn; und Artaxerxes, der sich gerade umgedreht hatte, um einzusteigen, fiel auf den Rücken. Darauf biss der Haifisch das Einzige, das er im Augenblick erreichen konnte, und das war der Haifisch vor ihm; und dieser Haifisch biss den nächsten; und so weiter, bis der letzte der sieben, der nichts sonst zum Beißen vor sich sah – du liebe Güte, dass diesem Schwachkopf nichts anderes einfiel, als die Seeschlange in den Schwanz zu beißen!
Die Seeschlange machte eine neue und gänzlich unerwartete Drehung! Und dann wussten die Hunde nur noch, dass sie kreuz und quer in toll gewordenem Wasser umhergewirbelt wurden, mit schwindeligen Fischen und torkelnden Meerbäumen zusammenstießen, zu Tode erschreckt, in einer Wolke von ausgerissenem Tang, Sand, Muschelschalen, Strandschnecken und anderem Krimskrams. Und alleswurde schlimmer und schlimmer, und die Schlange drehte sich weiter. Und da war der alte Artaxerxes, der sich an die Zügel der Haifische klammerte, auch er durch die Gegend gewirbelt, und rief ihnen die schrecklichsten Dinge zu. Den Haifischen, meine ich. Zum Glück für diese Geschichte erfuhr er nie, was Roverandom getan hatte.
Ich weiß nicht, wie die Hunde nach Hause kamen. Jedenfalls dauerte es sehr, sehr lange. Zuerst wurden sie von einer der furchtbaren Flutwellen, hervorgerufen durch die Bewegungen der Seeschlange, nach oben ans Ufer gespült; und dann wurden sie auf der anderen Seite des Meeres von Fischern gefangen und um ein Haar in ein Aquarium geschickt (ein abscheuliches Schicksal); und nachdem sie mit knapper Not entkommen waren, mussten sie den ganzen Weg durch den andauernden unterseeischen Tumult aus eigener Kraft zurückschwimmen.
Und als sie schließlich heimkamen, herrschte auch dort ein schrecklicher Tumult. Das ganze Meervolk hatte sich um den Palast versammelt, und alle riefen zugleich:
»Der PAM soll rauskommen!« ( Ja, so nannten sie ihn in aller Öffentlichkeit und nicht mehr bei seinem langen, würdevollen Namen.) »RAUS MIT DEM PAM! RAUS MIT DEM PAM!«
Und der PAM versteckte sich im Keller. Dort fand ihn Mrs. Artaxerxes schließlich und bewog ihn, hervorzukommen; und das ganze Meervolk rief, als er aus einem Dachfenster guckte:
»Mach Schluss mit diesem Unsinn! SCHLUSS MIT DIESEM UNSINN! SCHLUSS MIT DIESEM UNSINN!«
Und sie machten ein solches Getöse, dass die Leute an allen Küsten der Welt glaubten, das Meer dröhne lauter als gewöhnlich. Das stimmte! Und die ganze Zeit drehte sich die Seeschlange weiter undversuchte zerstreut, ihre Schwanzspitze in ihr Maul zu bekommen. Doch dem Himmel sei Dank, sie war nicht richtig und ganz wach, sonst wäre sie hervorgekommen und hätte vor Wut mit ihrem Schwanz gepeitscht, und dann wäre vielleicht ein weiterer Kontinent untergegangen. (Ob das wirklich zu bedauern gewesen wäre oder nicht, hängt natürlich davon ab, welcher Kontinent betroffen gewesen wäre und auf welchem ihr lebt.)
Aber das Meervolk lebte nicht auf einem Kontinent, sondern im Meer, und zwar mittendrin; und sie wurden sehr ärgerlich. Und sie bestanden darauf, es sei Sache des Meerkönigs, dafür zu sorgen, dass der PAM einen Zauber, ein Gegenmittel oder eine Arznei schaffe, um die Seeschlange ruhig zu halten: Das Wasser zitterte so sehr, dass sie weder Nahrung zum Munde führen noch sich die Nasen putzen könnten; und dauernd stoße der eine mit dem anderen zusammen; und alle Fische seien seekrank, so aufgewühlt sei das Wasser und so trübe und voll von Sand, dass jeder Husten hätte; und das Tanzen hätte ganz aufgehört.
Artaxerxes stöhnte, aber er musste etwas unternehmen. Also ging er in seine Werkstatt und schloss sich vierzehn Tage lang ein, und im Laufe dieser Zeit gab es drei Erdbeben, zwei Unterwasser-Orkane und zahlreiche Rebellionen des Meervolkes. Dann kam er heraus und ließ in einiger Entfernung von der Höhle einen höchst großartigen Zauberspruch (begleitet von besänftigenden Beschwörungen) vom Stapel; und alle gingen nach Hause, saßen in den Kellern und warteten – Mrs. Artaxerxes und ihr unglücklicherEhegatte ausgenommen. Der Zauberer war genötigt auszuharren (in einiger Entfernung, aber keineswegs einer sicheren), um das Ergebnis zu beobachten; und Mrs. Artaxerxes war genötigt auszuharren, um den Zauberer zu
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