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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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sie, denn jetzt hatte der Krampf sie gepackt.
    Und nun überwand auch Mirmah ihre Scheu und stürzte zu ihr. Auf den Knien lag die Tochter und hielt sie umschlungen.
    Mirmah war selbst Herrscherin genug, um zu verstehen, daß niemand die Mutter so sehen dürfe. Und ebenso war sie bereits Mutter und konnte den Schmerz einer anderen Mutter begreifen.
    „Da nimm“, flüsterte Roxelane und ertastete aus ihrem Gürtel ein Fläschchen. „Fünf Tropfen ... In Wasser oder Wein . . .“
    Mirmah eilte.
    Von diesem Heilmittel wußte Roxelanes Leibarzt ebensowenig wie von ihrer Krankheit. Roxelane hatte sich die Tropfen im Basar verschafft, und der Hakim war ohne Wissen gewesen, wen er bedient hatte.
    „Ich muß leben“, hauchte Roxelane, als sie die Wirkung des Mittels verspürte, „denn Saffieje ist Chasseki und ich nicht. Das kann euch später zum Nachteil gereichen.“
    „Aber der Vater“, wiederholte Mirmah ihren Versuch, „er wird dir alles gewähren . ."
    Roxelane lächelte nur voll von einer Nachsicht, deren leichte Verachtung Mirmah dennoch nicht entging.
    Daß diese Mirmah, die doch ihre eigene Tochter sei, dachte Roxelane, so wenig verstehe!
    Ich habe deinen Vater nie um etwas gebeten“, sagte sie dann und enthüllte damit eine der Wurzeln ihrer Macht über Soliman.
    Mirmah freilich war als Sultana geboren und hatte keinen Padischah zum Mann, sondern einen Sklaven ihres Vaters, Mirmah konnte ihrem Mann befehlen, und ihrem Vater bettelte sie ab, was sie wollte. „Richte mich auf“, verlangte Roxelane.
    Mirmah wollte Einwendungen erheben.
    „Richte mich auf!“ gebot ihre Mutter aber streng. „Ich will hier nicht liegen wie ein hilfloses Kind. Jetzt ist keine Zeit zur Schwäche“, befahl sie.
    Da gehorchte Mirmah.
    Ein langes Schweigen breitete sich zwischen den beiden aus. Gespannt harrte die Tochter des ersten Wortes der Mutter.
    Roxelanes Lippen bewegten sich. - „Mirmah .. .“
    „Ja, Mutter?“
    „Du bist mein gutes und frommes Kind“, sprach Roxelane voll Sanftmut zu der Erstaunten, die ganz etwas anderes vermutet hatte. „Dir, meiner Tochter, kann ich mich anvertrauen. - Der Tod deines Bruders ist eine schwere Heimsuchung für uns alle. Mich aber hat Allah zur Erde gebeugt. Er hat mich gestraft. Denn ich bin eine große Sünderin und war nachlässig in seinem Dienst.“
    Ein plötzlicher Unmut bedrängte Mirmahs eifersüchtiges Herz; denn das einzige, worin sie sich ihrer Mutter überlegen fühlte, war ihre Frömmigkeit. Wie der Einbruch in ein wohlerworbenes Vorrecht kamen Roxelanes Worte ihr vor.
    „Du?“ fragte sie verschlossen. „Und die Moschee?“
    „Ach, mein Kind“, seufzte Roxelane, „ich habe die Schrift gelesen und wieder gelesen, und ich habe gefunden, daß ein großer Unterschied ist zwischen dir und mir.“
    Mirmah sah der Mutter Ziel nicht. Aber sie sah deren Kummer und faßte sich weder.
    „Ich bin dein Kind“, sagte sie zärtlich, „und du bist meine Mutter und Herrin.“
    „Es ist nicht ganz so, wie du sagst“, sann Roxelane, „im geistlichen Sinne wenigstens ist es nicht so. Denn du bist als Freie geboren. Was du tust, wird Allah dir anrechnen. Deine Almosen und guten Werke gehören dir an. Du bist eine Freie und hast Eigentum. Ich bin Sklavin und habe keinen Besitz ..."
    „Mutter!“ rief Mirmah im ersten Schreck wie über eine Lästerung. Doch dann wurde sie bei ihrer Vorliebe für theologische Spitzfindigkeiten auch schon von den Gedanken ihrer Mutter ergriffen.
    „... was ich tue, vollbringt mein Herr, dein Vater, dem ich gehöre, und ihm wird es angerechnet werden und nicht mir, trotzdem ich nach der Verzeihung des Allerbarmers ein großes Verlangen trage! Doch wie kann jemand geben, der sich selbst nicht gehört? Und so drückt es mich zu Boden, meine Tochter, daß ich nie an den abgeschiedenen Ort der Freuden gelangen soll, der von Allah den guten Frauen nach ihrem Tode bestimmt ist.“
    Mirmah war überwältigt.
    Doch zu dem Mitleid gesellte sich auch die Freude über das, was sie bei sich der Mutter Bekehrung nannte. Mirmah fieberte danach, der helfen zu können, die ihr und den Brüdern immer Stütze und Hilfe gewesen war. Keine Spur von Eifersucht war mehr in Mirmah zu finden. Denn jetzt war sie ja doch die Überlegene, die Gebende, sie, deren Verbindung mit Allah um so viel älter und gefestigter war als die der Mutter. Unbändiger Stolz und die zärtlichste, leidenschaftlichste Liebe erfüllten sie ganz. Mirmah war zu allem bereit.
    Am stärksten

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