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Ruchlos

Ruchlos

Titel: Ruchlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Baum
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Angestellten-Parkplatz abgestellt hatte, fuhr in die Böhmische Straße.
    Zu Hause war Andreas nicht. Die Wohnung sah so aus, wie ich sie am Morgen verlassen hatte. Auf dem Küchentisch die schmutzige Teetasse und das vollgekrümelte Holzbrettchen, überm Badewannenrand mein Handtuch, auf dem Bett die Bluse, die mir zu dünn erschienen war. Im Wohnzimmer lag die Wolldecke halb auf der Couch und halb auf dem Boden, das Arbeitszimmer wirkte unberührt und tot. Langsam ließ ich mich im Flur an der Wand hinunterrutschen und brach in Tränen aus. Was war passiert? Wo war Andy?
    Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass das Geräusch mein Handy war. Ich schluckte und meldete mich.
    »Kirsten. Gott sei Dank hast du einmal dein Mobile dabei und eingeschaltet! Wo bist du?«
    »Dale, hallo. Ich bin bei mir zu Hause.«
    »Ist alles in Ordnung? Hantzsche hat bei mir nachgefragt, wo du bleibst, und in der Redaktion hab ich erfahren, was bei euch passiert ist. Ich hatte ja keine Ahnung.« Er machte eine Pause, setzte neu an. »Kirsten, was ist los?«
    »Andy ist verschwunden.« Ich konnte nicht verhindern, dass ich wieder zu weinen begann.
    »Was? Ich bin in zehn Minuten bei dir.«
    *
    »Nu, da muss ich Ihnen recht geben, das hört sich schon seltsam an.« Hauptkommmissar Hantzsche sah wieder etwas robuster aus als in der vergangenen Weihnachtszeit, als er gerade einen Herzinfarkt überstanden hatte, wirkte jedoch ziemlich alt. »Aber, darf ich ehrlich sein?«
    Ich zuckte die Achseln. Ich fühlte mich total willenlos. Dale hatte sich angehört, was passiert war, und hatte mich dann in die Altstadt gebracht.
    »Bei Herrn Rönn muss man einkalkulieren, dass er der Polizei nicht traut und die Sache selbst aufdecken will, oder?« Hantzsche klang väterlich-fürsorglich, der Vorwurf, der dahintersteckte, drang nur ganz langsam in mein Bewusstsein.
    Schon wieder spürte ich Tränen in den Augen, ich schwieg.
    »Aber er würde nicht so weit gehen, die Beamten anzulügen.« Dale wirkte auf mich eher pflichtbewusst als überzeugt.
    Hantzsche ging darauf nicht ein, versprach aber, Andreas’ Beschreibung an alle Einsatzkräfte herauszugeben. »Noch mal Neonazis«, murmelte er und verzog das Gesicht, als habe er in eine Zitrone gebissen.
    »Wieso ›noch mal‹?« Fragend schaute ich von dem Kommissar zu Dale.
    »Herr Ingram hat herausgefunden, dass jener Enkel des alten Herrn, den Sie tot aufgefunden haben, nicht nur vorbestraft ist – für sein Alter kommt da eine ganz hübsche Liste mit kleinen Diebstählen, Beleidigung und Körperverletzung zusammen – sondern er hatte in der letzten Zeit Kontakt zu rechtsextremen Fußballfans.«
    »Was?« Schon wieder klingelte mein Handy. Ich entschuldigte mich. »Andy! Verdammt noch mal, wo bist du?«
    Ich konnte Hantzsche kaum in die Augen sehen, als ich danach mitteilte, es habe sich um falschen Alarm gehandelt, Herr Rönn sei wohlbehalten zu Hause. Sowohl der Kommissar als auch Dale gingen nicht weiter darauf ein, wofür ich ihnen unendlich dankbar war.
    »Handelt es sich bei diesen Rechten um den ›Sturmtrupp‹?«, fragte ich. Es kostete mich fast übermenschliche Kräfte, mich darauf zu besinnen, nicht geradewegs raus und nach Hause zu stürmen, um Andy in die Mangel zu nehmen.
    »Was ist das?«, fragte der Kommissar.
    Ich erzählte von Herrn Wachowiaks Notizen, wobei ich betonte, dass sein Sohn auf mich zugekommen sei, und meinen Archiv- und Zeitungsrecherchen.
    »Ich habe mich gefragt, ob die Angreifer Herrn Rönns zu dieser Gruppe gehören. Aber das spielt wohl jetzt keine Rolle mehr.« Mir war, als hörte ich jemand anderem zu. Dales Blick war besorgt-unwillig. Natürlich würde er mir wieder Vorhaltungen machen, weil ich allein etwas unternommen hatte. Es war mir egal.
    »In der Tat, das lassen wir nun einfach mal.« Kein Vorwurf mehr in Hantzsches Stimme, nur Mitgefühl. Vermutlich sah man mir an, wie mies ich mich fühlte. »Aber dass der Tote sich mit einer speziellen Hooligan-Organisation beschäftigt hat, ist immens wichtig. Ich brauche diese Unterlagen so bald wie möglich.«
    Ich nickte, fragte, wann die Obduktion stattfand.
    »Morgen in der Frühe. Ich hoffe, die Kollegen finden etwas. Sonst wären meine Vorgesetzten nicht begeistert. Und nun müssen wir zu Protokoll nehmen, was Sie am Dienstag letzter Woche bemerkt haben.«
    *
    »Bleibt es bei unserer Verabredung für heute Abend?«, fragte ich Dale vor dem Gebäude.
    »Wenn du magst, gern«, antwortete er sanft.
    »Um

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