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Rubinsteins Versteigerung

Rubinsteins Versteigerung

Titel: Rubinsteins Versteigerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Seligmann
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richtigen Moment. Lass es gut sein, Reb Jid. Sie möchte dich mit allen Mitteln so lange provozieren, dass du loslegst und dich vor Suse bloßstellst. Du musst ruhig bleiben und abwarten. Nachher gehen wir sowieso in ein Hotelzimmer. Wieso nachher?
    »Esel, weißt du was, wir wollen deine Mittagsruhe nicht länger stören. Wir gehen lieber ein wenig spazieren und besorgen uns bei dieser Gelegenheit gleich ein Quartier für heute Nacht.«
    »Wieso? Ihr könnt doch hier schlafen.«
    »Nein danke. Ich hab’s lieber ohne Wachhunde.«
    »Ich bin für dich also nicht mehr als ein Hund. Schämst du dich denn überhaupt nicht mehr? Die eigene Muttermit einem Tier zu vergleichen! Noch dazu vor fremden Leuten!«
    »Susanne ist nicht fremd.«
    »Für mich schon!«
    »Gut, dann werden die fremden Leute sofort dein Zimmer verlassen. Komm, Suse!«
    »Das lassen Sie sich gefallen, Fräulein Susanne?«
    »Entschuldigen Sie, Frau Rubinstein, wie meinen Sie das?«
    »Wie ich es meine? Sie lassen es zu, dass Jonathan seine Mutter in Ihrer Gegenwart beleidigt und beschimpft und auch noch Ihnen vorschreibt, wann und wohin Sie zu gehen haben?«
    »Ja, äh. Also ich finde, Jonathan hat wirklich einen lockeren Ton Ihnen gegenüber.«
    »Lockeren Ton nennen Sie das? Was würden denn Ihre Eltern sagen, wenn Sie sie als Hunde bezeichnen würden?«
    »Das hat er doch überhaupt nicht so gemeint. Er wollte nur ein bisschen witzig sein.«
    »Witzig sein nennen Sie das? Jetzt verstehe ich genau, warum mein Sohn Ihnen so nachläuft. Weil Sie alles machen, was er will, und weil Sie auch noch alles verteidigen, was er sagt und tut. Und außerdem wollen Sie wohl noch mit ihm allein in einem Zimmer übernachten? Schämen Sie sich eigentlich nicht? Meinen Sie, dass Ihre Eltern so was zulassen würden?«
    Inzwischen habe ich meine Hose wieder zugeknöpft. Ich reiße die Decke zurück. »Nun ist es aber genug, Esel! Wenn du noch ein Wort in diesem Ton zu Susanne sagst, dann lassen wir uns nicht mehr bei dir sehen.«
    »Meinst du, du kannst mich bedrohen?« Esel schreit jetzt ungeniert.
    »Im Gegenteil, Esel. Und damit ja nicht der geringste Verdacht aufkommt, dass ich dich bedrohe, werden wir umgehend das Weite suchen.«
    »Geh, wenn du es eilig hast. Sofort! Aber um den Anstand zu wahren, kannst du wenigstens jetzt zum Kaffee hierbleiben.«
    »Nur unter der Bedingung, dass du uns diesem Ehepaar aus Israel vorstellst.«
    »Du weißt ganz genau, dass das nicht geht.«
    »Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
    »Weil Fräulein Susanne eine … keine Jüdin ist.«
    »Na und? Sprechen die nur mit Juden?«
    »Nein, aber …«
    »Kein Aber! Ich will die Leute kennenlernen. Wenn ich schon nicht nach Israel gehen darf, dann möchte ich wenigstens Israelis kennenlernen.«
    »Gut, ich will es versuchen, wenn sie nichts dagegen haben.«
     
    »Herr Frankfurter, ich möchte Ihnen meinen Sohn vorstellen.«
    »Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen. Ihre Mutter hat schon viel von Ihnen erzählt. Nehmen Sie doch Platz. Und wer ist das nette Fräulein, das Sie mitgebracht haben?«
    »Das ist Susanne Andreesen. Meine Freundin.«
    »Setzen Sie sich doch zu meiner Frau, Fräulein Andreesen. Sie können uns sicher viel über die Jugendlichen im heutigen Deutschland erzählen.«
    Komischer Bursche. Anfang sechzig. Sieht aus wie eine Maus. Klein gewachsen, schmales graues Gesicht auf einem dürren Hals, spitze Nase, fast farblose, früher gewiss volle Lippen. Und zu allem Überfluss lispelt er auch noch leicht. Aber seine Augen. Bei Männern achte ich sonst kaum drauf. Diese Klunker sind jedoch unübersehbar. Dunkelbraun, fast schwarz, klar – mit einer Ausstrahlung, die mir Vertrauen einflößt. So was habe ich noch nie bei einem Fremden gespürt. »Sie sprechen ein so gutes Deutsch. Sind Sie öfters in Deutschland?«
    »Es ist das erste Mal nach dem Krieg, Herr Rubinstein.«
    »Das heißt, Sie hatten keine Lust mehr, nach Deutschland zu kommen. Und jetzt mussten Sie wohl hierher zur Kur fahren?«
    »Sie haben im Großen und Ganzen recht. Aber allein wegen der Kur wären wir nicht hergekommen, obgleich ich sagen muss, dass die Ruhe und die Anwendungen hier meiner Frau und vor allem mir sehr gut bekommen. Der entscheidende Grund unserer Deutschlandfahrt ist vielmehr ein bevorstehender KZ-Prozess.«
    »Sind Sie als Zeuge geladen?«
    »Ja, aber ich hoffe, es wird nicht nötig sein, vor Gericht zu erscheinen. Nur wenn es sich ganz und gar nicht vermeiden lässt, werde ich

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