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Rueckkehr ins Leben

Rueckkehr ins Leben

Titel: Rueckkehr ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ishmael Beah
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gewesen sein, als uns der Corporal
    frei gab. Er schlug sich mit der stumpfen Kante seines Bajonetts in die Handinnenfläche. »Wenn ihr religiös seid, ich meine Christen, dann betet heute zu eurem Herrn, denn eine andere Gelegenheit werdet ihr nicht mehr bekommen.
    Wegtreten.«
    Wir gingen in unseren kurzen Armeehosen und den
    Turnschuhen, die wir bekommen hatten, auf den Platz. Wir
    fingen an, Fußball zu spielen, und während des Spiels kam der Lieutenant aus dem Haus und setzte sich auf die Veranda.
    Wir unterbrachen das Spiel und salutierten. »Spielt weiter. Ich will meine Soldaten jetzt Fußball spielen sehen.« Er setzte sich und las Julius Cäsar.
    Als wir vom Fußballspielen genug hatten, beschlossen wir, im Fluss schwimmen zu gehen. Es war ein sonniger Tag. Als wir zum Fluss rannten, spürte ich, wie mir die kalte Zugluft den Schweiß am Körper trocknete. Wir tollten ein paar Minuten lang einfach so im Wasser herum und teilten uns dann in zwei Mannschaften auf, um Krieg zu spielen. Diejenige
    Gruppe, die zuerst alle Mitglieder der anderen Gruppe gefangen haben würde, sollte gewinnen.
    »Los jetzt, Soldaten, die Ferien sind vorbei«, rief der Corporal vom Flussufer aus. Wir brachen unser Spiel ab und folgten ihm ins Dorf. Als wir ihm hinterhersprangen und müh-
    sam versuchten, mit ihm Schritt zu halten, taten wir im
    Scherz so, als würden wir stolpern und schubsten uns gegenseitig in die Büsche.
    Im Dorf wurden wir aufgefordert, unsere Kalaschnikows
    ganz schnell in Ordnung zu bringen. Als wir unsere Gewehre 131
    reinigten, wurden Rucksäcke und Hüfttaschen verteilt. Zwei Kisten mit Munition wurden herausgestellt, wovon eine die geladenen Magazine enthielt, die andere lose Kugeln. Der
    Corporal befahl uns, so viel Munition mitzunehmen, wie wir nur tragen konnten. »Aber nehmt auch nicht zu viel. Ihr sollt noch schnell rennen können«, sagte er. Während ich meinen Rucksack und meine Hüfttasche vollstopfte, sah ich auf und entdeckte, dass einige der älteren Soldaten dasselbe taten. Meine Hand fing an zu zittern und mein Herz schlug schneller.
    Mit Ausnahme von Alhaji hatten alle anderen Jungen Spaß,
    weil sie dachten, sie würden sich auf weitere Übungen vorbereiten, aber ich wusste, dass das Training vorbei war. Alhaji lehnte an der Wand des Gebäudes und hielt sein Gewehr umklammert wie eine Mutter ihr Baby. Auch er wusste Bescheid.
    »Stellt euch auf, Soldaten«, sagte der Corporal. Er war kurz weggegangen und hatte sich umgezogen. Nun trug er seine
    komplette Armeeuniform, und sein Rucksack und seine Hüft-
    tasche waren voller Munition. Er hatte ein G3-Gewehr und
    seinen Helm unter die Arme geklemmt. Wir stellten uns zur Kontrolle in einer Reihe auf. Alle Jungen trugen kurze Armeehosen und grüne T-Shirts. Der Corporal gab uns grüne
    Stirnbänder und sagte: »Wenn ihr jemanden ohne ein Stirn-
    band in dieser Farbe oder einen Helm wie meinen seht, dann erschießt ihn.« Die letzten beiden Wörter schrie er. Jetzt war allen klar, dass das kein Training mehr war. Als wir uns die Stirnbänder umbanden, kippte Sheku, der neben mir stand,
    nach hinten um. Er hatte zu viel Munition eingepackt. Der Corporal nahm einige der Magazine aus seinem Rucksack heraus und half ihm wieder auf die Beine. Sheku standen
    Schweißperlen auf der Stirn, und seine Lippen bebten. Der Corporal tätschelte ihm den Kopf und fuhr fort. »Die anderen Männer« – er zeigte auf die älteren Soldaten – »werden die Kisten mit der Reservemunition tragen, also übernehmt euch nicht.
    Jetzt entspannt euch, in ein paar Minuten gehen wir los.«
    Der Corporal ging weg. Wir setzten uns auf den Boden,
    und jeder Einzelne schien seinen eigenen Gedanken nachzu-
    hängen. Das Vogelgezwitscher, das uns sonst immer begleitet hatte, war nun verschwunden und dem Geräusch klappernder

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    Abzugshähne gewichen, das entstand, wenn sich die älteren Soldaten bereit machten. Sheku und Josiah saßen neben mir, ihre Augen waren wässrig und trüb. Ich konnte nichts tun, außer ihnen über die Köpfe zu streichen und ihnen zu versi-chern, dass ja vielleicht alles gutgehen würde. Ich stand auf und ging zu Alhaji und meinen übrigen Freunden. Wir
    schlossen einen Pakt, dass wir, egal unter welchen Umständen, versuchen würden zusammenzubleiben.
    Ein junger Soldat kam mit einer Plastiktüte voller Tabletten. Sie hatten die Form von Kapseln und waren ganz weiß.
    Er reichte jedem von uns einige zusammen mit einem Becher Wasser. »Der

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