Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
hob, sah sie ein Paar nackte Füße vor sich – mit rot lackierten Fußnägeln.
»Oh, Entschuldigung, ich wollte nicht … war nur ein Versehen, aber die Tür ging ganz von allein auf«, stammelte Ruby.
»Was kommt als Nächstes? Ich war’s nicht oder was?« LBs Stimme klang noch frostiger als sonst. Sie war nicht nur wütend, sie war stocksauer!
»Ich will mich nicht herausreden oder was auch immer – ich habe nur gesagt, dass es ein Versehen war, ein Zufall, wirklich!«
»Aha! Rein zufällig hast du eine Geheimtür geöffnet? Rein zufällig einen Stuhl in meinen Privatraum geholt? Rein zufällig hast du dich darauf gestellt und angefangen, rein zufällig meine privaten Fotos anzuglotzen? Erstaunlich viele Zufälle auf einmal, ich muss schon sagen!«
»Na ja, so wie Sie es sagen, klingt es schon irgendwie schlimm«, sagte Ruby.
»Neugierde kann tödlich sein«, schnaubte LB. »Merk dir das!« Das klang fast wie eine Drohung, und Ruby richtete sich schnell auf. Sie merkte, dass sie sich die Jacke aufgerissen hatte – ein langer Riss am linken Ärmel –, was ihr noch zusätzlich peinlich war.
»Ich habe bestimmt nichts Wichtiges gesehen – ach übrigens, das dort ist ein sehr hübsches Foto von Ihnen. Wann wurde es aufgenommen? Sie sehen noch so jung aus, ist das daneben Ihr Freund?« Ruby zeigte auf das Foto einer mädchenhaft aussehenden LB, die mit einem verzückten Lächeln auf einen attraktiven jungen Mann schaute. Doch in der Jetzt-Zeit lächelte LB kein bisschen, ganz im Gegenteil. Wenn Blicke töten könnten, wäre Ruby garantiert tot umgefallen. Und sie merkte, dass LB sich mit Komplimenten und schnellem Plappern nicht ablenken ließ.
»Hättest du bei dem Test vorhin nicht so gut abgeschnitten und wüssten wir nicht bereits, was wir über dich wissen, würde ich mir ernsthaft überlegen, ob wir es wirklich mit dir versuchen sollten.«
»Ich sagte doch schon, dass es mir leid tut! Ich bin keine Schnüfflerin, jedenfalls normalerweise nicht …«
»Erspar mir dein Gefasel, Redfort – ich gebe dir noch eine Chance, aber streng dich an. Denn im Moment bin ich drauf und dran, dich vor die Tür zu setzen.« LB hielt Daumen und Zeigefinger ganz dicht aneinander, um Ruby zu zeigen, wie viel Spielraum sie ihr noch gab. Viel war es nicht, maximal ein Millimeter.
Ruby biss die Zähne zusammen und blieb stumm.
LB deutete auf einen Stuhl, und Ruby setzte sich, doch dann leuchtete ein Lämpchen auf LBs Schreibtisch auf.
LB stieß einen tiefen Seufzer aus und sagte: »Ach je, ich muss dich kurz allein lassen, aber maximal drei Minuten, keinesfalls länger. Aber ich warne dich: Fass ja nichts an – setz dich notfalls auf deine Hände, wenn’s nicht anders geht.«
LB ging hinaus. Ruby saß tatsächlich reglos da, aber nur zwei Minuten und fünfzehn Sekunden lang. Dann erblickte sie einen kleinen farbigen Gegenstand, der unter LBs Schreibtisch gefallen war. Sie konnte nicht anders; er zog sie wie magisch an, und ohne lange zu überlegen, ging sie auf alle viere und hob ihn auf. Es war ein Schlüsselring, mit einem bunten Würfel als Anhänger, der aus noch kleineren Buchstabenwürfelchen bestand, die man verdrehen konnte, um daraus ein oder mehrere Wörter zu bilden.
Da öffnete sich die Tür. Vor Schreck versteckte Ruby den Schlüsselanhänger in ihrer Hand und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
LB setzte sich. »Ich komme besser gleich zum Punkt. Du musst für uns ein paar Akten durchgehen – wir haben vor kurzem unsere Codeknackerin verloren und somit ein Superhirn weniger.«
»Wie haben Sie sie verloren?«
»Sie ist ums Leben gekommen, im Urlaub beim Bergsteigen.«
»Ist sie abgestürzt?«
»Lawine; bis sie sie endlich ausgegraben hatten, war es zu spät – ihre Begleitperson wurde nie gefunden.«
»Tut mir leid«, sagte Ruby und zückte ein Kaugummi.
»Lass das!«, zischte LB, und Ruby steckte ihn schnell wieder ein.
»Sie hatte Pech, es gab keine Vorwarnung; alle waren überrascht.« LB machte eine kurze Pause, als müsste sie sich erst wieder fassen. »Wie dem auch sei: Lopez arbeitete an einem Fall mit dem Decknamen Katzengold – wir waren dabei, ein Komplott aufzudecken, bei dem es um einen Überfall auf die Twinford City Bank geht. Allerdings haben wir bis heute keine Ahnung, wer dahintersteckt.«
»Die Twinford City Bank? Die einbruchsichere Bank?«, sagte Ruby verblüfft. »Wann soll der Einbruch stattfinden?«
»An dem Abend, an dem die riesige Goldlieferung aus der
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