Rueckkehr nach Glenmara
uns gesandt hat?«
»Unmöglich.« Pfarrer Byrne biss ein Stück verbrannten Toast ab, so dass Krümel auf seinen Teller herabregneten wie Asche. Er mochte den Toast ziemlich dunkel. »Unmöglich. Ich kann mich nur mit der Aussicht trösten, dass sie bald wieder geht.«
»Das glaube ich nicht. Ihr gefällt’s hier.«
»Ein Transportmittel ließe sich sicher arrangieren …«
Mrs. Flynn bedachte ihn mit einem scharfen Blick.
Er hob fragend die Augenbrauen.
»Sie tut Bernie gut«, stellte Mrs. Flynn fest »Seit Johns Tod ist sie niedergeschlagen. Genau wie Oona seit dem Krebs.«
»Der Glaube hilft ihr«, sagte der Geistliche, auf Oona bezogen.
»Der und die Chemo. So leicht ist das nicht, wenn einem die Brüste abgenommen werden. Aber ein Mann kann das wahrscheinlich nicht verstehen.«
Er spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach, und tupfte sich die Stirn mit der Serviette ab. »Vermutlich nicht, doch Bernie braucht wohl kaum die zusätzliche Belastung eines Logiergasts, oder? Was das Mädchen sich denkt …«
»Es war andersrum. Bernie hat sie eingeladen. Sie wollte das Zimmer sowieso vermieten und liebt Gesellschaft.«
»Sie nutzt sie aus«, fuhr er fort, als hätte Mrs. Flynn nichts gesagt. »Will sie sie am Ende gar beerben?«
»Beerben? Du gütiger Himmel, nein. So schnell wird Bernie noch nicht sterben, und Kate wird sie auch nicht beerben.«
»Witwen werden leicht ausgenutzt.« Er musste an seine eigene Mutter denken, die jetzt, mit Ende neunzig, um den wohlverdienten Ruhestand betrogen, bei einem seiner Brüder in London lebte.
»Gott passt schon auf sie auf. Auf beide. Außerdem geht’s Bernie gut.«
»Sagt sie jedenfalls.« Seine Schützlinge wussten einfach nicht, was gut für sie war. Er würde sie auf den rechten Pfad zurückführen, denn nur er kannte den Weg.
»Es sind Menschen unter uns, die der von uns mit so viel Sorgfalt aufgebauten Gemeinschaft schaden wollen.« Pfarrer Byrne schwieg eine Weile, damit seine Schäfchen über seine Worte nachdenken konnten, doch die hielten den Blick entweder gesenkt oder schauten aus dem Fenster, um die Zeit bis zur Kommunion zu überbrücken, nach der sie endlich heimgehen konnten. »Das Böse steht vor der Tür.« Der Geistliche sprach leiser. Jetzt spitzten sie die Ohren. Er war ein Krieger Gottes und würde sie in die Schlacht führen. Hätte er doch nur ein Flammenschwert gehabt wie der Erzengel Gabriel! »Wir müssen diesen verderblichen Einfluss vertreiben, bevor es zu spät ist, bevor unsere unschuldigen Kinder und die Moral aller unwiderruflich geschädigt sind.«
Bernie hatte den Pfarrer noch nie so erregt erlebt. Anfangs fand sie sein Gehabe fast amüsant, doch dann begann sie sich Sorgen zu machen.
Draußen drang die Sonne zum ersten Mal an jenem Morgen durch die Wolken, schien durch die Buntglasfenster und ließ Pfarrer Byrnes Gewand erglänzen, als trüge er einen Heiligenschein. Seine Stimme erfüllte die Kirche, schwoll zu einem Dröhnen an, klang den Gläubigen in den Ohren, ließ die Flammen der Kerzen und sogar die Bildnisse der Jungfrau Maria und Jesu erzittern und scholl hinaus, wo sie die Zaunkönige und Spatzen zum Verstummen brachte, so dass sich Stille über die Hügel senkte.
Die nach den Bränden und der großen Hungersnot erbaute Kirche befand sich seit über hundert Jahren an diesem Platz und hatte gleich neben dem Eingang einen Schrein für die verlorenen Seelen. Die Kirche stand für etwas.
Genau wie Pfarrer Byrne.
Bernie kam eine Weisheit ihrer Großmutter aus den Tagen von Hunger und Aufständen in den Sinn, als Berittene die Dörfer in Schutt und Asche legten: Es gibt nichts Gefährlicheres als einen selbstgerechten Menschen. Sie beobachtete den Geistlichen fasziniert-argwöhnisch. Wie weit würde er gehen?
»Das Einzige, was wir mit der Welt teilen sollten, ist unser Glaube«, polterte er vom Altar.
»Was hat er denn?«, fragte Kate Bernie mit leiser Stimme.
Bernie schüttelte den Kopf, weil sie mehr hören und herausfinden wollte, worauf das hinauslaufen sollte, obwohl sie es bereits ahnte …
»Einige von euch haben bereits ihre Türen geöffnet, möglicherweise ahnungslos. Was ihr begonnen habt, muss zu Ende gebracht werden.« Er fixierte Bernie und Kate mit blutunterlaufenen Augen.
Da war sie, die erste Salve.
Kate blinzelte, richtete sich kerzengerade auf. Wäre sie weniger beliebt gewesen, hätten sich die Dorfbewohner bestimmt an ihrer Verlegenheit ergötzt. Doch sie schienen genauso
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