Rueckkehr nach Connemara
Stimme. "Im Gegenteil, ich liebe die Dunkelheit."
Im flackernden Schein des Kaminfeuers konnte Kathleen seine Augen sehen. Bilde ich es mir nur ein, oder ist er mir wirklich näher gekommen? überlegte sie, und plötzlich wurde sie ganz nervös.
"Wir können nicht im Dunkeln herumsitzen!" stellte sie betont sachlich fest.
"Warum nicht?"
Weil es zu intim ist, dachte sie. Laut sagte sie jedoch nur: "Es könnte sein, dass Conor mich braucht. Ich mache Kerzen an."
"Okay. Unterdessen prüfe ich die Sicherungen."
Seine Stimme klang so seltsam, dass Kathleen sich versteifte.
Wie viel Brandy hatte er getrunken? Als er aufstand, sprang sie auch auf und zündete die Kerzen auf dem Kaminsims an. Dabei beobachtete sie Lorcan wachsam.
"Sei vorsichtig mit den Leitungen", sagte sie und reichte ihm aus sicherer Entfernung eine Kerze.
"Meine Hände sind ganz ruhig", erklärte er und hielt sie ihr hin.
Sie fühlte sich ganz elend. Harrys Alkoholismus hatte irgendetwas in ihr zerstört. "Es tut mir leid", entschuldigte sie sich leise.
"Es war lange Zeit Teil deines Lebens, auf die Launen und Stimmungen eines Alkoholikers zu achten, stimmt's?"
"Es ist schwierig, sich umzugewöhnen", gab sie zu, froh, dass er so viel Verständnis hatte.
"Komm mit, und schau mir zu. Dann kannst du dich vergewissern, dass ein Glas Brandy meine Reflexe nicht beeinträchtigt und ich nicht anfange zu singen."
"Ach, du dummer Kerl", erwiderte sie lachend.
Er hielt ihr die Hand hin. Wenn ich sie nicht nehme, ist er beleidigt, überlegte Kathleen. Da sie ihm indirekt unterstellt hatte, betrunken zu sein, wollte sie ihn nicht noch mehr verletzen. Deshalb nahm sie den Kerzenständer in die eine Hand und schob die andere in seine. Sogleich spürte sie, wie es zwischen ihnen knisterte. Funken schienen zu sprühen. Mit der Energie, die sich zwischen uns aufbaut, könnte man ein ganzes Zimmer beleuchten, dachte sie belustigt.
In einer Schublade in der Eingangshalle fand Kathleen neue Sicherungen. Lorcan stieg damit auf einen Stuhl und prüfte systematisch und ruhig eine Sicherung nach der anderen.
"Ah ja, die hier muss es sein." Er wechselte sie aus und sprang auf den Boden. "Meine Reflexe funktionieren noch", bemerkte er und lächelte irgendwie niederträchtig.
"Ja, du bist völlig nüchtern. Aber du musst nicht unbedingt darauf herumreiten. Ich fühle mich auch so schon unbehaglich genug. Ich bin froh, dass es nur die Sicherung war, denn ich hatte schon befürchtet, die ganze Stromversorgung hier im Haus sei zusammengebrochen. Dann gute Nacht."
"Was? Du willst ins Bett?"
"Ja, ich glaube, es ist besser."
"Okay, gute Nacht." Er legte ihr sekundenlang die Hände auf die Schultern und küsste sie flüchtig auf die Wange.
Als Kathleen erbebte, war die Spannung zwischen ihnen kaum noch zu ertragen. Plötzlich presste er die Lippen auf ihre, und sie umfasste seinen Kopf.
Sie wünschte sich, dass das Unvermeidliche endlich
geschehen würde, und klammerte sich an ihn, während sie ihn verzweifelt küsste. Ich will, dass er mich liebt, dachte sie. Doch schließlich kam sie wieder zur Vernunft und löste sich von ihm.
"Gute Nacht, Lorcan", sagte sie noch einmal.
"Schlaf gut. Wir sehen uns morgen", verabschiedete er sich höflich, ehe er die Treppe hinaufging.
8. KAPITEL
Am nächsten Morgen beförderte Kathleen gerade Seetang auf den Anhänger des Traktors, als Lorcan durch den weißen Sand auf sie zukam. Sie bekam Herzklopfen.
"Kann ich dir helfen?" fragte er freundlich und hob die Heugabel auf, die ihr vor lauter Nervosität aus der Hand gefallen war.
"Ja bitte." Sie freute sich, dass er so entspannt war, und setzte sich auf einen Felsblock.
Lorcan warf einen Blick auf den Seetang, dann auf Kathleens Pullover, der voller Sand und Gras war. Dann zog er kurz entschlossen sein Hemd aus und warf es auf den Sitz des Traktors.
Ungeniert beobachtete Kathleen ihn bei der Arbeit. Seine gebräunte Haut glänzte, und er war ungemein muskulös.
"Wofür soll das eigentlich gut sein?" rief er ihr zu.
"Es ist billiger, als ins Fitnesscenter zu gehen. Außerdem macht es mir Spaß."
Er drehte sich zu ihr um und kam mit einer Ladung Seetang auf der Gabel auf sie zu. "Stimmt das?"
"Tu das nicht!" Sie rannte weg, aber Lorcan folgte ihr.
Schließlich versperrten ihr die Felsen den Weg. "Nein, Lorcan, bitte nicht. Das Zeug riecht schrecklich."
"Okay. Aber du musst dafür büßen, dass du dich über mich lustig gemacht hast." Er steckte die Gabel in den
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